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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Misstrauen aufgenommen, bis sie Irenes Ring zeigte, was die Wache überzeugte. Auf diese Weise gelangte sie auf den Platz, wo Dom und Pfalz nebeneinanderstanden. Der Dom war von Baugerüsten umgeben und musste, so hörte sie von dem Kriegsknecht, der sie begleitete, nach einem Brand wieder aufgebaut werden, was noch eine Weile dauern würde.
    »Sie hoffen hier auf neue Gelder«, fügte er hinzu, »vor allem, wenn sie demnächst eine Heilige in ihrer Gruft haben.«
    Gilles legte Judith eine Hand auf die Schulter, und sie verabschiedete sich durch einen Kuss auf seine Wange von ihm. Im Stall der Pfalz war wirklich kein Platz mehr für ein weiteres Pferd. Sie opferte eine Kupfermünze, damit einer der Knechte das ihre zumindest tränkte und abrieb, bis sie mit der Königin gesprochen hatte.
    Der geräumige Innenhof war gepflastert, was Judith nicht erwartet hatte, und sie brauchte nicht lange, um zu erkennen, wo man Irene untergebracht haben musste: auf der südlichen Seite, wo die Pfalz an die Domherrenhöfe grenzte. Während Judith zwei Treppen aus festem, stämmigem Eichenholz erklomm, hörte sie um sich die Betriebsamkeit vieler Menschen und dachte mit einem Anflug dunklen Humors, dass die Markgräfin Jutta es in Würzburg fürwahr besser getroffen hatte; die Feste war deutlich geräumiger gewesen. Aber Philipp hatte seine Gründe, hier abzusteigen und nicht in der Burg, welche die Stadt überragte: »Der König will zeigen, wie nahe er Gott ist«, hatte der Kriegsknecht vermutet. Judith wurde so daran erinnert, dass Philipp womöglich bereits gebannt war. Natürlich wollte er diesem Eindruck etwas entgegensetzen.
    Das Erste, was sie registrierte, als sie vor der Königin stand, war, dass Irene erneut schwanger sein musste. Das Zweite, dass sie ein sternenbesticktes Brokatgewand trug, das ihr in diesem Zustand zu schwer sein dürfte; unwillkürlich öffnete Judith den Mund und sagte genau das.
    »Ihr habt Euch nicht verändert, Magistra«, entgegnete Irene und lachte. »In Byzanz musste ich weit schwerere Gewänder und noch mehr Schmuck tragen, als ich weitaus kleiner und schwächer war als jetzt. Aber ganz unrecht habt Ihr trotzdem nicht. Es ist nur so, dass wir hier eine Kaiserin ehren wollen, die zur Heiligen erhoben wird – da dachte ich, es wäre gut, so kaiserlich wie möglich auszusehen, selbst wenn ich derzeit nur eine bald gebannte Königin bin.« Sie winkte Judith, näher zu kommen, und senkte die Stimme. »Wenn Philipp und ich so dem heiligen Herrscherpaar ähneln, das man hier verehrt, dann denkt man bei unserem Anblick weniger daran, dass der Papst ihn Eidbrecher und unwürdig genannt hat, das ist der Grund.«
    »Dann bleibt der Bamberger Erzbischof weiter an Eurer Seite?«
    »Mit seiner Gesundheit steht es nicht zum Besten, aber er will seine Bistumsgründerin als Heilige sehen, ehe er stirbt«, sagte Irene. »Natürlich liegt es am Papst, sie zur Heiligen zu erklären, doch Philipp ist derjenige, der für einen Schrein bezahlt und sie als Erster verehren wird. Ich glaube, der Erzbischof bleibt uns.«
    »Und Ihr gewinnt den Pfalzgrafen Heinrich von Braunschweig«, sagte Judith, was ihr ein Strahlen und eine stürmische Umarmung einbrachte. Während sie das Zedernöl in Irenes Haar und auf ihrer Haut roch, das für die Königin aus ihrer Heimat gebracht wurde, und den kleinen, festen Körper mit der noch zarten Wölbung an dem ihren spürte, entschied Judith, dass Irene nun glücklich und gelöst genug war, um ihre Bitte vorzubringen.
    »Euer Gnaden«, sagte sie und löste sich von der Königin, »ich wäre um ein Haar gar nicht aus Braunschweig fortgekommen, um Euch diese gute Nachricht zu überbringen, wenn nicht der Sänger Walther von der Vogelweide erschienen wäre, um meinem Gemahl und mir das Leben zu retten.« Das war nur eine leichte Verbiegung der Tatsachen, die gerechtfertigt war. Schließlich war Walther nach eigenem Bekunden ursprünglich erschienen, um sie zu retten, wenn es am Ende dann auch um Gilles gegangen war. Wenn Irene aus der Formulierung ihrer Worte etwas anderes schloss, war das nicht Judiths Schuld.
    »Wirklich?«, fragte die junge Königin bestürzt. »Er hat so dringend nach Euch gefragt, als er in der Hagenauer Pfalz vorsprach, dass … nun, um offen zu sein, ich dachte, er würde Euch in Gefahr bringen, wenn ich ihm verriete, wo Ihr Euch befandet, nicht Euch erretten. Und ganz gewiss nicht Euren Gemahl. Wie hat er es denn herausgefunden, wo Ihr wart?«
    Lucia hatte Judith

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