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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Schultern sinken und sah ihm in die Augen.
    »Ihr Mann ist auf der letzten Reise gestorben, habe ich Recht?« Er zuckte mit den Schultern. »War nicht schwer zu erraten. Du bist gekommen, um sie mit nach Hause zu nehmen. Oder hast du sie aufgesucht, weil du die näheren Umstände seines Todes kennst und ihr mitteilen wolltest?«
    Ich räusperte mich. »Beides.«
    »Hast du was damit zu tun?«
    Wenn er sich auf eine Sache einließ, war er ausgesprochen scharfsichtig. Das war der Grund, weshalb Bischof Peter ihn in seinem Dienst behalten hatte; wie es auch Gründe dafür gab, dass er ihn nie protegiert oder als Freund betrachtet hatte. Stets hatte ich das Rennen gemacht, wenn es um die Gunst des Bischofs ging. Wenn man Gregor etwas zugute halten musste, dann, dass er mich nie hatte merken lassen, sollte er mich deswegen gehasst haben.
    »Ich bin daran schuld«, sagte ich. Er sah mich abwartend an, doch ich beabsichtigte nicht, ihm mehr darüber mitzuteilen.
    »Dann war das auch der Grund für deinen Besuch bei Stinglhammer – die Suche nach deiner Tochter.«
    »Ich hoffte, irgendjemand im Haus Hoechstetter würde wissen, wo sie ist; oder wenigstens, was sie sagte, bevor sie verschwand.«
    Gregor drückte gegen die Tür, und nach einem Moment des Zögerns ließ ich zu, dass er sie wieder schloss.
    »Wir sind doch Freunde«, sagte er und legte die andere Hand auf meinen Arm. »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht.«
    Er zog mich zurück zum Fenster. Einen Augenblick lang war ich überzeugt, dass er nachsehen wollte, ob der alte Mann den Sattel nun weggeschafft hatte, und wollte mich losreißen; doch er ließ das Fenster geschlossen und starrte durch die Butzenscheiben hinaus auf den Dom und die Mauern und Tortürme, die die Bischofspfalz umgaben. Dann rieb er sich den Bauch und schüttelte den Kopf. Aus der Nähe gesehen, wirkte die Haut unter seinen Augen schmutzig grau.
    »Die Stimmung in der Stadt...«, begann er und verstummte wieder. »Damals war es genauso.«
    Ich nickte stumm; ich wusste nur zu gut, worauf er anspielte.
    »Wir waren überzeugt, die Geschichte sei vorbei, als dieser unglückliche Junge sich im Kerker das Leben genommen hatte. Sogar die Bitte, einen Inquisitor zu senden, wurde wieder zurückgezogen.«
    Er wandte sich vom Fenster ab und sah mich an.
    »Du hast damals geglaubt, wir hätten den Falschen erwischt, nicht wahr?« Er sah wieder zum Fenster hinaus und schien sich zu fragen, wieso er das Thema überhaupt angeschnitten hatte.
    Vor mehr als zwanzig Jahren war in Augsburg ein Wolf umgegangen. Wir hatten etwas gefangen, aber niemand hatte mir glauben wollen, dass es ein Schaf gewesen war. Ein Tod in einer feuchten Gefängniszelle, der Abschluss einer Mordserie, undjedermann war davon überzeugt gewesen, dass der Tote vor dem in der Wand eingeritzten Trigramm der Mörder war, der die wohl verdiente Strafe bekommen hatte. Am Ende hatte auch ich daran geglaubt.
    Doch war ich tatsächlich davon überzeugt gewesen?
    Das wirkliche Ende war, dass ich die Geschichte verdrängt hatte. Jetzt öffnete sich das Buch wieder, und eine unsichtbare Hand schrieb sie weiter. Mein Herz klopfte heftig beim Gedanken an Maria.
    »Peter, du musst mir helfen. Man erwartet große Dinge von mir. Ich schaffe es auch allein, aber mit dir zusammen ist es leichter. Ich habe nicht so viel Zeit.«
    »Du hast vergessen, dass ich hier selbst etwas zu erledigen habe.«
    »Habe ich nicht.« Er rang sich ein Lächeln ab, und es schien, als müsse er seine Gedanken mit Gewalt in ein anderes Fahrwasser zwingen. »Wenn dein Schwiegersohn für die Hoechstetter arbeitete, dann ist es für deine Tochter nicht so einfach, sang- und klanglos zu verschwinden. Allein deshalb nicht, weil sie Geld braucht, um zu überleben. Es gibt einen Fonds für die Witwen und Waisen der Männer, die im Dienst der Familie umkommen, und wenn sie nicht mehr in einem der Häuser wohnt, die den Hoechstetter gehören, müsste ihr stattdessen ein Witwenpfennig ausbezahlt werden. Du brauchst nur zu fragen, wohin das Geld geht – oder warten, bis sie es sich abholt.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass heute im Hause Hoechstetter jemand bereit ist, über derartige Dinge zu sprechen.«
    »Du musst mit dem richtigen Mann reden.« Er verschränkte die Finger und ließ die Gelenke knacken. Dann drehte er sich mit einer übertriebenen Gebärde um und eilte hinter den Tisch. Er streckte die Hand nach einem Federkiel aus. »Ich schreibe dir eine Empfehlung

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