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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zusammenreimen können.
    »Herr Georg wird das gar nicht gern hören«, sagte ich.
    »Der hat doch keine Ahnung!«, stieß er hervor. Im nächsten Moment sah ich seinen Körper mit vorgestreckten Beinen auf mich zufliegen.
    Ich schaffte eine halbe Drehung. Einer seiner Füße schlug ins Leere, dann prallte er gegen die Wand, fing sich ab, und ich knickte plötzlich ein, noch bevor der dumpfe Schmerz mein Bein hochschießen konnte und mir sagte, dass er mich mit dem anderen Fuß erwischt hatte. Ich brachte mich auf allen vieren in Sicherheit, er setzte nach und sprang in die Höhe, und irgendwie vermochte ich mich wegzurollen. Lutz schrie vor Wut auf. Ich kroch panisch zur Tür hinüber und hangelte mich am Sackleinen in die Höhe. Mein Herz schlug rasend, ich hörtemeinen Atem pfeifen. Lutz verfolgte meine Bewegungen lauernd, ohne sich von dem Fleck zu rühren, auf dem er gelandet war. Würde ich nun doch die Flucht ergreifen?
    »Macht einer der Söhne seine eigenen Geschäfte?«, keuchte ich. »Wer von ihnen? Georg? Ambrosius? Jung-Ulrich?« Castor und Pollux, dachte ich. Hier ging es um einen der beiden. Der andere war Martin Dädalus.
    »Dein alter Herr redet zu viel«, sagte Lutz in Marias Richtung. »Was mussten du und deine Mutter tun, damit er das Maul hielt? Ihm eure Euter zeigen?«
    Ich biss die Zähne zusammen. Wenn Maria eine Chance hatte, zu entfliehen, dann nur, wenn Lutz kurzzeitig ihre Anwesenheit vergaß.
    »Nein«, sagte ich und bewegte mich langsam seitwärts von der Tür weg, sodass er Maria den Rücken zuwenden musste, »Ulrichs Söhne hätten sich nie mit einem verlausten Dienstboten eingelassen, den der Anblick eines Wirtshaustisches, über den er hüpfen möchte, geiler macht als eine nackte Frau.«
    Lutz knurrte. »Du wirst nicht mehr erleben, wie geil mich dein Töchterlein macht, weil ich in den nächsten Minuten dein Hirn in den Boden gestampft habe.«
    Mein Blick fiel plötzlich auf die Stange, die über Marias Herd an zwei Haken von der Decke hing und von der eine spärliche Sammlung von Küchenutensilien baumelte. Sie herabzureißen wäre die Tat eines Augenblicks – und ich wäre nicht mehr ohne Waffe gewesen. Ich rutschte mit dem Rücken an der Wand entlang. Lutz folgte mir mit einer Körperdrehung. Kurz spähte ich zu Maria hinüber, die sich in ihrer Ecke nicht bewegte, außerhalb des Kreises, den der Tanz, den Lutz und ich aufführten, beschrieb, und jede Möglichkeit zur Flucht missachtend. Ich versuchte vergeblich, ihren starren Gesichtsausdruck zu deuten. Mein Herz pochte schmerzhaft gegen meine Rippen, mein Rücken scheuerte gegen das rissige Holz, mein Bein tobte, wo mich Lutz' Tritt getroffen hatte.
    »Es ist der Faktor«, sagte ich. »Karl Hoechstetter. Er hat das Haus verrammeln lassen. Er sucht nach den Dokumenten.«
    Karl Hoechstetter hatte die Verbrennung der Papiere geleitet – und sie dabei nach den Dokumenten durchgesehen, von denen er wusste, dass Stinglhammer sie über ihn und seine Gespräche mit Dädalus angefertigt hatte. Maria blinzelte.
    »Na und?«, brummte Lutz.
    Ich stieg über die Steine, die aus dem Fundament gebrochen waren, und erreichte die der Tür gegenüberliegende Längsseite des Raums, über die der Vorhang gespannt war. Der Herd war jetzt zu meiner Rechten, nur wenige Schritte entfernt. Schweißtropfen liefen mir in die Augen. Ich schaute alles Mögliche an, nur nicht die Stange über dem Herd.
    »Wenn Ulrich Hoechstetter dahinter kommt, dass sein Vetter ihn hintergeht und Geld aus der Firma veruntreut hat, um es in den Aufstand gegen Lorenzo de' Medici in Florenz zu stecken, dann wartet der Galgen auf ihn«, sagte ich. »Und auf dich das Rad.«
    »Dann sehen wir uns in der Hölle wieder.«
    »Mal sehen, wer wen dort empfängt.«
    Er sprang, doch diesmal fehlte ihm die kühle Berechnung. Ich warf mich zur Seite, fühlte seinen Tritt statt in meinem Zwerchfell an meinem linken Hüftknochen, hörte mich aufschreien und riss die Stange aus den Haken, dass Marias Töpfe durch die Hütte wirbelten. Ich fuhr herum und hob die Stange, aber Lutz stand schon nicht mehr da, wo er gelandet war. Ich schüttelte die Stange und grinste wild. »Holz für einen Holzkopf« , krächzte ich.
    Mein linkes Bein war taub bis zum Knie; das andere brannte vom Schienbein herauf bis in den Schritt wie Feuer. Es wurde Zeit, das Spiel zu beenden – wenn ich nur gewusst hätte, wie. Lutz lächelte unbeeindruckt.
    »Du kannst noch verschwinden«, sagte ich. »Aus dieser

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