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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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hatten.
    Ich war der Einzige, der auf den jungen Mann achtete, den Wolfartshauser zuerst hatte erstechen und dann verbrennen wollen. Er rappelte sich hoch und taumelte vor der Hitze des Feuers zurück. Dann richtete er sich ganz auf und drehte sich zu uns um, eine schwarze Silhouette vor dem Feuer, das Gesicht ein formloser Schatten im hellen Flackern, in dem nur die Augen im Widerschein des Feuers leuchteten. Nur ich hörte sein irres Kichern, und meine Haare stellten sich auf, als er flüsterte: »Ich habe ihr Blut getrunken und ihr Fleisch gekostet. Ich. Ich. ICH!«
     
    Die Lambertikapelle war dunkel bis auf das ewige Licht, dessen Flackern ich unter dem Türspalt sehen konnte. Ich hatte die Stimme in der letzten Nacht gehört; in dieser Nacht hörte ich sie nicht wieder. Was immer mich hatte hertreiben wollen, Bischof Peters Gespenst, das Gespenst des Mannes, der sich selbst in seiner Gefängniszelle den Tod gegeben hatte, die Gespenster all derer, die ich hatte unschuldig sterben sehen, während ich dem nachging, was Gott zu meiner Berufung gemacht hatte oder ganz einfach – und am wahrscheinlichsten – das Gespenst meines eigenen schlechten Gewissens, es hatte gewusst, dass ich diesmal von allein kommen würde.
    Ich stand vor der Tür der Kapelle. Das Mitternachtsläuten war vorüber. Es heißt, in der kurzen Zeit, in der der alte Tag noch nicht ganz vergangen ist und der neue noch nicht ganz begonnen hat, ist vieles möglich und Tore zu verschlossenen Welten können sich öffnen. Das zu glauben, war ich eher geneigt als daran, dass das Zentrum eines ungeschickten Kreidekreises auf dem Boden einen Eingang in das Universum der Dämonen darstellte. Und was die verschlossenen Weltenbetraf – waren sie nicht lediglich die von uns selbst versperrten Welten unserer Erinnerung?
    Ich wusste, was mich in der Kapelle erwartete.
    Ein leerer Raum, in dem das Gold und die Farben des kleinen Altars matt in der Kerzenflamme des Ewigen Lichts schimmerten.
    Ich wusste, was ich dort sehen würde.
    Was ich dir befehle, das tue ohne Zögern. Ich stieß die Tür

2.
    »Die Bahrprobe hat ihn überführt«, sagte Gregor und erschauerte noch nachträglich. »Er war's nicht.«
    »Und er hat es selbst gestanden.«
    »Ich sag dir: Er war's nicht.«
    Der Bischof schüttelte müde den Kopf, aber er hörte Gregors und meiner Auseinandersetzung ruhig zu.
    »Na gut, dann nicht er, sondern der Dämon, von dem er besessen ist.«
    »Das Einzige, wovon das arme Schwein besessen ist, ist eine Heidenangst. Der Spießrutenlauf und Wolfartshauser, der ihn mit dem Kopf auf den Totenkarren schlug – das hat ihm den Rest gegeben.«
    »Als ihn der Stadtvogt nach seinem Namen fragte, sagte er: Ich bin der Knecht der Finsternis, und mein Name ist Legion.«
    »Er weiß nicht, was er sagt und wie sein richtiger Name lautet. Aber dass er einen Mord begangen hat, daran soll er sich zuverlässig erinnern können?«
    »Wenn ihm die Wächter etwas zu essen oder den Eimer bringen, nennen sie ihn jedenfalls ›Legion‹. ›Legion hat keinen großen Hunger‹ oder ›Legions Därme sind ganz schön zugenähte Und ihr Gelächter klingt ziemlich scheppernd dabei.«
    »Willst du damit sagen, dass die abergläubische Angst dieser dummen Kerle irgendetwas beweist?«
    »Seine Gesinnungsgenossen haben ihn ebenfalls angeschwärzt.«
    »Die wollen doch nur ihre eigene Haut retten.«
    »Immerhin haben sie zugegeben, nigromantische Praktiken verübt zu haben«, warf der Bischof ein. »Und Wolfartshauser, dieser gottverdammte Idiot, läuft überall herum und erzählt, die Grubenleute seien zurückgekommen und verdammten Augsburg mit ihren ketzerischen Praktiken und ihren Menschenopfern zum Untergang. Wenn er noch lange so weitermacht, zerren die Menschen ihre Nachbarn aus den Häusern und schlagen sie tot, weil sie sie plötzlich für Ketzer halten.«
    »Er kann eben nicht glauben, dass seine Tochter wegen nichts und wieder nichts sterben musste. Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass man sie als Menschenopfer auserkoren hatte.«
    »Selbst beim Tod seines Kindes«, seufzte Bischof Peter und schien nicht zu merken, wie schrecklich zynisch seine Worte klangen, »muss es für Ulrich Wolfartshauser noch was Besonderes sein.«
    »Jedenfalls sind die Kerle Teufelsbeschwörer!«, zischte Gregor.
    »Nigromantische Praktiken und Teufelsbeschwörung sind nicht unbedingt das Gleiche. Soweit ich weiß, haben sie gestanden, dass sie nur weissagen lassen wollten – der König auf dem

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