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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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sehnsüchtig darauf, wieder einmal ein Wettspringen zu veranstalten.«
    Ich sah es nicht kommen. Im einen Moment stand er noch mit gespreizten Beinen und leicht angewinkelten Knien da, im nächsten Moment nahm ich einen Schatten wahr, der auf mich zuflog.
    Der Aufprall seines Körpers auf den meinen trieb mir den Atem aus dem Leib, der zweite Stoß, als ich mit dem Rücken gegen die Holzwand geschleudert wurde, sandte einen Ruck durch mich hindurch, der meine Zähne zusammenschlagen ließ. Das morsche Holz zersplitterte hinter mir, und das Gebäude erbebte. Unter meinen strampelnden Beinen lösten sich ein paar von den aufgeschichteten Steinen des Fundaments und rollten beiseite. Ich war wie betäubt und nicht fähig, mich auf den Beinen zu halten. Vage fühlte ich, wie ich an den Brettern hinunterrutschte und mir am Fundament den Hintern aufschrammte. Lutz stand ein paar Schritte von mir entfernt und grinste auf mich hinunter. Vor meinen Augen tanzten Schneewirbel. Ich dachte: Er ist gesprungen, und so war es. Er hatte sich nicht auf einen Ringkampf oder auf Faustschläge eingelassen, obwohl er mir auch da hoffnungslos überlegen gewesen wäre, er hatte einfach das getan, was ihm am meisten Spaß machte und wovon er mir noch eine Kostprobe schuldig war. Ich sah Maria, die in die Schatten bei ihrem behelfsmäßigen Herd zurückgewichen war und uns beobachtete, und wollte ihr zurufen: Lauf weg! Plötzlich schaffte es meine Lunge wieder, Luft einzusaugen, und mit dem Atemholen kam ein stechenderSchmerz in meinen Rippen und meinem Kreuz. Ich krümmte mich zusammen und keuchte.
    »Maria«, ächzte ich, »renn! Ich werd mit dem Kerl allein fertig.«
    Lutz stieß ein verblüfftes Lachen aus und erachtete es nicht einmal für wert, sich zu Maria umzudrehen. »Tu mir nicht weh«, spottete er.
    Dann machte er einen zweiten Satz, und wenn er mich getroffen hätte, wären seine Stiefel vermutlich durch mich hindurchgefahren. Ich rollte mich zur Seite und spürte die Erschütterung, als er neben mir aufprallte. Kopfgroße Steine kollerten davon. Die Angst ließ mich schneller auf die Beine kommen, als meinem geprellten Brustkorb gut tat: Ein Stich fuhr mir durch den Leib, der mich taumeln ließ. Er griff nach mir, noch während er mit der anderen Hand an der Wand nach Halt suchte. Ich konnte ihm ausweichen. Wahrscheinlich hatte er mir ein oder zwei Rippen angeknackst, doch ich wusste, dass ich mich darüber noch glücklich schätzen konnte: Wäre ich ein zarterer Mann und wäre die Wand der Hütte nicht so morsch gewesen, hätte ich wahrscheinlich keinen Schritt mehr tun können.
    Lutz fuhr herum. Hastig brachte ich ein paar Fußbreit zwischen uns. Er verzog den Mund und knurrte, unzufrieden darüber, dass ich wieder auf die Beine gekommen war. Ich sah mich nach einer Waffe um. Maria stand noch in der Ecke beim Herd. Vorsichtig setzte ich Fuß um Fuß seitwärts wie ein Krebs.
    »Georg Hoechstetter ist ein guter Mann«, keuchte ich. »Er wirft Stinglhammers Dienstboten raus, aber er gibt ihnen so viel Geld mit auf den Weg, dass sie den hellen Tag im Schwarzen Fass vertrinken können.«
    Lutz folgte mir und versuchte mich in Marias Ecke zu drängen, aber ich konnte seine Absicht mit einem raschen Sprung, der einen Stich durch meine schmerzenden Rippen sandte, durchkreuzen. Er machte keinerlei Anstalten, die Türöffnung zu blockieren. Wenn ich vorher nicht weggerannt war, würde ich es jetzt ebenso wenig tun.
    »Dich hat er als Einzigen behalten«, sagte ich. »Um auf die anderen aufzupassen, damit sie im Wirtshaus nichts ausplaudern? Worauf passt du sonst noch auf?«
    Er fixierte mich starr. Plötzlich tat er so, als wollte er springen, und ich zuckte zusammen und machte einen Satz nach hinten, dass ich an die Wand neben dem Herd prallte. Er grinste. »Schreckhaft?«
    »Wird es nicht Zeit, zu deinen Schützlingen zurückzukehren?«
    Lutz zuckte mit den Schultern. »Das Haus ist verrammelt, was soll's?«
    »Ich glaube, dass es nichts genutzt hat. Das, worauf du und deine Genossen nicht stoßen durften, ist schon gefunden worden.«
    Seine Miene verfinsterte sich.
    »Oder was glaubst du, warum man euch aus dem Haus vertrieben und es verschlossen hat?« Ich versuchte überlegen zu wirken. »Und weißt du was: Die falschen Leute haben es gefunden!«
    Über sein Gesicht huschte ein kurzes Flackern wie Unbehagen. Ich war sicher, dass niemand ihn eingeweiht hatte, worum es ging, aber sicher hatte er sich das eine oder andere

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