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Das Spiel der Nachtigall

Das Spiel der Nachtigall

Titel: Das Spiel der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Benehmen.«
    »Sie wollten gewiss nur das Beste für die Prinzessin«, sagte Judith, doch er hörte ihr nicht zu.
    »Also, wenn Ihr Eure Ausbildung hier hinter Euch habt und Euer Vater tot ist, wie man mir zutrug, dann besteht doch kein Grund, länger bei diesem doppelzüngigen Gesindel von Salerno zu verweilen, nicht wahr?«
    »Die Schule von Salerno …«
    Ungeduldig unterbrach er sie. »Hört, Magistra, mir selbst liegt das Land durchaus am Herzen, denn es hat mir ein paar nette, fette Pfründe verschafft. Ich werde hierher zurückkehren, wenn ich meinen Auftrag erledigt habe, weil ich dem Kaiser hier am besten dienen kann. Das ist es, wonach jeder Untertan streben sollte: dem Kaiser zu dienen. Und wisst Ihr, womit Ihr dies tun könnt? Indem Ihr mir helft, die Prinzessin heil über die Alpen zu schaffen. Es soll Euer Schaden nicht sein, wenn ich sie gesund und munter dem Herzog Philipp in die Arme führen kann. Wenn Ihr Glück habt, dann gestattet der Herzog Euch, an seinem Hof zu bleiben, doch selbst wenn nicht, dann werdet Ihr in ein paar Monaten mehr an Ehre und Gut gewonnen haben als hier beim Verbändewickeln für die Jammergestalten aus aller Welt in zwei Jahren!«
    Seit dem Treffen mit Otto von Poitou war ihr keine solche kaltschnäuzige Arroganz mehr begegnet. Judiths erster Gedanke war, Herrn Diepold von Schweinspeunt zu erklären, warum es ihr mehr lag, an der gelehrtesten Stätte zu wirken, welche die Christenheit für Mediziner zu bieten hatte, als in seiner Gesellschaft eine Reise über die Alpen und in eine unsichere Zukunft zu unternehmen. Doch dann meldeten sich umgehend ein zweiter und ein dritter Gedanke und fesselten ihre Zunge.
    Wenn der Prinzessin all ihre Vertrauten genommen würden, egal ob Diepold vorhatte, sie durch ein paar seiner Dienerinnen zu ersetzen, würde Irene alleine sein, völlig alleine auf dem Weg in ein Land und eine Zukunft, vor der sie sich fürchtete.
    Wenn Judith Diepolds Angebot annahm, würde sie Meir nicht heiraten müssen, ohne deswegen mit den Freunden ihres Vaters zu brechen; angesichts dessen, was die Männer des Kaisers Salerno angetan hatten, würde jeder verstehen, dass man Schweinspeunt besser nicht durch eine Weigerung reizen sollte. Doch sie würde einige Jahre auf das Leben in Salerno verzichten müssen, bis sie sicher sein konnte, dass Rabbi Eleasar für Meir eine andere Braut gefunden hatte, und auch auf die Gesellschaft so vieler kluger Köpfe voll medizinischem Wissen. Auf den Zugang zu allen Büchern der Heilkunst, die man sich nur vorstellen konnte. Auf den Ruf, den sie sich hier erarbeitet hatte, und die Patienten, die ihr vertrauten.
    Doch sie würde wieder frei sein. Aus einer Schicksalsfalle entkam man nun einmal nicht, ohne etwas zu opfern.
    Außerdem hatte Diepold bei allem Hochmut nicht ganz unrecht: Selbst, wenn Herzog Philipp sie sofort aus der Umgebung seiner neuen Gemahlin fortschicken sollte, würde sie von sich behaupten können, der Tochter des Kaisers von Ostrom und der Schwägerin des Kaisers von Westrom als Leibärztin gedient zu haben. Damit ließen sich überall im Reich neue Patienten gewinnen. Sie hatte ihren Vater für weniger an das Sterbebett des Herzogs von Österreich getrieben.
    Giovanni und Lucia kamen ihr in den Sinn. Nun, wenn Diepold sie wirklich gut entlohnte und wenn es ihr gelang, sehr schnell einen Käufer für das Haus zu finden, dann konnte sie die beiden in ihren Diensten behalten, vorausgesetzt, sie waren willens, ihre Heimat zu verlassen.
    »Um wie viel genau«, fragte Judith langsam, »wird es mein Schaden nicht sein?«

Kapitel 8
    F ast vier Jahre nach seiner Ankunft in Wien gab es nicht mehr viel, mit dem Walther die Menschen am Hof des Herzogs überraschen konnte, so glaubten diese jedenfalls; Lieder, die Reinmars Ideal der entsagungsvollen Liebe aufs Korn nahmen, waren längst nichts Neues mehr. Herzog Friedrich verwies es ihm nicht, ihm schienen die neuen Lieder zu gefallen. Was dem Hof danach lange Gesprächsstoff gegeben hatte, waren die Blumen gewesen, das Lächeln der Erde, wie Walter sie nannte. Er sammelte sie auf den Wiesen, um damit seine Angebeteten zu erfreuen, bis sich keine mehr traute, diese anzunehmen, um nicht in Verdacht zu geraten, seinem Werben erlegen zu sein, wie sein Lehrer das lautstark und mehrfach im Palas gemutmaßt hatte. Walther hätte ihn deswegen umbringen mögen. Als er daher nun bei Reinmar hereinschneite, als hätten sie dem Wiener Hof während der letzten zwei Jahre nicht

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