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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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B-b-b-b-b...«
    »Es war ziemlich ungerecht vom Burggrafen, Sie mit dem Mord an Stinglhammer in Verbindung zu bringen, finden Sie nicht? Hat es Sie überrascht?«
    Er fuhr zurück und starrte mich mit demonstrativem Argwohn an. Seine Brauen waren zu sehr gerunzelt und seine Augen zu sehr zusammengekniffen. Als Komödiant wäre er damit vielleicht durchgekommen.
    »Ich meine«, fuhr ich im Gesprächston fort, »da er Ihnen und Ihrem Kameraden doch eine Belohnung versprochen hat, damit Sie ihn im Notfall alarmieren und nicht die Stadtwache?«
    »W-w-w-was meinen Sie damit?«
    »Der Burggraf war gestern Vormittag gar nicht bei Georg Hoechstetter. Der Grund dafür ist, dass Georg Hoechstetter ihn nicht erwartete, und der Grund dafür ist, dass es keinen offiziellen Auftrag an den Burggrafen gibt, sich um die Morde zu kümmern. Ich weiß nicht, woran Georg Hoechstetter zurzeit seine Konzentration verschwendet, aber die Vorgänge im Haus seines Vaters sind es nicht. Er hätte die Dinge ihrem Lauf und dem Stadtvogt und dem Bürgermeister den Mordfall überlassen.«
    Der Mund des Schreibers arbeitete. Ich lächelte ihn kühl an und merkte, dass ich einen Freund verlor.
    »Ich habe k-k-k-k-...«, begann er.
    »Keine Ahnung, ja«, sagte ich. Er ballte eine Faust und atmete ein, dann drehte er sich abrupt um und rannte mit hastigen Schritten die Treppe hinunter. Ihr Stakkato klang fast wie sein Stottern, und ich wusste nicht, ob mir diese Beobachtung Anlass zum Lachen oder zur Resignation gab oder ob sie ganz einfach so fehl am Platz war wie ein Mann mit gebrochenem Genick hinter seinem Arbeitstisch, während die Morgensonne Kringel auf das nigromantische Höllentor in seiner Stube malte.
     
    Als ich die Arbeitsstube Karl Hoechstetters erneut betrat und hinter den beiden Männern stehen blieb, deutete Hoechstetter auf eine freie Stelle neben einem der Stapel und sagte lustlos: »Dort ist noch Platz.« Er machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen.
    »Ich habe zwar etwas mitgebracht«, sagte ich, »aber was ich dabeihabe, sind Fragen und keine Dokumente.«
    Hoechstetter und sein Helfer drehten sich verblüfft um. Der junge Mann machte schmale Augen, während Karl Hoechstetter mich von oben bis unten musterte.
    »Wie sind Sie denn hier hereingekommen?«, fragte er schließlich und zeigte damit so etwas wie Geistesgegenwart. Seine Stimme war rau und tief, das Organ eines Mannes, der seine Kehle mit zu viel Wein ölte und mit Obstbränden nachhalf, wenn ihm vom üppigen Essen flau im Magen wurde. Sein Gewand hing an seinem knochigen Körper wie eine Fahne an der Stange, wenn der Tag windstill ist, und was über seinem Bart von seinem Gesicht zu sehen war, war ungesund fleckig und grobporig. Die Augen waren eingesunken und von braunen Höfen umgeben. Ich korrigierte meinen ersten Eindruck: Er war sicher niemand, der üppig aß; die Obstbrände verschmähte er dennoch nicht.
    »Wie jeder, der dazu Lust hat«, erwiderte ich. »Durch die Tür und dann immer der Nase nach.«
    Er seufzte. Schließlich rappelte er sich auf, was ein langsamer und komplizierter Prozess war, den er mit Ächzen und verkniffenen Lippen begleitete. Als er diesen hinter sich gebracht hatte, humpelte er zu seinem Stuhl hinüber und ließ sich hineinsinken. Er holte tief Atem und begann, sein rechtes Knie zu reiben.
    »Podagra«, stöhnte er und versuchte offensichtlich, der Schmerzen Herr zu werden. »Scheißnebel. Ich lebe am falschen Platz.«
    »Ein warmes Feuer wirkt Wunder.«
    Er winkte ab. »Ich stehe heute noch lange genug vor dem Feuer.« Dann riss er sich zusammen und hob das Kinn. »Was wünschen Sie?«
    Ich nannte ihm meinen Namen, woraufhin er ein Auge zusammenkniff und seine eingehende Musterung nochmals durchführte. »Sie sind der Mann, der die Tuche für Georgs Abschiedsfeier liefert. Ich sehe so was. Ihre Kleider stammen aus Italien. Lombardisches Tuch? Florentiner?«
    »Was die Kleider betrifft, haben Sie richtig geraten.«
    »Ich selbst trage nur panno pratese«, sagte er mit gespielter Gelassenheit. »Vor Ort mit paonazzo gefärbt.«
    »Eine Mischung aus Krapp und Waid«, erwiderte ich und erinnerte mich an meine eigenen Jahre als Händler, durch dessen Hände oft genug Tuch gewandert war. Hoechstetter strich unbewusst über die Falten seiner Kleidung und nickte zu meinen Worten. Ich verschwieg ihm, dass das rote Wams meines eigenen Gewandes das feine scarlatto war, gefärbt mit grana, die die florentinischen Tuchfärber aus dem

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