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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Komplize war, und damit haben wir den Mörder? Der seine beiden Mitwisser beseitigt hat?«
    »So ungefähr«, erklärte ich und verzichtete darauf, ihm darzulegen, dass es wahrscheinlich komplizierter war. Wahrscheinlich war es sogar sehr viel komplizierter, als selbst ich es mir dachte. Plötzlich hatte ich Angst vor dem, was wir womöglich noch alles entdecken würden.
    »Dann lass uns reingehen, bevor wir selbst den Raben hier verdächtig erscheinen«, sagte Gregor.

6.
    Ich rüttelte an der Verrammelung einer Fensteröffnung, die ich für die der Küche hielt und die in halber Tiefe der quintana in die Mauer gebrochen war. In dem schmalen Durchlass roch es nach der Feuchtigkeit des Gewitterregens, dessen Pfützen hier immer noch standen, nach verrottetem Grünzeug und verschimmelndem Putz. Nicht einmal die Raben hofften, hier etwas Anständiges zu finden. Es war deutlich kühler als draußen in der Gasse, wo der Sommer sich an diesem Tag von seiner besten Seite zeigte. Gregor blinzelte nach oben. Über diese quintana spannte sich kein hölzerner Abtritt.
    »Wenigstens kann uns von oben nichts auf die Köpfe fallen«, knurrte er.
    Ich versuchte, eines der Bretter zu lösen, die quer über die roh gezimmerte Fensterlade genagelt waren. Es saß nicht ganz fest, aber es ließ sich auch nicht lockern.
    »Lass mich mal«, sagte Gregor und schob mich beiseite, wobei er aufpasste, nicht zu tief in die schlammige Pfütze vor dem Fenster zu steigen, aus der undefinierbare, in sich zusammengesunkene schwärzliche Häufchen ragten. Er griff unter seine dunkle lange Schaube (die ihn beim Herkommen ins Schwitzen gebracht haben musste und um die ich ihn, in der feuchten Kühle der quintana, nun beneidete) und holte einen massiven Dolch mit breiter Klinge aus seinem Gewand hervor.
    »Ist das so ein Ding, wie es die Wache Doktor Andreas abgenommen hat?«, fragte ich ihn. Er winkte ab und zwängte die Klinge unter das Brett, an dem ich gerüttelt hatte. Er stocherte und hebelte, und plötzlich löste sich der Nagel mit einem misstönenden Quietschen aus der Lade, auf die das Brett genagelt war. Unwillkürlich sahen wir uns an und warteten, dochniemand kam aus dem Nachbarhaus oder spähte von der Gasse aus zu uns herein. Wir nickten uns zu und fassten beide das Brett an seinem nun losen Ende, wuchteten es von der Lade weg, und nach einigem Rütteln und Ziehen glitt der zweite Nagel heraus und gab das Brett frei. Wir taumelten zurück und stießen uns die Köpfe an der gegenüberliegenden Hauswand.
    Dann fuhr Gregor mit der Klinge des Dolchs in die Spalte der Fensterlade und drückte sie auf. Er packte beide Flügel und öffnete sie. Dahinter gähnte ein schwarzer Schlund, aus dem die abgestandene Luft eines ungelüfteten Hauses drang.
    »Nach dir«, sagte er und trat beiseite.
    Ich schwang ein Bein in das offene Fenster und stieg in das Haus des Toten ein.
     
    Das Licht, das durch das Fenster zur quintana hereinkam, war spärlich. Es löste die wichtigsten Umrisse der Küche aus der Dämmerung – den backsteinernen Herd in einer Wandnische, über dem sich der Rauchfang öffnete, der Querbalken darüber, an dem Schöpfkellen, Kessel und Pfannen hingen, das Wasserfass daneben und ein Holzstoß, über den zum Schutz vor Funkenflug eine Lederplane gebreitet war. In einer Wandnische stand ein metallisch schimmernder Krug mit Deckel, wahrscheinlich das bevorzugte Trinkgefäß des toten Hausherrn. Die Gerüche des letzten hier zubereiteten Essens waren noch nicht verflogen, Kohl und Fisch, eine freitägliche Speisenfolge. So war zumindest klar, wann der Stinglhammersche Haushalt aufgehört hatte zu existieren. Es bestätigte meine Annahme: Man hatte die Unterlagen Ludwig Stinglhammers durchgesehen, was einige Zeit in Anspruch genommen hatte, und als man nicht fand, was man suchte, sein Haus verschlossen – nicht früher als am vergangenen Abend.
    »Wenn das ganze Haus so finster ist, sehen wir nicht mal die Hand vor Augen«, beschwerte sich Gregor. Ich trat an einen Tisch mit zerschundener Platte heran, der den Mägden zur Vorbereitung des Mahls gedient haben musste, und hob ein bauchiges Gefäß mit einem Schnabel auf. Es war eine Tranlampe, undihr Gewicht sagte mir, dass sie fast voll war. Gregor brummte etwas. Ich tastete hinter den auf dem Herd stehenden Töpfen herum, bis ich in einem Mörser mit gesprungener Wand Feuersteine und dünne Kienhölzer fand, die vor Harz klebten. »Schon gut«, knurrte Gregor.
    Etwas raschelte

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