Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
nicht vom Thema ab.«
Er seufzte. »Was willst du hören? Dass es mir Leid tut? Wie oft habe ich mich nun schon bei dir entschuldigt, seit wir uns heute Morgen wiedergesehen haben? Ist das vielleicht einer Freundschaft wie der unseren würdig?«
»Was du versucht hast, ist jedenfalls keiner Freundschaft würdig.«
»Zum Teufel, ja, es war mies! Jetzt habe ich es gesagt! Ist dir wohler?« Er wies zum Fenster hinüber und wartete ab, bis ein lautes Donnergrollen verklungen war. »Kann ich sonst noch was für dich tun, außer dir einen Unterschlupf zu gewähren, bis es zu regnen aufhört?«
»Nein, kannst du nicht.«
»Hervorragend«, brummte er. Er sah mich an und ließ die Schultern sinken. Dann schüttelte er den Kopf. »Ich hatte mich so gefreut, dich zu sehen.«
»Vielleicht kann ich doch etwas für dich tun«, sagte ich.
»Und das wäre? Mir einen Arschtritt geben, damit mir nicht nur der Kopfwehtut?«
Ich stand auf und streckte mich. »Ich will dir helfen«, erklärte ich.
Er riss die Augen auf. Sein Kiefer sank herab. »Du willst was?«
»Ich helfe dir, die beiden Morde aufzuklären.«
Gregor saß bewegungslos da. Seine Brauen waren zusammengezogen. Er forschte in meinem Gesicht. Dann glättete sich seine Stirn, und ein Lächeln stahl sich langsam in seine Mundwinkel. »Ehrlich? Ich werd verrückt!«
»Bild dir bloß nicht ein, du hättest mich mit deiner plumpen Manipulation geködert.«
Er wäre nicht er gewesen, hätte er nicht ein wenig breitergegrinst und gesagt: »Ich wage gar nicht, darüber nachzusinnen, was sonst deine Beweggründe sein könnten«; und ich, der ich gewusst hatte, was er sagen würde, dachte: Und du wirst sie auch niemals erfahren.
»Was hast du als Nächstes vor?«, erkundigte ich mich.
»Ich wollte zu Stinglhammers Gesinde. Der Kerl hat wenigstens ein paar Leute hinterlassen, die man befragen kann. Ich wollte nur warten, bis der Regen aufhört.«
»Wenn ich dich später dabei unterstützen kann ...«
»Ich bitte darum!« Er sprang plötzlich auf, und ein so breites Grinsen verzog sein Gesicht, dass seine Nase hervorsprang wie der Schnabel eines Raben. »Du lieber Himmel, Peter! Ich glaube es noch gar nicht.« Er streckte eine Hand aus, und ich schüttelte sie, schon wieder entnervt von seiner pompösen Gestik. »Herzlich willkommen.«
»Schon gut.«
Er lachte und rieb sich Hände. »Geht in Deckung, dunkles Gesindel«, kicherte er. Dann erhob er die Stimme und rief nach dem Schreiber. Dessen Gesicht war reglos, als er die Tür öffnete und hereinspähte.
»Lass mein Pferd aufsatteln; die Arbeit ruft.«
Der Schreiber warf mir einen Blick zu. Gregor deutete auf mich.
»Dieser Mann hat ab sofort freien Zugang in den Palast und in meine Arbeitsräume. Er ist mein Untersuchungsbeamter.«
Der Schreiber brummte: »Wie Sie wünschen, questor«, und trat den Rückzug an.
»Solange ich die Geschäfte des Bischofs vertrete, kannst du mich mit Exzellenz anreden«, sagte Gregor. »Das habe ich, glaube ich, schon oft genug gesagt.«
»Verzeihung«, sagte der Schreiber und schlüpfte hinaus. Über die natürliche Servilität eines Untergebenen gegenüber einem Höhergestellten hinaus schien er von Gregors Zurechtweisung nicht sonderlich beeindruckt zu sein.
»Um eines klarzustellen – ich bin nicht dein Untersuchungsbeamter.«
»Na ja, natürlich nicht. Aber einem einfachen Geist muss man einfache Erklärungen liefern, oder?«
»Wir führen diese Ermittlung als gleichberechtigte Partner durch. Wir informieren uns gegenseitig über alles Wichtige, was wir herausgefunden haben – und keiner unternimmt wesentliche Schritte, ohne mit dem anderen vorher darüber gesprochen zu haben.«
»Lieber Gott, ja, kein Problem.«
»Andernfalls verschwinde ich sofort, egal, ob der Fall gelöst ist oder nicht.«
Gregor lächelte. »Du kannst mir viel erzählen, aber dass du mitten in den Ermittlungen zweier Morde aufhörst, weil dein Partner dich mal aus Versehen schief angeschaut hat, das glaube ich nie und nimmer. Ich sag dir was: So gut kenne ich den alten Petrus dann doch.«
»Es ist viel Zeit vergangen.«
Er beschloss, meine Worte leicht zu nehmen. »So kommt es mir gar nicht vor.«
»Ich logiere in einer Herberge am Roten Tor, neben dem Spital.«
»Beim Frommen Pilger?«
»So heißt es.«
»Es gibt bessere Adressen.«
»Es heißt, die Matratzen dort enthielten weniger Ungeziefer als sonst üblich.«
Er zuckte mit den Schultern. »Was ist mit deiner Tochter?«, fragte er
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