Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
dass er sie zurückgestoßen hatte und nun erbarmungslos neckte, tief in ihrem Herzen war sie noch immer Line, die einst seine Kameradin gewesen war, dem sie dankbar für seine Hilfe und Fürsorge war,
als sie in ihrer Not vor dem schwarzen Ritter geflohen und in den Wäldern herumgeirrt war.
    Der schwarze Ritter - nun endlich stand er vor ihr. Und wenn er ihr auch Ehrfurcht einflößte, die namenlose Angst und das Grauen, das sie damals empfunden hatte, waren verflogen.
    »Herr Ulrich«, sagte sie sanft zu ihm, »vor Jahren habe ich Euch tief beleidigt, indem ich, ohne Euch kennenlernen zu wollen, vor Euch und der Ehe mit Euch davongelaufen bin. Verzeiht mir. Ich hätte besonnener handeln müssen.«
    »Jungfer Engelin, dasselbe gilt für mich. Ich habe ebenfalls nicht die richtige Entscheidung getroffen.«
    Sie legte ihm ihre Hand auf den Arm. »Herr Ulrich, lasst uns diese Angelegenheit ausräumen. Wollt Ihr mich bitte auf einen der Türme begleiten?«
    »Ich habe wenig Zeit …«
    »Ihr habt nie Zeit, scheint’s, wenn es um die Herzensdinge von Frauen geht. Nehmt sie Euch jetzt, ich bitte Euch.«
    Resigniert hob er die Schultern und geleitete sie aus dem Stall zur Treppe, die auf den Wehrgang führte. Höflich ließ er sie vor sich gehen und gesellte sich erst wieder auf der Plattform des südlichen Wehrturms zu ihr.
    »Ich habe damals nicht gewusst, Herr Ulrich, dass Ihr auf meine Mitgift angewiesen wart. Ich sah nur, verzeiht mir, einen sehr viel älteren, harten Mann, der den Ruf hatte, ein grausamer Kämpfer zu sein.«
    »Und der entstellt und grausam aussieht.«
    »Herr Ulrich, ich war noch fast ein Kind.«
    »Ich weiß, Jungfer. Genau das hätte ich bedenken sollen. Aber ich war lange der Gesellschaft edler Frauen entwöhnt, und die Männer schreckte mein Aussehen nicht. Oder wenn, dann wussten sie es - und wissen es - noch immer gut zu verbergen.«
    »Ich denke, sie werten Eure Narben als Zeichen der Tapferkeit. Und so sehe ich es jetzt auch, Herr Ulrich. Sagt
mir, was hättet Ihr getan, wenn ich in die Ehe eingewilligt hätte?«, fragte Engelin und lehnte sich an eine der Zinnen.
    »Von Eurer Mitgift ein Gut gekauft und Pferde gezüchtet. Eine standesgemäße Aufgabe, Jungfer Engelin.«
    »Die nicht nach Gewürzkrämerei riecht.«
    »Erbittert Euch das?«
    »Heute nicht mehr. Wie alle Herrschaften von hohem Adel habt Ihr wohl nie darüber nachdenken müssen, wie Eure Handlungen auf andere Menschen wirken, nicht wahr? Der faule König Wenzel tat es ebenso wenig wie der verrückte Wilhelm von Jülich, Euer Lehnsherr.«
    »Ihr stellt mich mit ihnen auf eine Stufe, Jungfer Engelin. Soll ich mich ob dieses Komplimentes geschmeichelt fühlen?«
    »Ganz bestimmt nicht. Ich versuche nur, Euch zu verstehen. Denn andererseits muss es Euch sehr geschmerzt haben, Euer Lehen zu verlieren.«
    Wieder hob er nur die Schultern.
    »Es muss Euch ebenfalls große Schmerzen bereitet haben, die Verwundungen zu ertragen und Euer Auge zu verlieren.«
    »Ja.«
    »Es hat Euch auch geschmerzt, Euren Knappen Georg vam Steyne zu verlieren.«
    »Sicher.«
    »Ihr habt alles verloren, was Euch lieb und wert war, Herr Ulrich. Und nichts dafür zurückbekommen.«
    »Meine Schuld, Jungfer Engelin.«
    »Die Ihr nun bereut. Puckl, mein Vetter Sebastian, hat sich mit Dietrich angefreundet. Und er vertraute mir an, dass Euer Knappe große Achtung vor Euch hat, Herr Ulrich.«
    »Das gehört zu der Loyalität, die er mir schuldet.«
    »Richtig. Und Ihr bemüht Euch darum, Hardos Achtung zu erringen, habe ich recht, Herr Ulrich?«
    Wieder zuckte das freudlose Lächeln über sein Gesicht.
    »Mache ich auf Euch den Eindruck, dass ich um seine Gunst buhle?«

    »Dazu seid Ihr viel zu stolz, Ritter«, zischte sie, und er lachte jetzt wirklich. Sie aber blieb ernst, ja merkte sogar, wie sehr seine Haltung sie erboste.
    »Stolz, das ist Euer größter Fehler, Herr Ulrich von der Arken. Ihr mögt Verluste und Schmerzen erlitten haben, Euren Stolz habt Ihr nicht eingebüßt. Darum flieht Ihr, was Ihr Euch wünscht und ersehnt, und erhaltet es nicht.«
    »Und Ihr, Jungfer, wisst, was ich mir wünsche und ersehne?«
    »Natürlich. Achtung, Vertrauen und Liebe, Herr Ulrich.«
    War es ein Anflug von Betroffenheit, den sie in dem vernarbten Gesicht erkannte, dessen zerstörte Seite er ihr jetzt zuwandte?
    »Weiber denken immer an Liebe«, sagte er tonlos.
    »Nein, Herr Ulrich, das tun wir nicht - oder besser, wir sehen, dass es mehr Arten von Liebe gibt als

Weitere Kostenlose Bücher