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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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lässt«, erklärte ich.
    Er nickte, ohne dass sich seine Miene geändert hätte. »Deshalb ist er nicht weniger gefährlich.«
    »Ich werde ihn nicht unterschätzen.«
    »Der Bürgermeister tut es auch nicht. Und er weiß nicht einmal halb so viel wie Sie und ich.«
    »Wer ist er?«
    »Wenn ich es wüsste, säße ich bereits bei Wein und Braten in der Herrenstube und ließe mich als den Retter der christlichen Reichsstadt Augsburg feiern.«
    Diesmal nickte ich. »Warum haben Sie mich darauf hingewiesen?«
    Wilhelm sah ehrlich erstaunt aus. »Ich wollte Ihnen beweisen, wie nützlich ich Ihnen sein kann.«
    »Nicht mit Beschwörungen.«
    »Sie verstehen nicht, worum es hier geht.«
    »... sagte der Fuchs zur Gans, als er sie davontrug. Hören Sie auf mit diesen Sprüchen.«
    »Sie sind manchmal wahr.« Er seufzte. »Wer ist die Frau, die auf der Beerdigung von Martin Dädalus war?«
    »Meine Tochter«, sagte ich schlicht. »Wussten Sie, dass sie zu den Grubenleuten gehört?«
    Er schwieg eine Weile. Dann schüttelte er müde den Kopf. »Ich weiß, wo sie Unterschlupf gefunden hat.«
    »Woher?«
    »Weil ich ganz in der Nähe selbst untergekrochen bin.«
    Ich starrte ihn an. »In der Pfahlsiedlung vor dem Gögginger Tor. Natürlich. Niemand würde Sie dort suchen. Genauso wenig wie Maria. Und es ist ein Leichtes, am Morgen mit all den anderen zum Tor hineinzukommen, ohne befragt zu werden.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Ich bin Ihnen wirklich was schuldig«, erklärte ich.
    »Das haben Sie schon gesagt, als ich Sie vor den Männern im Schwarzen Fass gerettet habe. Das Einzige, das ich will, gewähren Sie mir dennoch nicht.«
    »Warum führen Sie Ihre verdammte Beschwörung nicht auf irgendeinem Kreuzweg um Mitternacht auf?«, stieß ich plötzlich hervor.
    »Weil sie dort stattfinden muss, wo der Dämon sein Werkverrichtet hat. Im Haus Hoechstetter oder im Haus von Stinglhammer. Ohne Sie oder den Burggrafen komme ich dort nicht hinein – und ohne Zeugen hilft es mir nichts, wenn ich weitere Morde verhindere.«
    »Es wäre eine gute Tat.«
    Er sah mich fast mitleidig an. »Ich ziehe den Lohn auf Erden vor.« Er rieb sich über den Bauch. »Die Seele freut sich auf die Erlösung im Himmel, doch der Körper braucht irdischere Genüsse. Ich will nicht im kommenden Winter neben einer Straße erfrieren.«
    »Ich vergesse nicht, dass ich in Ihrer Schuld stehe, aber verlangen Sie nichts von mir, was ich nicht geben kann. Ich zahle sie auf meine Art zurück.«
    Er breitete die Arme aus und ließ sie wieder fallen. »Haben Sie den Weiher in der Pfahlsiedlung gesehen?«, fragte er dann. »Von dort aus ist die Hütte ganz einfach zu finden ...«

10.
    Erst als ich auf dem Weg hinaus in die Pfahlsiedlung war, fiel mir auf, dass Hilarius Wilhelm von Ludwig Stinglhammers Charakter gesprochen hatte, als kenne er ihn mindestens ebenso gut wie beispielsweise Jakob Fugger. Ich hatte angenommen, dass der kleine Alchimist zum ersten Mal im Leben mit Hoechstetters Buchhalter zu tun gehabt hatte, als er vergeblich in dessen Schreibzimmer wartete. Jetzt war jedoch nicht die Gelegenheit, diese Gedankengänge weiter zu verfolgen.
    Zuweilen weiß man, dass man einen Fehler begeht – und begeht ihn dennoch. Tief im Inneren hofft man, dass die Ahnung trügt. Noch tiefer im Inneren ist man überzeugt, dass die Ahnung vollkommen zutreffend ist. Trotzdem geht man hin.
    Ich bin mir bewusst, dass dies nur eine unzureichende Erklärung ist, warum ich wider besseres Wissen zu meiner Tochter Maria ging.

11.
    Ich hörte Schritte aus dem Inneren der Hütte und blieb vor dem Sackleinen stehen, das anstelle einer Tür in dem Loch hing, das als Türrahmen in eine Wand des Baus geschnitten war. Die Hütte war so klein, dass man mit knapp dreißig Schritten einmal um sie herumgekommen wäre. Ihr Baumaterial stammte zum großen Teil von Flößen, deren Holz auf der Fahrt aus den Bergen hierher zersplittert oder sonst wie unbrauchbar geworden war und von den Flößern nicht mehr hatte verkauft werden können. Ich sah mit Unbehagen, dass die wenigen Steine, die eine Art Fundament bildeten, aus dem Gräberfeld stammten, das in dem dichten Ufergestrüpp weit hinter den Hütten versteckt lag. Die Hütte war sicherlich nicht von Maria erbaut worden, und wenn sie sie jemals verließ, würde eine andere heimatlose Seele einziehen und ihr eigenes Unglück in die Balken, Steine und den fest getretenen Erdboden in ihrem Inneren schwitzen. Die Kinder und

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