Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
war. König Tankred und seine Söhne waren aus der Familie der Hautevilles, genau wie die Kaiserin Konstanze. Sicher hatte Irene das Französische eher erlernt als die Volgare. »Ja«, sagte sie daher, obwohl sie in ihrem Leben nie einen Troubadour gehört hatte.
    Schweigen fiel zwischen sie, doch es lastete nicht auf Judith. In der feuchten, heißen Luft, die aus der Wanne aufstieg, entspannten sich ihre eigenen Muskeln; ihr Untergewand klebte an ihrem Körper. Sie dachte nicht an Meir ben Eleasar, nicht an das Gefühl, gefangen zu sein, und wenn auch die Abwesenheit ihres Vaters sie schmerzte, so war sie doch gerade jetzt frei von der Idee, ihn irgendwie hätte retten zu können. Ihre Aufmerksamkeit war allein auf ihre Finger gerichtet und den harten Bauch der Prinzessin, der allmählich weicher und entspannter wurde. Und dann, endlich, spürte sie, wie ein Ruck durch Irene ging. Blasen stiegen im Wasser auf.
    »Heiliger Cosmas«, rief die Prinzessin, »es wirkt! Darf ich …«
    »Ihr bleibt weiter im Bad«, sagte Judith streng. »Es wird noch mehr kommen.«

    Als sie Irene aus dem Wasser steigen ließ, war es nur noch mäßig warm, aber dafür war eine Bettpfanne mit glühenden Kohlen erwärmt worden, und auf ihr die radieschensaftgetränkte Gerstenkornpackung. Diese legte Judith ihr auf den Bauch. »Um die Winde in sich aufzusaugen«, sagte sie. »In fünf Stunden würde ich noch ein weiteres Bad empfehlen. Morgen wird es Euch gut genug gehen, dass Ihr weiterreisen könnt.«
    Ein Schatten legte sich über Irenes Gesicht. Ihr Dank klang hohl, doch als Judith sich von ihr verabschieden wollte, rief die Prinzessin sie noch einmal zurück und bedeutete einer der Damen, ihr eine Schatulle zu reichen.
    »Was Herr Diepold von Schweinspeunt Euch geben wird, weiß ich nicht«, sagte Irene, »aber nehmt diesen Ring von mir.« Es handelte sich um einen in Gold gefassten Rubin, und Judith sah an den unverhohlen neidischen Gesichtern der Hofdamen, dass es sich um eine unerwartete, großzügige Gabe handeln musste.
    »Hat nicht der Kaiser den gesamten Kronschatz von Sizilien über die Alpen schaffen lassen?«, fragte eine von ihnen. »Mit Verlaub, Allerdurchlauchtigste, die Deutschen haben schon genügend von unseren Juwelen. Ihr wart ja offenbar noch nicht einmal in Gefahr, wie die Magistra selbst erklärt hat.«
    »Der Ring stammt aus Byzanz«, sagte Irene eisig, »und Ihr vergesst Euch. Welche Dienste ich belohne und wie, das entscheide nur ich allein.«
    »Ich danke Euer Gnaden von ganzem Herzen«, sagte Judith schnell. Sie wollte nicht Anlass zum Streit geben, doch sie hatte auch nicht die geringste Absicht, die Bescheidene zu spielen und auf den Ring zu verzichten, zumal man wirklich nicht sagen konnte, ob Herr Diepold sie bezahlen würde. Am Ende würde er erklären, die zukünftige Schwägerin des Kaisers behandelt zu haben, sei eine solche Ehre, dass dies Bezahlung genug sei.
    Die Wachen vor dem Gemach der Prinzessin teilten ihr mit, dass Herr Diepold sie zu sehen wünsche, ehe sie in die Stadt zurückkehrte. Der frischgebackene Graf von Acerra stellte sich als ein kräftiger Mann mit einem pfiffigen Gesichtsausdruck heraus. Er wollte wissen, was genau der Prinzessin gefehlt habe, und nachdem sie es ihm erklärt hatte, schlug er sich vor Lachen auf die Schenkel. Dann wurde er abrupt wieder ernst und stellte ihr ein paar Fragen hinsichtlich ihrer Herkunft und Ausbildung.
    »Nun, Magistra Jutta«, sagte er schließlich, »ich hatte Gift vermutet, aber das war es wohl nicht. Eins steht fest: Wenn es nach diesen Weibern gegangen wäre, dann hätte eine Schlange aus dem Verräternest da unten an der Prinzessin herumgeschlitzt und sie am Ende damit ins Grab befördert.«
    »Jeder Arzt von Salerno kann eine Operation gut durchführen«, protestierte Judith, obwohl sie nicht bestreiten wollte, dass auch bei den größten Vorsichtsmaßnahmen nie garantiert war, dass der Patient eine Bauchoperation überlebte.
    Graf Diepold war nicht an der Ehre ihres Berufsstands interessiert. »Das bestätigt, was der Kaiser immer sagt«, fuhr er fort: »Man kann keinem Welschen trauen. Schon gar nicht diesen schwatzhaften Weibern, die samt und sonders mit einem von den Kerlen verwandt sind, die wir einen Kopf kürzer gemacht haben. Ich hatte eigentlich vor, die Frauen bis nach Genua mitzunehmen, um mir drei Wochen Geheule von der Prinzessin zu ersparen, aber nun besteht kein Grund mehr, sie nicht gleich fortzuschicken, nach diesem

Weitere Kostenlose Bücher