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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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dabei nicht entdeckt wurde, würde ich sicher eingeschlossen werden. Ich untersuchte das Schloss im letzten trüben Licht vom Fenster. Innen und außen waren einfache Riegel, die vorgeschoben werden konnten; zusätzlich war außen ein massiver Schließkasten angebracht, zu dem der Schlüssel fehlte. Ich machte die Tür zu und schob den inneren Riegel vor. Wenn jemand von außen gegen die Tür drückte, musste er glauben, dass sie verschlossen war.
     
    Ich starrte nachdenklich in das Zwielicht, in das der fortschreitende Abend den Raum mittlerweile getaucht hatte und in dem die Tuchballen aussahen wie frisch aufgeschüttete Gräber. Widersprach die Befürchtung, die mich hergebracht hatte, nicht allen Indizien und vor allem der Art und Weise, wie die Ermordeten ums Leben gekommen waren? Einem Mann das Genick zu brechen, bedurfte es größerer Kraft, als meine Tochter aufbringen konnte, und ihn dann in seinen Sessel hinter dem Tisch zu setzen, an dem er die Ergebnisse seiner Schnüffeleien festgehalten hatte, bedurfte es mehr Kaltblütigkeit, als selbst ich sie aufgebracht hätte. Doch hatte sie von allen das dringendste Motiv – und ich konnte es mir nicht leisten, auch die leiseste Ahnung bezüglich Maria unbeachtet zu lassen. Sie mochte Mittel und Wege gefunden haben, in die Räume einzudringen und sie ungesehen zu verlassen, den Eindruck erweckend, sie seien durchgehend verschlossen gewesen; eine der besten Methoden war, den Raum gar nicht zu verlassen, während der Mord entdeckt wurde, sondern sich zu verstecken und in den stillen Minuten nach dem Abrücken der Entdecker zu verschwinden. Und das Trigramm aus Ruß? Maria hatte die strohgeflochtenen Ebenbilder bei sich aufbewahrt und Dädalus eines davon ins Grab geworfen. Nein, ich durfte kein Risikoeingehen, und wenn ich die nächsten zwanzig Nächte hier verbringen musste.
    In meinem Herzen wusste ich, dass es noch an diesem Tag passieren würde. Und damit war ich – ob nun meine Tochter die Mörderin war oder nicht – an der richtigen Stelle.
    Bischof Peter sah mich von einem der Tuchballen her an. »Manchmal muss man gar nicht zwei Seiten sehen«, sagte er leise. »Eine reicht, wenn es die Seite deines eigenen Herzens ist.« Ich blinzelte, und er war verschwunden. Die Toten waren tot und warteten auf das Jüngste Gericht, und Geister gab es nicht. Wenn doch, verliehen wir selbst ihnen ihre Gestalt, gespeist aus unserer Erinnerung, aus Liebe und Reue und aus unserer eigenen Schuld. Ich sah nochmals zu der Stelle hinüber, an der ich ihn gerade gesehen zu haben glaubte, aber er erschien nicht wieder. Vielleicht saß er gerade bei Albert in der Kutsche und erklärte ihm, dass ich stets das Falsche suchte.

3.
    Lutz kam nach Einbruch der Dunkelheit. Ich öffnete die Tür einen vorsichtigen Spalt weit, als ich die Stimmen aus Karl Hoechstetters Zimmer hörte.
    »Soll das heißen, du hast sie nicht stumm gemacht?«, zischte Hoechstetter.
    »Sie hat mich niedergeschlagen. Mit einem Prügel.«
    »Ein Weibsbild hat dich überwältigt. Bist du nicht weit genug weggesprungen?«
    »Pass auf, was du sagst, Faktor.«
    »Lächerlich!«
    »Es war noch so ein Kerl bei ihr. Er schnüffelt schon seit ein paar Tagen hier herum. Am Anfang hat er sich als Beauftragter von Ulrich ausgegeben, aber er ist nur einer von den übrig gebliebenen Schleichern des alten Bischofs, genau wie der Burggraf.«
    »Er hat hier herumgeschnüffelt?«
    »Ja, er war mit dem Burggrafen im Haus, an dem Tag, nachdem der Teufel Stinglhammer geholt hat. Danach war er im Schwarzen Fass.«
    »Und der Kerl war bei dem Weibsbild?«
    Ich glaubte, Lutz schnauben zu hören. »Ich hatte ihn schon fast fertig gemacht, da haut mir die Fotze von hinten einen Prügel auf den Schädel. Als ich wieder zu mir gekommen bin, war eine Stange durch meine Kleider gesteckt, sodass ich mich nicht rühren konnte. Ich habe mein Hemd und meine Hose zerreißen müssen, damit ich freikam.«
    »Und wer ist dieser Kerl? Wie heißt er?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er der Vater der Fotze ist.«
    Ich sah vor mir, wie Hoechstetters Augen sich weiteten. »Der ... was? Der Vater? Verdammte Pest!«
    »Kennst du ihn?«
    »Er war auch bei mir.«
    »Dann hättest du ihn festhalten sollen!«
    »Woher sollte ich denn wissen ... und was ist mit den Briefen von Kleinschmidt? Waren welche da?«
    »Ich habe sie nicht fragen können. Ich bin kaum angekommen mit der Speckseite, da taucht schon ihr Vater auf. Aber auch wenn es Briefe von

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