Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
mich in anderer Gestalt nun endlich wiedergefunden hatte. Mir wurde kalt.
    »Hallo, Lutz«, sagte ich heiser, »in der letzten Zeit mal wieder über einen Tisch gesprungen?«
     
    Er kam hinter dem Vorhang hervor, breitspurig wie ein Zwingvogt. Maria wich beiseite, als er an ihre Seite trat, und seltsamerweise beruhigte mich diese instinktive Geste. Er achtete nicht darauf. Seit seiner Niederlage im Schwarzen Fass hatte er darauf gewartet, mich in die Hände zu bekommen, und nun hatte ich mich selbst dorthin begeben. Hatte er sich das Lachen verbeißen müssen, als er, vom Kreischen der bettelnden Kinder alarmiert, sicherheitshalber hinter den Vorhang verschwunden war und dann meine Stimme gehört hatte, wie sie bettelte, drohte und beschwor?
    »Wieder in Sachen Arschabwischen unterwegs?«, fragte er.
    »Warum, hast du dabei Hilfe nötig?«
    Er grinste gemütlich. »Was macht der Burggraf dieser Tage?«
    »Frag ihn selbst, er ist auf dem Weg hierher.«
    Er riss in komischem Erstaunen die Augen auf. »Ach? Und ich fürchtete schon, du hättest wieder nach dem Idioten geschickt!«
    Ich zuckte mit den Schultern und bemühte mich nach Kräften, gleichgültig zu wirken. Er lächelte. Plötzlich packte er Marias Handgelenk und zog sie zu sich heran.
    »So klein ist Augsburg«, sagte er. »Da nimmt man sich vor, ein Vöglein näher kennen zu lernen, und schon stellt sich heraus, dass ihr Herr Vater mein liebster Saufkumpan ist.«
    Maria machte schmale Augen und sah von ihm zu mir. Sie versuchte, Lutz' Griff abzuschütteln, aber er hielt sie so mühelos fest, als sei sie ein kleines Kind.
    »Gilt es noch, was du mir versprochen hast?«, wandte er sich an Maria und strahlte sie an. Durch das kurz geschorene Haar schimmerte die Haut seines Schädels im diffusen Licht der Türöffnung. Solange er ihr seine Aufmerksamkeit widmete, hätte ich hinausspringen können, aber dann wäre Maria mit ihm allein gewesen. Ich war sicher, dass er meineGedankengänge genau kannte und sich bewusst von mir abgewandt hatte. Er hatte keinen Augenblick daran geglaubt, dass irgendeine Verstärkung zu mir unterwegs war, genauso wie er keinen Augenblick daran glaubte, dass ich wirklich fliehen würde.
    »Letztes Mal im Schwarzen Fass«, sagte Lutz und umfasste Marias Handgelenk nun auch mit der zweiten Hand, »da wollte dein Väterchen unbedingt herausfinden, was es damit auf sich hat, dass meinem Herrn der Hals umgedreht wurde. Er hat mir eine Kostprobe von deinem Pelzchen versprochen, wenn ich ihm weiterhelfe.«
    »Er lügt«, sagte ich rau.
    Lutz lachte und strich langsam an Marias bloßem Arm hinauf. Ich konnte sehen, dass sie eine Gänsehaut bekam.
    »Er ist einer von deinen Glaubensgenossen«, sagte ich zu Maria. Sie zuckte zusammen. »Einer von deiner Familie.«
    Lutz warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Natürlich!«, rief er. »Was glaubst du, wo mir dieser Arsch aufgefallen ist?«
    Er ließ Marias Handgelenk lange genug los, um ihr mit der flachen Hand auf die Kehrseite zu schlagen.
    »Hör auf damit!«, hörte ich mich sagen.
    »Was denn, was denn? Eifersüchtig?« Er riss Maria zu sich heran, drehte ihr den Arm auf den Rücken und glitt hinter sie. Noch bevor ich einen Schritt tun konnte, zog er ihre Hand so weit nach hinten, wie er konnte, presste sich an sie und fasste mit der freien Hand in den Ausschnitt ihres Kleides. Maria keuchte. Er zog ihre gefangene Hand zwischen seine Beine.
    »Was machst du denn mit deiner Hand da unten?«, grölte er. »So ein kleines Miststück! Und die Titten sind auch nicht von schlechten Eltern – die hat deine Alte dir vererbt, oder?«
    Ich stürzte zu ihnen hinüber, auch wenn ich wusste, dass es ein Fehler war, dass er genau das gewollt hatte. Seine Augen weiteten sich, und ich fühlte einen kurzen Moment sinnlosen Triumphes, dann schlug ich mit aller Kraft in sein Gesicht.
    In Venedig hatte ich einen brutalen Schläger überraschen können und einem Freund das Leben gerettet. Bei Lutz funktionierte es nicht. Er riss den Kopf nach hinten, und stattseiner Nase traf ich nur sein Kinn. Ich hörte es knirschen, als seine Zähne aufeinander trafen, und der Schmerz schoss bis in meine Schulter hinauf. Meine Faust erlahmte sofort. Lutz schüttelte sich, stieß Maria zur Seite, stellte sich breitbeinig in Positur und bereitete sich darauf vor, mich in kleine Stücke zu reißen.

12.
    Ich wich zurück. Er beobachtete mich lauernd.
    »Um deine Frage zu beantworten«, sagte er, »ich warte schon

Weitere Kostenlose Bücher