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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Hinrich van Dyke noch den Domgraf von Speyer ernsthaft verdächtigte, Hardos Laute entwendet zu haben, erlaubte er sich doch, sich einen kurzen Überblick über deren Gepäck zu verschaffen. Wie nicht anders zu erwarten, verfügten beide Herren über wohlgefüllte Börsen - Ismael widerstand mannhaft der Versuchung, die Münzen zu zählen - und Gewänder aus edlen Stoffen. Die Laute befand sich, wie erwartet, nicht bei ihnen.
    Ismael verließ also den Turm und machte sich auf, die Unterkünfte in dem Wohngebäude zwischen Bergfried und Kapelle zu untersuchen, die gewöhnlich den Verwalter und seine Familie sowie den Kaplan beherbergten. Hier hatte auch der Stiftsherr von Sankt Gereon eine Kammer zugewiesen bekommen. Sie war unverschlossen, ordentlich aufgeräumt und barg, außer einem verlockenden Brevier in edelsteinbesetztem Einband, keinerlei Versuchungen. Er ließ es liegen, obwohl der erbauliche Inhalt sicher zu seiner Läuterung gedient hätte. Die Laute fand er nicht. Ismael wandte sich der Wohnung des Kaplans zu, und diesmal musste er auch den Schlüssel einsetzen, denn Magister
Johannes achtete peinlich genau auf seine Privatsphäre. Aus gutem Grund offensichtlich, denn wertvolles Silbergeschirr, vor allem Pokale und Krüge, nannte er sein Eigen. Der Kaplan soff mit Stil, stellte Ismael fest, einen Hang zur Musik aber hatte er nicht. Idas Wohnung suchte er nicht auf, warf aber einen Blick aus dem Fenster auf den Hof und stellte befriedigt fest, dass die drei Jungfern Engelin, Casta und Jonata vor der Küche Hühner rupften und die ehrwürdige Mutter unter dem Durchgang zum Zwinger den Domgrafen in einen heftigen Disput verwickelt hatte. Ismael wandte sich daraufhin dem Palas zu. Es schien ihm eine günstige Gelegenheit, zumal er bei einem Blick aus dem Fenster von Hardos Gemach auch Loretta im Zwinger lustwandeln sah, vermutlich in der Absicht, die Wachen auf den Türmen zu ergötzen.
    Ismael hatte, neben dem Höfling, noch einen weiteren, sehr ernsten Verdacht, wer die Laute an sich genommen haben konnte, und so stieg er die Wendeltreppe zu den Kemenaten hinauf. Der Besuch der Frauenkammern verursachte ihm darüber hinaus ein wonnigliches Gefühl in seinen Lenden.
    Auch hier lag ein zarter Duft in den Räumen, da von Myrrhe und Weihrauch, dort wie von Rosen und Maiblumen. Beseligt sog er die Luft ein, dann klaubte er den Schlüssel aus dem Korb und öffnete die erste Tür.

Rosenopfer
    Ich lockte die Amsel auf der Zinne mit einem gepfiffenen Liedchen, und sie zeigte sich an einem Duett interessiert. Das lenkte mich endlich von dem Ausflug in meine unschöne Vergangenheit ab. Die nähere Vergangenheit musste auch überdacht werden - so das eben durchgeführte Tribunal. Ulrich hatte kein weiteres Wort mit mir gewechselt,
nachdem er die Versammlung beendet hatte. Auch für die anderen war ich unsichtbar geblieben. Entweder weil sie vor Wut über den gescheiterten Vorstoß, mich zu verbannen, schäumten, oder weil sie sich nicht trauten, mit einem Stigmatisierten zu sprechen. Nein, das war nicht ganz richtig. Ida war freundlich wie immer gewesen, der Domgraf hatte mir stumm, aber aufmunternd zugenickt, und Casta hatte mich zaghaft angelächelt. Meine Herrin aber hielt die Lider züchtig gesenkt.
    Die Amsel flatterte auf, und mit einem breiten Grinsen näherte sich Ismael.
    Noch eine erfreuliche Ablenkung.
    Ich war gespannt, was er mir zu vermelden hatte, denn nach dem Tribunal wollte er sich auf die Suche nach der Laute machen.
    »Du siehst aus, als hättest du einen Napf Sahne leer geleckt, Junge.«
    »Hab auch an einem Sahnetöpfchen genascht, Meister. Und Eure Laute steht wieder in Eurem Gemach.«
    »Das nenne ich eine gute Nachricht. Wo fandest du sie?«
    »Oh, das ist eine lange Geschichte.«
    »Ismael!«
    »Nun ja, ich hatte die Schlüssel zu allen Gemächern, nicht wahr?«
    Ja, ich war ihm Vorbild in vielen Dingen. Auch im Erzählen. Na, dann sollte er seinen Spaß haben. Ich lauschte geduldig seinen weitschweifigen Schilderungen der Unterkünfte und seines tugendsamen Verhaltens angesichts der materiellen Verlockungen. Nur einmal musste ich ihn unterbrechen.
    »Einen Stein fandest du in dem Kästchen?«, fragte ich, tatsächlich überrascht.
    »Oder einen Brocken Metall, Eisen vielleicht.«
    »Faustgroß, grau, mit seltsamen Gravierungen?«
    »Ja. Wisst Ihr, was das ist, Meister?«
    »Ein Stück des Himmels.«

    »Ihr foppt mich?«
    »Nur ein bisschen. Berichte weiter.«
    »Na gut. Also anschließend

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