Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
Lautstärke. Der Schwachsinnige lächelte freundlich zu ihm auf und hob die Hand, um mit einer neuen Ladung Körperflüssigkeit einer weiteren Stelle des Tisches zu erhöhtem Glanz zu verhelfen. Gregor holte mit der Faust aus. Der Schwachsinnige zuckte zusammen und fiel vor dem Tisch auf die Knie. Er hob die Arme über den Kopf und begann zu wimmern. Gregor fiel in dem Versuch, so schnell wie möglich um den Tisch herumzukommen, fast über seine eigenen Füße.
»Der Junge«, stammelte Wilhelm und streckte den freien Arm aus. Ich schob ihn so heftig gegen die Tür, dass sie erzitterte. Der kleine Mann ächzte.
»Keine Beschwörungen!«, zischte ich und starrte in ...
die toten Augen in dem schrecklich zugerichteten Gesicht unter der klaffenden Schädelwunde und die unsägliche Masse, die in der Mitte des Trigramms an der Zellenwand geronnen war
... Wilhelms aufgerissene Augen und die Schweißtropfen, die auf seine Stirn traten. »Keine Gesänge, keine rückwärts gesprochenen lateinischen Verse, kein Salz ins Feuer, kein ›Ich beschwöre dich, verfluchter Geist‹, kein gar nichts!«
Ich schob ihn im Takt meiner Worte wieder und wieder gegen die Tür, während er versuchte, über meine Schulter zu spähen.
»Der Junge«, stöhnte er.
Ich drehte mich um. Der schwachsinnige Knabe war unter den Tisch gekrochen und wimmerte wie ein kleines Kind. Gregor versuchte fluchend nach ihm zu treten, doch der Knabe rutschte auf Händen und Knien aus der Reichweite seiner Tritte, bis er auf der anderen Seite des Tisches herauskam. Gregor schüttelte eine Faust und hastete um den Tisch herum, um sein Opfer dort abzufangen. Der Junge floh wieder zurück in die Deckung des schweren Tisches und schrie auf, noch bevor ihn einer der Fußtritte treffen konnte. Sein Gesicht war ein jämmerlich aufgerissener Mund und Rotz und Tränen. Ich drückte Wilhelm ein letztes Mal gegen die Tür, dann schrie ich, so laut ich konnte: »Gregor, du Idiot, lass den Jungen in Ruhe!«
Gregor fuhr herum und stierte mich an. Er deutete mit zitternder Hand auf den Tisch. »Sieh dir das an«, keuchte er, »was das Schwein angestellt hat. Sieh dir die Sauerei an!«
»Lass ihn in Ruhe«, sagte ich erneut. »Er ist blöde, merkst du das nicht? Er kann nichts für das, was er tut.«
Der Junge unter dem Tisch schluchzte. Gregor fletschte die Zähne. Er ballte die Fäuste und hieb auf die Tischplatte. Der Junge schrie auf. Gregor bückte sich.
»Halt's Maul!«, brüllte er. Dann kam er mit raschen Schritten in die Mitte des Raums und deutete auf Hilarius Wilhelm.
»Mach, dass du hier rauskommst!«, zischte er. »Das Ferkel dort gehört in einen Käfig, und wenn du es nicht sofort hervorzerrst und zusammen mit deinem eigenen traurigen Hintern aus meinem Palast entfernst, dann ... ich sag dir was: Ich sorge dafür, dass ihr beide in einem Käfig landet ... auf halber Höhe des Perlachs, und die Käfigschlüssel lasse ich einschmelzen.«
Wilhelm kroch seitwärts zwischen mir und der Tür hervor. Ich trat einen Schritt zurück und senkte die Hände. Wilhelms Mundwinkel zuckten, und sein Gesicht war totenblass. Ich bedauerte, was ich gesagt und getan hatte.
Der Knabe kroch zögernd ins Freie und ließ sich von Wilhelm auf die Beine stellen. Er warf Gregor ängstliche Blicke zu, als sein Beschützer ihn in Richtung Tür führte. Ich machte noch einen Schritt beiseite und öffnete die Tür.
»Bitte!«, sagte Wilhelm, als sie an Gregor vorbeischlurften. »Raus.«
Wilhelm ließ den Kopf hängen. Der Junge schniefte noch einmal und wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht. Dann hob er den Blick, die eben durchgestandene Angst schon wieder vergessen, und sah mich an. Sein breiter Mund verzog sich zu einem Lachen. Er deutete auf meine Brust. Ich sah an mir herunter. Die Kragenverschnürung meines Hemdes war bis zu meinem Brustbein hinunter aufgegangen, und Janas Medaillon blinkte. Sie hatte es abgenommen und mir übergestreift, als wir uns außerhalb der Tore Münchens getrennt hatten, bevor sie die Straße nach Ingolstadt und ich die nach Augsburg einschlug. Der Junge grunzte entzückt.
»Das gehört mir«, hörte ich mich sagen.
Der Junge lachte und ließ sich widerstandslos von Wilhelm weiterzerren. Er machte nicht einmal Anstalten, den Schmuck anzufassen. Als sie draußen waren, sprang Gregor zu mir herüber und knallte die Tür zu. Er atmete auf.
»Es ist noch viel zu früh am Tag für so einen Blödsinn«, brummte er und schüttelte den
Weitere Kostenlose Bücher