Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
hin?«
    »Ich lasse sie von einem Toten bewachen, Täubchen.«
    Er kicherte. Plötzlich hob er die Hand, mit der er an sich gespielt hatte, und rieb sie ihr über das Gesicht. Sie zuckte zurück und spie aus. Er lachte.
    »Ich muss doch meine Duftmarke setzen, damit niemand dich mir wegnimmt«, sagte er. Dann trieb er seine erzwungene Komplizin und Gespielin aus dem Raum. Ich wartete so lange ich es aushielt, dann schlich ich mich auf Zehenspitzen vor, schloss die Tür und schob den Riegel wieder vor. Was geschehen war, war geschehen, und ich hatte nichts dagegen tun können, noch war es etwas Außergewöhnliches gewesen. Dennoch nahm ich mir vor, dass ich Lutz darüber stolpern lassen würde, wenn es irgendwann in meiner Macht stand: nicht über die Vergewaltigung, denn niemand würde sich dafür interessieren, wohl aber für den Diebstahl aus dem Lager seines Herrn.
    Dann widmete ich meine Gedanken wieder Karl Hoechstetter. Drüben in seinem Zimmer wartete er auf seinen Vetter, den Herrn des Hauses. So wie ich darauf wartete, dass der Tod das Haus betrat, um ihn vor ihm zu retten: den Mann, der meine Tochter auf die Straße gesetzt und das brutalste Schwein in der Geschichte Augsburgs hinausgeschickt hatte, sie umzubringen.
     
    Ulrich Hoechstetter war der Erste der erwarteten Ankömmlinge. Schnelle Schritte eilten über den Gang und vorbei an der Tür, hinter der ich mich befand, ohne ihr Aufmerksamkeit zu schenken. Allerdings waren es mehrere Paar Schuhe, die über den Holzboden polterten und zu Karl Hoechstetter eilten. Bestürztfragte ich mich, ob Ulrich mit Waibeln anrückte, um seinen Vetter festnehmen zu lassen – was sollte Jos Onsorg davon abgehalten haben, dem Heimkehrer tatsächlich unter die Nase zu halten, was sich während seiner Abwesenheit in seinem Haus abgespielt hatte?
    »Was zum Teufel ist hier los?«, donnerte eine angespannte Stimme, der man den Zorn gleichermaßen anhörte wie die Erschöpfung nach einer langen Reise. Ich stellte mir vor, wie Ulrich Hoechstetter breitbeinig vor dem Faktor stand, und kämpfte mit mir, ob ich die Tür öffnen und hinausspähen sollte.
    »Ich kann das alles erklären ...«, rief Karl Hoechstetter. Er fragte sich vermutlich, woher der Herr des Hauses so schnell Bescheid wusste. Hatte er doch auf ein paar Tage Zeit gehofft, bis Ulrich hinter die Pläne seines Faktors und des aus Bologna zurückgeholten Dädalus kam. Doch schien er sie bereits durchschaut zu haben, bevor er das Haus betreten hatte. Woher zum Henker ...? Vermutlich kam Karl nicht auf den Gedanken, dass die so verzweifelt gesuchten Unterlagen Stinglhammers in den falschen Händen gelandet waren – vielleicht hätte er Lutz genügend Zeit lassen sollen, ihm alle Einzelheiten aus der Unterhaltung mit mir zu eröffnen. »Es ist ganz anders, als es scheint ...«
    »Ich kann nicht den Hintern aus Augsburg hinausrecken, ohne dass was passiert!«, polterte Ulrich Hoechstetter. »Als ich im April bei Herzog Ludwig in Landshut war, wurde Bürgermeister Schwarz aufgehängt, und jetzt ist sein Nachfolger umgebracht worden.«
    »Ich bin genauso erschüttert wie du, ich habe sofort ...«, jammerte Karl Hoechstetter und brach ab. Er brauchte ein paar Augenblicke, um zu verstehen, was gesagt worden war. »Wer ist umgebracht worden?«
    Ich hielt mich an der Tür fest, um nicht zu Boden zu sinken. Jos Onsorg? Aber Karl Hoechstetter wäre nach allem menschlichen Ermessen ... was hatte der Bürgermeister mit Maria zu tun?
    Nichts, weil Maria unschuldig ist, sagte etwas in mir und begann zu jubeln.
    Jos Onsorg, der Bürgermeister? Der die als Hexe angeklagte Frau den inquisitorischen Bemühungen des Propsts von Sankt Ulrich entrissen hatte? Ermordet?
    »Man hat ihn vor ein paar Minuten gefunden«, sprudelte Ulrich Hoechstetter hervor. »Der ganze Rat ist schon unterwegs dorthin. Ich habe mir nur ein paar Männer geholt. Kommst du mit?«
    »Ich ... nein, ich ...«, stammelte Karl Hoechstetter verwirrt, »... das Podagra ... ich kann nicht...«
    »Zünd das Feuer an, das hilft«, stieß Ulrich Hoechstetter hervor. Ich merkte, dass ich plötzlich im Gang stand und wie betäubt dem Gespräch lauschte. Ich hatte mich getäuscht, das dritte Opfer war ein anderes, und Maria war unschuldig!
    Ulrich Hoechstetter stürmte aus dem Zimmer seines Faktors, gefolgt von drei Männern in seinen Farben, Gelb und Blau. Er stutzte, als er mich im Gang stehen sah.
    »Wo hat man den Bürgermeister genau gefunden?«, fragte ich, und für

Weitere Kostenlose Bücher