Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
garstig fort.
    Wilhelm schlug die Augen nieder. »Wollen Sie mich bei den Behörden anzeigen?«
    »Ich will, dass Sie verschwinden. Ihresgleichen bringt Unheil.«
    »Die Totengräber haben das Gleiche über Sie gesagt.«
    Der kleine Hund bellte. Wilhelms schwachsinniger Knabe hatte sich auf den Boden gekniet und machte lockende Geräusche, woraufhin der Hund sich vor ihm auf den Bauch kauerte und hektisch mit dem Schwanz wedelte. Der Junge lachte und fuhr damit fort, den Hund anzulocken, der hin- und hergerissen war zwischen dem Verlangen, sich bei jemandem etwas Liebe abzuholen, und der Angst vor der Peitsche auf der anderen Seite. Die Gaukler beobachteten die Szene mit nervöserNeugier; der Besitzer des Hundes verzog finster das Gesicht. Als der Hund zu jaulen begann, jaulte der Junge fröhlich mit.
    »War es damals nicht genau so?«, fragte Wilhelm und blinzelte nervös. »Zwei Morde, und jeder hatte Angst, dass ein dritter geschehen würde?«
    »Es gab keinen dritten Mord. Und es gab einen Mörder, der sich selbst überführte.« Ich sagte es gegen meine Überzeugung.
    »Man hat versucht, es den Grubenleuten anzuhängen.«
    »Die Grubenleute waren nichts als Sektierer.« Auch das waren nicht meine eigenen Worte. Es waren nicht einmal die Bischof Peters, der damals ausnahmsweise mit der Stadt zusammengearbeitet hatte, um die Morde an den beiden jungen Frauen aufzuklären. Die Behörden hatten die Grubenleute kurz zuvor aus der Stadt vertrieben, und der Bischof fürchtete, einige von ihnen könnten heimlich zurückgekommen sein. »Es spielt keine Rolle, was die Burschen glauben und ob sie denken, Gott habe die Bibel höchstpersönlich mit einem Federkiel geschrieben, den er dem Erzengel Gabriel aus dem Flügel gerupft hat«, hatte der Bischof gesagt. »Wenn sie zurückgekommen sind, dann hängen sie ihnen die Morde an und dann gibt es hier ein Pogrom wie im Judenghetto. Das Einzige von den Grubenleuten, das die Stadt dann noch verlässt, ist der Rauch, der von ihren Scheiterhaufen aufsteigt.«
    »Wenn wir das Schwein nicht rechtzeitig finden, das die beiden Weiber umgebracht hat, wird Blut fließen«, hatte er dann angefügt. »Und das wird nicht mal der Herrgott verhindern können.«
    Es war Blut geflossen, aber die einzigen Hände, an denen es klebte, waren die meinen.
    »Lassen Sie mich helfen«, sagte Wilhelm.
    »Sie reden mit dem Falschen. Der Burggraf ist der Mann, den Sie überzeugen müssen.«
    »Der Burggraf ist Ihr Freund.«
    Ich beschloss, nichts dazu zu sagen. Wilhelm begann von neuem.
    »Er hört auf Sie.«
    »Er hört auf niemanden als sich selbst.«
    »Sie irren sich.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Haben Sie einen kleinen schwarzen Dämon geschickt, der dem Burggrafen auf der Schulter hockt und ihn seufzen hörte: Wenn mir nur jemand sagen würde, was ich tun muss?«
    »Um das zu sehen, bedarf es keines Dämons.«
    Der Besitzer des Hundes ließ die Peitsche durch die Luft knallen, um zu zeigen, dass die Pause vorüber war. Der Hund presste sich verzweifelt auf den Boden und versuchte dann von neuem, der Ziege auf den Rücken zu springen. Mittlerweile war er nichts als ein völlig verängstigtes, erschöpftes Bündel Fell, das sich nicht einmal auf dem Rücken der Ziege hätte halten können, wenn man ihn hinaufgehoben hätte. Er prallte gegen die Hinterbacken der Ziege und entging mit knapper Not einem neuerlichen Hufschlag, was der schwachsinnige Knabe mit gerunzelter Stirn betrachtete.
    »Sie müssen den Kreis nicht fürchten«, sagte Wilhelm. »Er ist nur ein Werkzeug.«
    »Ich fürchte ihn nicht, ich hasse ihn.«
    »Ist das nicht das Gleiche?«
    Ich sah ihn grimmig an.
    »Was geschehen ist, ist geschehen«, seufzte Wilhelm. »Ich kann es nicht rückgängig machen. Aber ich kann weiteres Unglück verhindern. Wer war die Frau am Grab von Martin Dädalus?«
    »Hatten Sie sich während der Beerdigung irgendwo zwischen den Gräbern verkrochen?«
    »Ich war in der Nähe. Ich wollte nicht, dass uns jemand sieht. Worüber haben Sie mit der Frau gesprochen?«
    »Kümmern Sie sich um Ihre Angelegenheiten.«
    »Das kleine Symbol«, fragte er hartnäckig. »Woher hatte sie es?«
    »Ein Bettler auf dem Brotmarkt verkauft sie. Aber woher es stammt, ist nicht die Frage.«
    »Richtig. Wichtiger ist, warum sie es ins Grab gelegt hat.«
    Die Gaukler lachten plötzlich. Der Knabe hatte sich hinter der Ziege auf den Bauch geworfen, ungeachtet der vielen frischen Nüsschen, die das Pflaster dort zierten. Der Hund

Weitere Kostenlose Bücher