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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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mich um die alten Kerle«, flüsterte er mit der Lautstärke eines Söldnerhauptmannes, der einem ganzen Heerzug den Befehl zur Richtungsänderung gibt. Die Milch schwappte beim Reden über seine Lippen, und er wischte sich ungeduldig das Kinn ab. »Ohne mich sind die aufgeschmissen.«
    Ich warf unwillkürlich einen Blick zu Elisabeth, die neben ihm stand und lachend das Brot zerkleinerte. Er folgte meinem Blick und runzelte die Stirn. »Sie hilft mir dann und wann dabei«, gestand er.
    Ich stand auf und reichte ihm die Hand. Er erwiderte meinen Händedruck ohne Kraft und ohne mich sofort wieder loszulassen.
    »Es war mir eine Ehre, Sie wiederzusehen«, sagte ich und brachte es nicht über mich, ihn so vertraulich anzureden wie er mich. »Alles Gute weiterhin.«
    Dann nickte ich seiner Enkelin zu und schritt zur Tür. Ichhatte sie schon erreicht, als er es endlich geschafft hatte, hinter dem Tisch hervorzukriechen und mir hinterherzuhasten. Auf dem Kutschbock hatte er stets groß gewirkt; als er nun vor mir stand, war er nur ein knochiges, mittelgroßes altes Männlein, dessen Miene durch die borstigen Augenbrauen robuster wirkte, als er in Wirklichkeit war. Er packte meinen Ärmel.
    »Glaubst du etwa, dass wir dich so einfach gehen lassen?«, donnerte er. »Wo wir so lange auf dich gewartet haben!«

6.
    Ich deutete auf Elisabeth, die uns stirnrunzelnd beobachtete. »Auf sie habt ihr gewartet, nicht auf mich.«
    Er winkte ungeduldig ab. »Wegen des Brotes, ja. Das meine ich nicht.«
    Er zwinkerte und versuchte, mich von der Tür fortzuziehen. Ich gab nach und folgte ihm in die entfernteste Ecke des kleinen Raums, wo er mit einer Stimme zu flüstern begann, der man von außerhalb der Tür auch noch mühelos hätte folgen können. Elisabeth gesellte sich zu uns und sah immer noch vage beunruhigt darüber aus, was ihr Großvater im Schilde führte. Als er merkte, dass sie sich uns näherte, winkte er sie heran.
    »Meine Enkelin«, sagte er stolz. »Elisabeth. Schön wie ihre Mutter und klug wie ihr Großvater.« Er grinste und legte den Arm um ihre Schultern, dabei war er kaum so hoch wie sie. Sie lächelte und küsste ihn auf die Wange. »Sie sorgt dafür, dass das Essen nie ausgeht. Wenn er so schlau ist, wie er von sich glaubt, dann macht er sie zu seiner Leibköchin, dieser ... dieser ... na, zum Teufel, wer soll sich all die Namen merken.«
    Elisabeth fasste in die Schürze und zog ein zusammengefaltetes Leintuch heraus. »Etwas Käse, Großvater. Ist heute Morgen übrig geblieben.« Sie hob es hoch und zeigte es den anderen. Diese lachten und pfiffen und begannen zu klatschen. Sie sah mir in die Augen und lächelte über die Begeisterung der alten Männer.
    »Sie sind hier offenbar der gute Engel«, sagte ich.
    »Wenn man nicht mehr nützlich ist, verschwindet man schnell aus der Aufmerksamkeit der Mächtigen. Ich bin bei jedem dieser Männer auf dem Knie geritten, als ich noch einkleines Mädchen war, und habe mir Leckerbissen und selbst geschnitztes Spielzeug zustecken lassen. Heute kann ich ihre Liebe mit praktischen Dingen erwidern.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie eine Familie hatten, Albert«, sagte ich. »Ich habe Sie immer nur allein gesehen.«
    »Es gab den Dienst für Bischof Peter. Alles andere hatte dabei nichts zu suchen.« Er richtete sich ein wenig auf und warf sich in die Brust. »Wenn mir die Kraft nicht ausgegangen wäre, würde ich ihn heute noch fahren.«
    »Er hat auf der letzten Fahrt des Bischofs nach Augsburg die Kutsche gelenkt«, flüsterte Elisabeth, während Albert nach seinen selbstbewussten Worten vor sich hinstarrte und vage zu ahnen schien, dass er den Anschluss an die Gegenwart verloren hatte. »Er ist eigens dazu nach Dillingen gereist. Der Bischof hatte darum gebeten.«
    »He«, rief einer von den anderen Alten zu uns herüber. Als Elisabeth sich umdrehte, hielt er ein triefendes Brotstück in die Höhe. Er wartete, bis er die Aufmerksamkeit aller hatte, dann krächzte er: »Ich habe dieses Brotstück Gregor von Weiden getauft. Solange es ruhig liegt, ist es hart wie Stein – aber wenn man es tief genug eintunkt, wird es zu Brei.«
    Die Zuhörer kicherten; Elisabeth verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Albert sah missmutig aus.
    »Kindische Bande«, brummte er. »Hör mal, Bub, du musst wissen, was hier los ist, sonst kannst du nicht anfangen.«
    »Anfangen?«, wiederholte ich. »Anfangen womit?«
    »Hier wieder Ordnung reinzubringen.«
    »Großvater ...«, seufzte

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