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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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House – gewusst hätte: hochnäsige Gäste, Kerzenleuchter, Champagner … Wie etwas, über das man normalerweise nur in irgendwelchen Hochglanzmagazinen las. Der ganze Quatsch mit dem Rad und dem Rollenspiel hätte eine gute Geschichte abgegeben; es gab eigentlich keinen Grund, die Sache zu verschweigen. Aber als sie sich in der muffigen Küche umschaute, den Haufen ungespülten Geschirrs betrachtete und Bels Unterwäsche, die sie in der Spüle eingeweicht hatte, kam ihr der gestrige Abend endlos weit weg vor. Fast unwirklich … wie die Bilder in der Galerie, die sie bis in ihre Träume verfolgt hatten. Sie warf einen verstohlenen Blick auf ihre rechte Handfläche und sah erleichtert, dass der Stempelabdruck des Rades nur noch grau und schwach zu erkennen war.
    »Okay«, sagte sie. »Ich gehe unter die Dusche. Bis gleich.«
    Bel wirkte enttäuscht, aber sie ließ sie gehen.

    Es gab nicht genug heißes Wasser, um eine anständige Dusche zu nehmen, aber Cat ließ sich Zeit, zitterte unter dem lauwarmen Wasserstrahl, bis sie sich den letzten Rest Benommenheit aus dem Gehirn gespült hatte.
    Als sie aus dem Badezimmer kam, fand sie einen Zettel von Bel vor, der ihr mitteilte, dass sie einkaufen gegangen war. Die Unterwäsche lag noch in der Spüle, die Zeitung vom Freitag war noch immer unter den fettigen Überresten des Mittagessens vom Samstag ausgebreitet. Sie ärgerte sich über sich selbst, weil sie sich hatte beunruhigen lassen, weil sie – beinahe – in die ganze Sache hineingezogen worden war. Teures Blubberwasser, weiches Licht, irgendein Gefasel über einen Haufen alter Bilder … Herrgott, es wurde wirklich Zeit, dass sie sich zusammenriss. Gereizt fegte sie die Zeitung vom Tisch und wollte sie in den Mülleimer werfen. Da fiel ihr Blick auf eine Schlagzeile am unteren Rand der Seite: »Leiche eines Geschäftsmannes aus der Themse geborgen.« Und daneben ein Foto, das ihr irgendwie bekannt vorkam.
    Die Polizei bestätigte, dass es sich bei dem Toten, der am Donnerstagmorgen aus der Themse gezogen wurde, um einen Londoner Geschäftsmann namens Anthony Linebeg (47) handelt. Der Körper wies etliche Stichwunden im Rücken auf und hatte etwa zwei Wochen im Wasser gelegen. Die Ermittler glauben nicht, dass es ein Raubüberfall war, weil das Opfer noch seine Brieftasche und seine Armbanduhr bei sich hatte. Linebeg, ein freiberuflicher IT-Consultant,
der allein lebte, wurde als vermisst gemeldet, nachdem er am Montag zu einem Seminar, bei dem er einen Vortrag hätte halten sollen, nicht erschienen war.
    Jeder, der sachdienliche Informationen zu dem Verbrechen hatte, wurde gebeten, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen. Eine Telefonnummer war angegeben.
    Cat wusste nicht, wie lange sie dasaß und die Seite anstarrte, immer wieder die Falten im Papier glättend. Der Mann auf dem Foto hätte jeder x-beliebige Typ mittleren Alters mit schütterem Haar sein können; sie wusste nicht, ob es sich nicht nur um eine zufällige Ähnlichkeit mit dem Mann handelte, der ihr nachts in der Gasse über den Weg gelaufen war. Sie schloss die Augen, und wieder sah sie die Karte – das Blut, die schwarzen Wolken, die Schwerter. Den Ritter der Stäbe und die Zehn der Schwerter. Was bedeutete »etliche« Stichwunden? Zwei? Sechs? Mehr?
    Cats Hand hing bewegungslos über ihrem Handy, kehrte dann wieder zu der Zeitung zurück. Sie wünschte, Bel wäre hier, und war gleichzeitig erleichtert, dass sie es nicht war. Bel hatte keinen Sinn für Unsicherheit. Ihre Entscheidungen waren instinktiv und absolut. Aber an dieser Sache war alles unsicher und nichts absolut.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit dachte sie an ihre Eltern. War dies ein Problem, mit dem sie zu ihnen hätte gehen können? Man hatte ihr erzählt, dass ihre Eltern gute Menschen gewesen waren, die sie innig geliebt hatten, aber das hieß nicht viel.

    Obwohl Bel erkannt hatte, dass Waisen etwas Melodramatisches, etwas Romantisches anhaftete, und sie nicht zögerte, das zu ihrem Vorteil zu nutzen, war sie kein Mensch, der sich mit den Tragödien der Vergangenheit aufhielt. Die Geschichten, die sie über ihre Schwester Caroline erzählte, stammten fast ausschließlich aus ihrer gemeinsamen Kindheit, nicht aus der Zeit, als Caroline Ehefrau und Mutter gewesen war. Anhand der Fotos konnte Cat sehen, dass sie die schwarzen Haare ihres Vaters und die grauen Augen ihrer Mutter geerbt hatte. Aber irgendwie hatte sie eher das Gefühl, dass ihre Augen denen von Bel

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