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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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grinsen. Der Schwachsinnige imitierte sein Verhalten; er grinste ebenfalls. Gregor warf ihm einen irritierten Seitenblick zu und heftete seine Augen dann wieder auf den gebückt dastehenden Bittsteller.
    »Natürlich, warum war mir das nicht von Anfang an klar?«
    Ich wandte mich ab und griff nach der Türklinke. Ich hatte kein Verlangen danach, zuzusehen, wie Hilarius Wilhelm und sein Schützling von Gregor zuerst mit ätzendem Spott und dann mit Zorn konfrontiert würden. Gregor würde sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sein Mütchen an den beiden zu kühlen; und da Wilhelm zumindest wegen seines Verschwindens aus Stinglhammers Schreibstube verdächtig war, würde er sich in der Wahl seiner Mittel kaum zurückhalten. Wilhelm war ein Narr, den Burggrafen aufzusuchen – und wenn man sein Anliegen in Betracht zog, war er ein großer Narr.
    »Und ich kann die weiteren Morde verhindern«, erklärte Wilhelm, und meine Hand erstarrte auf dem Weg zur Klinke. Ich drehte mich um. Gregor stand da wie vom Donner gerührt.
    »Wer sagt denn, dass noch weitere geschehen werden?«, krächzte er.
    »Haben Sie in der Stube des toten Mannes etwas gefunden? Etwas, das dort nicht hingehörte?«
    Gregor kniff die Augen zusammen. Der Schwachsinnige verlor das Interesse daran, ihn nachzuäffen. Sein Blick wurde wieder von der schimmernden Tischplatte angezogen. Er runzelte die Stirn. Offenbar hatte etwas sein Missfallen erregt. An einer Stelle, wo Gregor eine seiner Hände aufgestützt hatte, befand sich ein stumpfer Fleck. Ich merkte, dass ich die Türklinke noch immer umfasst hielt, und ließ sie los.
    »Was meinen Sie?«, fragte ich so nebenbei wie möglich. Wilhelm spähte über eine Schulter zu mir herüber und lächelte sein verzweifeltes Lächeln, ohne zu antworten.
    »Wer sind Sie?«, fragte Gregor mit gefährlichem Unterton. »Mein Name ...«
    »Den haben Sie uns schon mitgeteilt. Was sind Sie?«
    »Ich kann Ihnen helfen, glauben Sie mir!«, sprudelte Wilhelm hervor. »Lassen Sie mir nur freie Hand und sorgen Sie dafür, dass ich überall freien Zutritt bekomme ...«
    »Der Kerl ist verrückt«, sagte Gregor mehr in den Raum hinein als zu mir. Ich stellte mich hinter Wilhelm auf, und der schmächtige Mann sah beunruhigt zu mir hoch. Er konnte sich nicht entscheiden, wem er seine Aufmerksamkeit widmen sollte, Gregor vor ihm oder mir hinter ihm. Es war eine billige Verhörtaktik und nicht immer erfolgreich, dennoch war sie mir stets lieber gewesen als der Gang zum Gefängnis hinüber und zu dem kleinen engen Raum mit den Daumenschrauben, Gewichten und Streckmechanismen.
    »Was soll in Stinglhammers Arbeitsstube gewesen sein?«, fragte ich. Wilhelm blinzelte. Ich wusste bereits, worauf er anspielte, doch ich wollte es von ihm selbst hören. Ich dachte an meine Tochter Maria und an die Beerdigung, zu der ich hätte eilen sollen; doch noch mehr dachte ich an jene Tage, an denen Gregor und ich ähnliche Verhöre geführt hatten – an deren Ende ich schließlich den Falschen in den Tod getrieben und dennoch eine Mordserie beendet hatte. Falsch, korrigierte ich mich, falsch. Nicht beendet, sondern unterbrochen. Etwas war wieder aus dem Schlaf erwacht.
    Wilhelm ließ die Schultern sinken. »Ich bin ein Alchimist«, gestand er. Der Schwachsinnige räusperte sich lautstark und spuckte einen Batzen Schleim in seine Handfläche, klatschte diese auf den Tisch und begann den Inhalt heftig grunzend dort hinzureiben, wo der stumpfe Fleck gewesen war. Gregor sprang zurück, als wäre vor seinen Augen eine Schlange aus der Tischplatte geschnellt.
    »Gottverdammt!«, brüllte er fassungslos.
    »Ich kann helfen, ihn zu fassen«, stotterte Wilhelm. »Er muss in den Kreis zurückgetrieben und gebannt werden.«
    »Fangen Sie dieses Ferkel hier ein!«, kreischte Gregor unddeutete auf den Knaben, der mit dem Polieren fertig war und den nass glänzenden Fleck voller Stolz präsentierte. Als er bemerkte, dass die von ihm behandelte Fläche nun noch stärker glänzte als der Rest des Tisches, weiteten sich seine Augen in plötzlicher Abenteuerlust. Er räusperte sich erneut.
    »Verschwinden Sie ganz schnell von hier«, sagte ich zu Wilhelm. »Ihresgleichen können wir nicht gebrauchen.«
    »Aber hören Sie denn nicht? Es geht nicht darum, Gold zu machen oder ein Elixier zu brauen. In dieser Stadt geht ein Dämon um ...«
    Ich packte ihn am Arm. »Raus hier«, sagte ich und schob ihn auf die Tür zu.
    »Hör auf!«, brüllte Gregor in höchster

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