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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Tochter auszuzanken.
    Ulrich fuhr mit der Schelle und Donnerstimme dazwischen.
    »Hat sonst noch jemand Klage gegen Meister Hardo zu führen?«
    In der schweigenden Runde kam zunächst keine Antwort, dann sagte der Domgraf lakonisch: »Nein.« Es schloss sich ihm der Kaplan an, ebenso der Stiftsherr. Jonata rückte von ihrem Mann noch weiter ab in Richtung ihrer Mutter und schüttelte stumm den Kopf. Da war weiterer Ärger zu erwarten. Der Gelehrte zuckte mit den Schultern und sagte nichts. Er schien wieder einmal nicht von dieser Welt zu sein.
    »Gut dann. Ich habe Eure Bedenken zur Kenntnis genommen, ehrwürdige Mutter. Ich selbst habe Meister Hardo eingeladen, wohl wissend, um wen es sich bei ihm handelt. Ich habe die Entscheidung darüber zu fällen, wem das Lehen zugesprochen werden soll. Seine Meinung ist mir wichtig, denn er kennt die Verhältnisse auf der Burg. Er ist zudem eindeutig unschuldig an dem Tod des Verwalters Sigmund
und hat sich überaus umsichtig bei der Aufklärung dieses Falles gezeigt. Und darum wird er als geachteter Sänger und Erzähler bei uns bleiben, bis mein Entschluss gefallen ist. Es steht Euch jedoch frei, ehrwürdige Mutter, die Mahlzeiten in Eurer Kemenate einzunehmen. Ihr, Herr Lucas, habt nicht über die Diener anderer Herren zu befinden, weshalb Meister Hardo mit Recht Eure Bitte abgelehnt hat, Ismael Euch barbieren zu lassen. Frau Loretta, Euer Tand wurde gefunden, nicht entwendet.«
    »Das sagt Ihr, weil der kleine Lügner Euch das erzählt hat.«
    Ich sah hoch und lächelte sie an.
    »Möchtet Ihr wirklich wissen, wo ich Euren wertlosen Flitterkram gefunden habe?«
    Da sie sich das denken konnte, hielt sie prompt den Mund.

Weltlicher Tand
    »Was ist nur in meine Mutter gefahren?« Casta setzte sich auf die Truhe, die sie eigentlich hatte öffnen wollen, und sah Engelin verzweifelt an. »Sie war schon immer herrschsüchtig, aber jetzt verhält sie sich wie von Sinnen. Was hat ihr Meister Hardo nur angetan?«
    Engelin setzte sich auf die Bank neben dem Kamin. Auch sie hatte der heftige Angriff der Äbtissin überrascht, jedoch nicht ganz so sehr wie Casta.
    »Sie hat Angst vor ihm.«
    »Ja, aber warum? Er war - lass mich nachrechnen - achtzehn Jahre alt, als mein Vater umgebracht wurde. Glaubst du, er hat mit seinem Vater Gerwin gemeinsame Sache gemacht?«
    »Wir wissen nicht viel von Hardo Lautenschläger, Casta. Nur das, was er uns selbst erzählt. Und wie er auftritt.«

    »Ja, aber …«
    »Du kennst ihn, seit er ein Kind war. War er als Junge bösartig und grausam?«
    Casta rieb sich die Schläfen, als ob ihr der Kopf schmerzte.
    »Nein. Ich kann mich nicht genau an die vielen Kinder hier erinnern. An seinen Bruder schon. Der war wirklich ein Idiot. Der brauchte keine Aufgaben zu übernehmen, aber er spielte auch nie die wilden Spiele der andern Jungen mit. Er saß immer nur im Stall oder im Hof und sah den Tieren zu. Meistens kaute er auf irgendetwas herum. So war Hardo aber nicht. Er drückte sich vor der Arbeit, aber das taten die anderen Jungs auch. Und sie haben oft gerauft, ja, aber das tun sie eben.«
    »In den Wäldern kannte er sich wirklich gut aus«, sinnierte Engelin.
    »Er verschwand oft, das stimmt. Darum nannte der Vogt ihn auch faul.«
    »Und blöd ist er nicht«, setzte Engelin ihren eigenen Gedankengang fort. »Er hat das Lesen sehr schnell gelernt. Viel schneller als ich zuzeiten.«
    »Oh - mhm - ja, du hast es ihm ja beigebracht. Warum werfen sie ihn dann nur mit seinem kindischen Bruder in einen Topf? Ich verstehe das nicht.«
    »Jonata war länger hier als du und gehörte auch zu den Dienstleuten. Vielleicht sollten wir sie befragen. Ich meine, sie hatte vorhin keine Anklage genannt.«
    »Richtig. Und Ida weiß auch mehr von ihm.« Damit richtete Casta sich auf und fragte staunend: »Du hast doch die ganze Zeit auf ihn geschimpft, Engelin. Und jetzt bist du plötzlich auf seiner Seite.«
    »Bin ich nicht. Ich mag nur nicht, wenn man jemanden ungerecht behandelt.«
    »Aber irgendwas hast du ihm auch vorzuwerfen.«
    »Er hat mich wie eine lästige Kröte behandelt«, murrte Engelin.
    »Wie hätte er dich denn behandeln sollen, lieb Engelin?
Wie eine hehre Jungfrau? Mit struppigen Haaren und in schmutzigem Kittel, eine Küchenmagd, unfähig Brei zu kochen, und eine Wäscherin, unfähig Wäsche zu waschen?«
    Engelin stand von der Bank auf und fegte durch die Kemenate. Ja, sie war im Unrecht. Ja, sie hatte Fehler gemacht. Ja, sie war undankbar für die

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