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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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sagte die Königin zu Judith. »Er wird seinen Weg hierher bestimmt bald zurück finden. Vielleicht ist er einfach in der Stadt aufgehalten worden, oder die Wachen haben ihn allein nicht passieren lassen, nachdem er Herrn Walther nicht begegnet ist. Voll genug ist Bamberg ja dieser Tage.«
    »Mag sein«, erwiderte Judith, »doch es wäre mir lieb, wenn er recht bald auftauchen würde. Euer Gnaden, könnte …«
    »Herr Walther wird gehen«, sagte Irene bestimmt. »Ihr bleibt hier bei mir. Glaubt mir, ein Mann alleine kann sich sicherer und viel schneller den Weg durch die Gassen bahnen als eine Frau, und hat er Euch nicht schon einmal Euren Gatten zurückgebracht, Magistra?«
    Auf diese Weise fand sich Walther nach einem sehr langen Tag auf einem Pferderücken statt in Judiths Armen oder bei der Vorbereitung für das nächtliche Festmahl, auf der Suche nach Gilles in den Gassen von Bamberg wieder. Er war darüber nicht glücklicher als Markwart, der ihm half. »Am Ende gibt es in dieser Stadt auch welche von denen«, knurrte Markwart. »Unter all den Kriegsknechten und Höflingen sind bestimmt welche. Und Gilles begeht irgendwo in einer dunklen Ecke die Sünde von Sodom, unter dem Vorwand, nach dir zu suchen.«
    Walther schüttelte unwirsch den Kopf. Sie gingen den Weg vom Domberg zum Stadttor der Straße, die nach Würzburg führte, zweimal ab, dann zu den anderen Stadttoren, ohne Gilles zu finden.
    »Vielleicht«, mutmaßte Markwart, »hat er das Weite gesucht.«
    »Wie meinst du das?«
    »Das würde ich an seiner Stelle tun: ein neues Leben anfangen, irgendwo, unter einem anderen Namen. Es ist ja nicht so, als ob dein Mädchen ihn noch braucht, oder er sie. Und wenn er bei ihr bleibt, dann kann er nicht mehr leben, wie er will.«
    Das war, je länger Walther darüber nachdachte, gar nicht so unwahrscheinlich. Gewiss, Judith hatte mehrfach betont, dass sie und Gilles einander nie im Stich lassen würden. Jetzt war sie aber in Sicherheit. Judith als Leibärztin der Königin zurücklassen, konnte man keinesfalls als Verrat an ihr bezeichnen, und Gilles wusste gewiss alles, was es über Walther und Judith zu wissen gab. Wenn er, wie Markwart sich ausdrückte, das Weite gesucht hatte, dann konnte ihm Walther das nicht verdenken. Ihm selbst wäre es höchst unbehaglich zumute gewesen, das fünfte Rad am Wagen zu sein, und Gilles war als erfahrener Kriegsmann gewiss leicht in der Lage, irgendwo Brot und Unterkommen zu finden.
    Nur etwas nagte an Walther, und das war, dass die Torwächter niemanden, auf den Gilles’ Beschreibung passte, durch eines der Tore hatten gehen sehen. »Das mag daran liegen, dass Gilles gar nicht auf die Straße nach Würzburg wollte«, mutmaßte Markwart. »Vielleicht ist er genau in die andere Richtung verschwunden, in der Gewissheit, dass ihn dort niemand vermuten wird. Oder er hat einen der Fischer oder Schiffer überzeugt, ihn ein Stück die Regnitz hinunter mitzunehmen.«
    Inzwischen herrschte Dämmerlicht. Es war unwahrscheinlich, dass sie noch Bootsleute finden würden, um sie nach Gilles zu befragen. Walther entschied, dass genug genug war. Wenn Judith darauf bestand, konnten sie morgen ja weitersuchen. Doch gewiss würde auch sie erkennen, dass man Gilles seine Entscheidung treffen lassen musste.
    Er war bereits auf dem Rückweg, denn er hatte ein paar Lieder vor dem König zu singen, als ihm zwei Männer entgegenkamen, die ihrer Kleidung nach Ritter waren, doch bestenfalls von niederem Adel. Etwas an ihnen war ihm vertraut, doch erst, als sie unmittelbar vor ihnen eine Schenke betraten, wobei einer von ihnen seinen Umhang raffte, löste die Bewegung eine Erinnerung in Walther aus. Das war Georg, jener Kreuzritter, der zu den Mördern von Judiths Vetter Salomon gehört hatte und der später ein Stück mit ihnen gen Westen geritten war.
    Georg hatte Walther nicht erkannt, und Walther ging etwas schneller, was Markwart dazu veranlasste, zu grummeln, es gebe häufig auch zu eifrige Freier. Walther öffnete den Mund, um zu erklären, warum er schnell wegwollte, und schloss ihn wieder. Er hatte Markwart nie von jenen Ereignissen in Wien erzählt. Er wollte auch jetzt nicht darüber sprechen, jetzt, wo endlich alles zum Guten stand zwischen Judith und ihm, jetzt, wo sie die Vergangenheit endlich hinter sich lassen konnten.
    Es war ein unglücklicher Zufall, dass jener Ritter aus Bamberg stammte und ihm hier wieder begegnete. Walther hörte Gelächter aus der Schenke und versuchte mit aller

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