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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Schatz. Auch die Anhänger deines Vaters haben Feuer und Schwert durch die Lande getragen. Deswegen ist es so wichtig, für den Frieden zu beten, und …« Sie verstummte, denn offenbar war Beatrix immer noch nicht alt genug, um zu hören, was ihrer Ansicht nach offensichtlich war: dass man mehr tun konnte, als nur für den Frieden zu beten.
    Als die Magistra in Würzburg wieder zu ihnen stieß, zog Beatrix sie zur Seite, ehe es die Mutter tun konnte, denn sie hatte sich ihre Gedanken darüber gemacht, warum sie im März verschwunden war und erst nun im Juni wieder auftauchte. Entweder es hatte mit Herrn Walther zu tun, aber dann wäre ihre Mutter nicht so unruhig gewesen, als warte sie jeden Tag auf eine Botschaft, oder es ging um das, was in diesem Jahr überall das große Anliegen war: Hochzeiten. Aber nicht die ihrer Base mit dem Andechs-Meranier.
    Nun war die Magistra nicht die Einzige, die verschwunden war; auch der Gemahl von Kunigundes Amme war fort, und Lucia war noch unruhiger als die Mutter deswegen. Die Amme war leicht auszutricksen; so erfuhr Beatrix, dass Lucias Gemahl Markwart die Magistra auf einer Reise beschützen sollte, deren Ziel Lucia zwar nicht kannte, die aber auf Befehl von Beatrix’ Mutter stattfand. Das schränkte die Möglichkeiten erheblich ein.
    »Ihr wart in Thüringen, in Rom oder beim Welfen, nicht wahr?«
    »Wäre ich in Rom gewesen, dann hätte ich schon sehr viel Glück mit den Pässen und dem Wetter haben müssen, um wieder hier zu sein«, entgegnete die Magistra sehr ernst.
    »Dann wart Ihr in Thüringen?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Herr Walther hat lange dort geweilt«, antwortete Beatrix und beobachtete sie. »Das hat mir der neue Sänger erzählt, der von Eschenbach.«
    »Nun, ich habe ihn nicht gesehen«, entgegnete die Magistra, was nichts darüber sagte, ob sie nun in Thüringen gewesen war oder nicht. Auf jeden Fall wirkte sie immer noch so, als würde sie von allem anderen lieber sprechen als über Herrn Walther, was der Grund gewesen war, warum Beatrix von ihm angefangen hatte, denn so erhoffte sie sich noch eine Antwort auf ihre wichtigste Frage.
    »Ich soll den Welfen heiraten, nicht wahr?«
    Die Magistra antwortete nicht.
    »Bei uns hat es nie an Brot gemangelt«, sagte Beatrix. »Ich dachte, das wäre überall so. Auf dem Weg habe ich aber Dörfer gesehen, die überhaupt keine grünen Felder mehr hatten, nur verbrannte. Meine Mutter sagt, das liegt daran, dass die Bauern zu den Burgen ihrer Fürsten gingen, um dort zu arbeiten, und keine Felder bestellen konnten, oder dass sie daheimblieben und sie über Nacht verwüstet fänden. Wenn ich den Welfen heirate, dann wird das ein Ende haben.«
    »Für ein paar Jahre gewiss«, entgegnete die Magistra. »Aber dann mag es sein, dass du einen kleinen Bruder bekommst, der überlebt, und der Welfe wird sich betrogen fühlen, denn wenn er dich heiratet, dann nicht, weil er aufgegeben hat, König werden zu wollen, sondern weil er aufgegeben hat, vor deinem Vater König zu sein.«
    »Den kleinen Bruder kann ich schon dieses Jahr bekommen«, gab Beatrix zurück. »Meine Mutter erwartet wieder ein Kind, und bis man mich verheiratet, ist es allemal auf der Welt.«
    »Dann werden wir sehen, was die Zukunft bringt, dir und deinen Geschwistern.« Mehr als diese unbestimmte Antwort ließ sich der Magistra nicht entlocken. Was auch immer zwischen ihr und Beatrix’ Mutter beredet wurde, blieb unter ihnen; alle Versuche, etwas zu erfahren, waren vergebens. Beatrix musste sich die Zeit damit vertreiben, Kunigunde zu necken, die in der Familie manchmal »die Bambergerin« genannt wurde, weil der Vater ihr den Namen der Stadtheiligen gegeben hatte, um sein Bündnis mit dem verstorbenen Bischof Thiemo zu festigen.
    »Wenn sie für uns ein Turnier veranstalten, dann kannst du den Bischof bitten, dass er dir einen seiner Ritter als Kämpfer bestimmt, wo du doch die Stadtheilige bist«, sagte sie zu ihrer kleinen Schwester, die ihr die Zunge herausstreckte.
    Wenn sie verheiratet wurde, würde sie Kunigunde kaum wiedersehen. Ihre Mutter war keiner ihrer Schwestern je wieder begegnet, nur dem Onkel Alexios, der kaum einen Blick auf Beatrix verschwendet und kein Deutsch gesprochen hatte, bevor er wieder verschwunden war, um in den Tod zu reiten.
    Wenn sie verheiratet wurde, würden die Bauern ihre Felder erneut bestellen können, und sie müsste nicht mehr durch Städte und Dörfer ziehen, wo es Menschen gab, die jeden Biss in einen einfachen

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