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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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kann ich mir viel. Lasst mich darüber nachdenken, Euer Gnaden. Natürlich würde es mir helfen, wenn ich wüsste, womit genau ich Euer Gnaden denn behilflich sein soll.«
    »Aber Herr Walther, keine falsche Bescheidenheit. Ihr wisst, worin Ihr gut seid: darin, die Meinung der Menschen zu erfassen und manchmal sogar zu lenken. Würde ich je einen Mann um etwas bitten, das er nicht gerne tut?«
    Ich muss mit Judith darüber sprechen, was das alles zu bedeuten hat, dachte Walther, doch entgegnete, die hohe Meinung des Bischofs sei ihm eine Freude und würde ihm die Entscheidung gewiss erleichtern, aber so eine Entscheidung wolle nicht von einem Augenblick auf den nächsten getroffen werden, sondern wohl überlegt.
    »Der frühe Vogel fängt den Wurm«, sagte der Bischof bedeutsam.
    * * *
    Es war nicht leicht, in einem Bienennest eine ruhige Stelle zu finden, doch Judith wusste inzwischen, dass eine Kapelle in dieser Beziehung eine Hilfe war. Wie sich herausstellte, war die in der Nürnberger Feste nicht ganz leer, doch die zwei betenden Pilger knieten vor dem Altar und waren somit außer Hörweite, wenn man sich neben das Marienbild am anderen Ende stellte. Wann hatte sie aufgehört, bei der Darstellung von christlichen Heiligen zusammenzuzucken? Du sollst dir kein Bild machen, sagte der Herr, aber bereits in Salerno hatte es so viele davon gegeben, dass sie begonnen hatte, sich daran zu gewöhnen.
    »Vetter«, sagte sie, »es freut mich, zu sehen, dass es dir gutgeht, doch warum hat dein Vater dich geschickt? Und versuche nicht, mir weiszumachen, dass du gegen seinen Willen hier bist. Du hättest mich nie ohne ihn gefunden.«
    Dass Stefan wusste, wo sie sich befand, war ihr klar gewesen, wenn sie darüber nachdachte, was sie tunlichst unterließ. Sie wusste nicht, was sie für ihren Onkel empfand. Was geschehen war, war geschehen. Jedes Mal, wenn sie einen weiteren Mann verarztete, der später doch auf dem Schlachtfeld starb, war sie sich bewusst, dass es keine Unschuldigen gab, am wenigsten sie selbst. Ewig zu grollen war in erster Linie ein Gift für das eigene Gemüt. Doch das hieß noch lange nicht, dass sie Stefan wieder vertrauen würde.
    Paul machte ein gekränktes Gesicht. »Ich wollte dich wiedersehen!«, protestierte er. »Ich habe dich vermisst. Wie geht es dir und Gilles?«
    Es war nur ein feiner Stich, der durch ihr Herz ging, doch immer noch fühlbar. »Mir geht es hervorragend, doch Gilles … Gilles hat nun schon zwei Jahre lang nichts von sich hören lassen.«
    »Er hat dich verlassen? Oh, das tut mir leid. Ich mochte ihn gern. Das hätte ich ihm nicht zugetraut. Siehst du, wenn du bei uns in Köln geblieben wärst, dann hätte er niemals gewagt, die Nichte seines Patrons zu verlassen!«
    »Es ist ihm Furchtbares geschehen, ehe er ging«, sagte Judith.
    Paul zögerte. »Ich war damals zu jung, um es richtig zu verstehen, aber … wollte Vater eure Ehe nicht auflösen lassen, und bist du nicht deswegen geflohen?« Er sah so hoffnungsvoll aus wie damals, als sie ihm eine abenteuerliche Geschichte versprochen hatte, und sie ahnte, dass er ihr als Nächstes vorschlagen würde, nach Köln zurückzukehren, also sagte sie bestimmt: »Das war der Anlass, aber nicht die Ursache.« Etwas sanfter setzte sie hinzu: »Und ich hatte nie die Gelegenheit, dir für deine Hilfe beim Überbringen meiner Botschaft zu danken, Paul. Das war damals sehr lieb und tapfer von dir.«
    »Vater sagte, es sei dumm gewesen«, gab er leise zurück, »und dass du in dein Unglück rennen würdest. Wenn dich Gilles verlassen hat, dann ist es ja auch so gekommen, oder?«
    »Ich bin die Leibärztin der Königin. Sieht so Unglück aus?«
    »Sag du’s mir, Base«, antwortete er, und da wusste sie, dass er nicht länger ein Junge war und von seinem Vater zumindest in Anfängen die Kunst des Gedankenspiels gelernt haben musste.
    »Man ist hier nicht gut auf die meisten Kölner zu sprechen«, sagte sie warnend. »Du solltest dir lieber Gedanken um dein eigenes Wohlergehen machen, besonders wenn dein Vater dir einen Auftrag erteilt hat.«
    Paul ergriff ihre Hände. »Ich bin hier, um dich zu retten, Base.«
    »Vor der staufischen Sache? Der Wurf ist ausgespielt. Es muss euch in Köln nicht gutgehen, wenn dein Vater wieder versucht, die gleichen Gründe anzuführen, warum man nur ihn und die Welfen unterstützen sollte. Paul, du kannst ihm sagen, dass die Königin mich nicht fallen lassen wird. Philipp mag kein Ritter ohne Furcht und Tadel

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