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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Lösegeldes bezahlt worden. Nein, man hatte ihn aufgrund seines festen Charakters sowie der Treue seiner Stadt und der Unterstützung des Heiligen Vaters freigegeben.
    »Und wegen ein paar Versprechungen an Philipp«, sagte Paul zu seinem Vater, wobei er sich dachte, dass ihm der neue Bischof nicht besser gefiel als der alte. Er wusste nicht, warum sein Vater so rundum zufrieden wirkte. Gut, sie hatten den Bischof wieder, aber dafür musste Köln sich verpflichten, Otto nur noch die Hälfte der Steuern zu bezahlen, und die andere Hälfte an Philipp. Ganz bestimmt waren auch noch weitere Abmachungen getroffen worden, von denen Paul keine Ahnung hatte, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass diese einen Vorteil für Köln und für König Otto bedeuteten.
    »Wir haben noch nicht einmal Jutta überzeugen können, mit uns zurückzukehren«, sagte er unzufrieden.
    »Das war auch nicht meine Absicht. Sie hat sich von uns getrennt, und wir von ihr, mein Sohn. Wenn sie erneut um Obdach bitten sollte, dann würde ich es ihr vielleicht gewähren, aber nur dann. Ansonsten bleiben wir geschiedene Leute.«
    »Aber«, stammelte Paul, »wenn es nicht darum ging, Jutta zurückzuholen, weswegen haben wir ihr dann Gilles gebracht?«
    »Du hast mich auf dem Weg nach Speyer gefragt, warum Philipp immer noch nicht besiegt und im Gegenteil derzeit im Vorteil ist, trotz allem, was dagegen spricht, und ich habe dir erklärt, was die Fürsten dazu beitragen. Aber das ist nicht der einzige Grund. Ein anderer Grund ist, dass Philipp einen Sänger auf seiner Seite hat, der ihn seit Jahren preist und Stimmung gegen den Papst macht, der auf unserer Seite steht. Seine Lieder werden in jeder Schenke gehört. Aber nicht länger. O nein. Von nun an«, schloss Pauls Vater zufrieden, »wird Herr Walther von der Vogelweide ein anderes Lied singen.«
    Paul dachte daran, wie am Boden zerstört seine Base gewirkt hatte, als er ihr die Wahrheit über Gilles und Walther enthüllte. Er sagte sich, dass es zu ihrem eigenen Besten war, nicht länger in Sünde mit einem Lügner zu leben, auch wenn das nun nicht der Grund war, der seinen Vater zum Handeln getrieben hatte. Aber er konnte nicht verhehlen, dass ihn immer noch das schlechte Gewissen wegen der Angelegenheit in Würzburg plagte, und es wäre eine gute Sache gewesen, wenn Jutta mit ihnen nach Köln zurückgekehrt wäre und sie sich alle gegenseitig vergeben hätten. Nichts davon äußerte er seinem Vater gegenüber, denn er wollte nicht schon wieder als törichter Junge dastehen. Dafür wurde er mittlerweile wirklich zu alt.
    »Dann hältst du Philipp immer noch für besiegbar?«, fragte Paul. Er hielt Walthers Lieder als neue Geheimwaffe für Otto nicht für überzeugend, selbst wenn er sie gelegentlich nachsummte, ohne darauf zu achten.
    »Es gibt Mittel und Wege, mein Sohn. Es gibt immer Mittel und Wege.«
    * * *
    Die Wartburg in Thüringen kam Walther seltsam klein vor nach mancher italienischen Feste, die er gesehen hatte, aber sie ragte immer noch wuchtig genug von ihrem Bergfried, um jeden zu beeindrucken, der kam. Sowohl der gehisste Wimpel des Landgrafen als auch die mit Gemüse, Korn und Wein beladenen Karren, die sich den Weg den Berg hinauf bahnten, verrieten, dass Hermann und sein Haushalt gegenwärtig sein mussten. Walther drehte sich zu dem Knappen um, den er auf dem Weg hierher angeworben hatte. »Der Landgraf von Thüringen hat immer eher zu viele als zu wenige Ritter um sich, und jeder von ihnen ist gut Freund mit seinen Ellbogen und lärmt laut genug, um Taube zum Leben zu erwecken. Ich will dich daher mit meinen Instrumenten immer in meiner Nähe sehen, also pass auf, dass du nirgendwo zurückgedrängt wirst.«
    Der Junge, der aus einem rheinischen Dorf stammte, nickte hastig. Sein größter Vorzug war, dass er widerspruchslos tat, was ihm gesagt wurde, und vor allem keine Ahnung hatte, dass eine Frau namens Judith auf der Welt war. Wenn er es erstaunlich fand, dass Walther überall, wo sie einkehrten, mit einer Frau im Bett endete oder sich gegen eine Häuserwand gelehnt verwöhnen ließ, dann sprach er nicht davon. Er hinterfragte nicht, warum Walther eines seiner beliebtesten Lieder nicht mehr sang, Unter den Linden, auch wenn es verlangt wurde. Und wenn es ihm Angst machte, hinter Walther zu stehen, wenn dieser selbst in Schwaben Lieder sang, in denen Philipp als Geizhals bespöttelt wurde, dann beschwerte er sich nicht darüber, noch rannte er fort. Außerdem konnte er gut mit

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