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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Körpersekret eines winzigen Käfers gewannen. Lorenzo de' Medici hatte nicht viele Worte um die Gewänder gemacht, mit denen er uns die materiellen Verluste in Florenz ersetzen wollte, doch Jana und mir war gleichermaßen klar gewesen, mit welchem Luxus er uns ausgestattet hatte. Hoechstetter musterte mich noch immer und schien zu erkennen, dass er mit seiner Kleidung vor jemandem geprahlt hatte, dessen eigene Gewandung das Zehnfache der seinen wert war. Seine Miene wurde abweisend. Ich verfluchtemich dafür, nicht die abgetragenen Sachen angezogen zu haben, in denen ich hierher gereist war.
    »Zu wem wollen Sie eigentlich?«
    »Zu Karl Hoechstetter.«
    »Das bin ich. Ich verwalte die Finanzen des Hauses.«
    Ich nickte. »Soviel habe ich gehört.«
    Er versuchte es leicht zu nehmen. »Bin ich etwa Stadtgespräch?«
    »Sind Sie auch für die Auszahlung des Witwenpfennigs und für die Behausung der Frauen zuständig, deren Männer im Dienst des Hauses Hoechstetter ums Leben gekommen sind?«
    Hoechstetter dachte einige Sekunden nach, scheinbar, ohne zu einem wirklichen Ergebnis zu kommen. Seine Hand massierte weiterhin sein Knie, als wäre sie von seinem Gehirn unabhängig, und über seine Züge zuckten immer wieder schmerzliche Grimassen, wenn eine empfindliche Stelle des geschwollenen Gelenks zu stark gedrückt wurde.
    »Sie sind kein Lieferant?«
    Ich schüttelte den Kopf. Er schüttelte den seinen mit, um seinem Unverständnis Ausdruck zu geben. »Was kommen Sie dann hierher und stehlen mir die Zeit...?«
    »Ich suche nach einer Frau, genauer gesagt, der Witwe eines der Fernkaufleute dieses Hauses.«
    »Ich habe keine Zeit...«
    »Sie ist meine Tochter.«
    »Das ist schön für Sie oder auch nicht, Zeit habe ich deswegen immer noch nicht.« Er machte Anstalten, sich aus dem Stuhl zu rappeln, um mir zu verstehen zu geben, dass meine Audienz beendet war.
    »Ich habe gehört, dass es in diesem Haus einen Todesfall gegeben hat«, sagte ich. »Ich möchte meine Anteilnahme zum Ausdruck bringen.«
    Er zögerte kurz und richtete sich dann auf. »Ich werde es meinem Vetter Ulrich ausrichten, wenn er zurück ist.« Unwillkürlich hielt er auf seinem mühsamen Weg zurück zu seinemHelfer und den Stapeln inne. »Sie können Ihre Kondolenzwünsche auch seinem Sohn mitteilen.«
    Ich folgte seinem Blick. In dem offenen Durchgang, der zu der Zimmerflucht mit dem Schlafraum an deren Ende führte, stand ein groß gewachsener junger Mann, der mit gerunzelten Brauen ein Dokument in seiner Hand studierte, ohne aufzusehen.
    Georg und Karl Hoechstetter konnten ihre Verwandtschaft nicht leugnen. Beide waren hoch gewachsen und von langgliedriger Gestalt, doch wo der Faktor knochig und hager war, stand der Sohn des Hausherrn gut im Fleisch, seine Wangen waren voll und sein Teint rosig und nicht teigig. Er blickte auf. Sein Gesicht zeigte Verwirrung und Empörung. Er hielt das Papier anklagend in die Höhe.
    »Was hat denn das zu bedeuten?«, begann er ohne Einleitung. »Hier steht ganz was anderes drin als das, was ich mit dem Schneider besprochen habe.«
    Karl Hoechstetter humpelte zu ihm hinüber. »Lass sehen«, sagte er und griff nach dem Dokument, doch Georg Hoechstetter entzog es ihm.
    »Ich habe einen hohen englischen Hut gewünscht mit einer Halbkrempe und einer Brosche über der Stirn, eine Schaube mit Hängeärmeln und Pelzbesatz, die Ärmel des Hemdes lang und mit einer Knopfnaht und den Kragen des Wamses ausgeschnitten, damit ich die Goldkette tragen kann!« Er hörte sich an wie ein Kind, das sich über die Grütze beschwert, weil es Kuchen erwartet hat. »Stattdessen steht hier wieder der alte Unsinn: der flache Hut mit der Rollkrempe und der vermaledeite hohe Kragen!«
    Hoechstetter zerknüllte das Papier mit wütenden Bewegungen, dann hielt er inne und glättete es mühsam wieder. Er warf dem Vetter seines Vaters einen Blick zu, der ärgerlich wirken sollte und doch eher von Unsicherheit sprach.
    »Der hohe Kragen steht dir besser. Das sagt auch deine Frau Lucia.«
    »Ja, aber in Venedig trägt man heute das Wams ausgeschnitten ...«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Martin Dädalus hat es gesagt. Was immer er ... jedenfalls war er dort, oder?«
    »Er war in Bologna.«
    »So weit ist das ja nicht auseinander.«
    »Lucia hat gesagt, ein hoher Kragen gibt dir eine königliche Haltung.«
    Georg lächelte. »Tatsächlich?«
    Karl Hoechstetter sah ihn an und lächelte ebenfalls. Ich konnte deutlich erkennen, dass er seine Ungeduld

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