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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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ähnelten.
    Es stimmte, sie hatte manchmal Träume, in denen sie sehr klein war und von einer unsichtbaren, unendlich tröstlichen Gegenwart gehalten wurde. Wenn sie danach erwachte, war sie den ganzen Tag lang traurig und hatte das Gefühl, dass sie, wenn sie sich bemühte, bestimmte Erinnerungen wieder an die Oberfläche rufen konnte, wo sie eine Gestalt besäßen, Substanz und Wärme.
    Aber diese Gedanken waren morbide und führten zu nichts; das behauptete Bel jedenfalls. Irgendwelche verschwommenen Erinnerungen brachten sie nicht weiter.
    Schließlich faltete Cat den Artikel zusammen, steckte ihn in die Tasche und machte sich auf den Weg zu diesem Fantasy-Laden, Dark Portal. Dort thronte der Tolkien-verächter hinter der Informationstheke und las demonstrativ in einem Lifestyle-Magazin für Männer.
    »Habt ihr Bücher über Tarot?«
    »Das hier ist kein Esoterikladen.« Wenn das überhaupt
möglich war, verzog er sein Gesicht noch verächtlicher als damals, als sie nach den Rollenspielen gefragt hatte. Sie wollte sich schon abwenden, als er sich räusperte und widerwillig sagte: »Du könntest es ja mal bei den Nachschlagewerken probieren.«
    Die Buchabteilung befand sich im Keller und war menschenleer. Hier standen zumeist Fantasy – und Science-Fiction-Romane – von Arthur C. Clarke bis zu Softpornos über Space-Miezen mit Laserpistolen. Nachschlagewerke gab es nicht. Aber ganz unten im Regal fand sie ein Etikett, auf dem »Verschiedenes« stand, und dort befand sich eine Bauanleitung für ein Modell des Raumschiffs Enterprise, ein Buch über die Geschichte des Vampirismus und – falsch herum ins Regal geschoben, hinter einer Enzyklopädie von Mittelerde – Die Wundersame Welt des Tarot. Bingo.
    Das Buch war nicht gerade wundersam anzuschauen. Die Seiten waren schmutzig, der Schutzumschlag – ein grelles Gewirr aus psychedelischen Wirbeln – war eingerissen, und der Erzählstil war so ätzend wie der Umschlag. Wenn man der vor Begeisterung überschäumenden Einleitung Glauben schenken durfte, verkörperten Tarotkarten Mythen und Symbole sowohl der klassischen Antike als auch der nordischen Steinzeitmenschen, der uralten Religionen Chinas, Indiens und Ägyptens und der mittelalterlichen Höfe in Italien und Frankreich. Eine Theorie lautete, dass die ersten Karten von einem Gott hergestellt wurden, den die Ägypter unter dem Namen Thot verehrten. Den Griechen war er als Hermes bekannt und
den Römern als Merkur. Als Schreiber und Magier der Götter erschuf er die Tarotkarten nach Motiven aus dem mystischen Buch der Toten und verlieh ihnen die verlorene Magie des Altertums. Cat fragte sich, ob der Name des Gebäudes, in dem sie gewesen war – Temple House – ein Insiderwitz war, oder ob diese Leute das wirklich ernst nahmen.
    Auf jeden Fall setzten sich einige Puzzleteilchen von letzter Nacht zusammen. Das Arkanum, erkannte sie, musste eine Art Anspielung auf die Einteilung des Tarotspiels in zwei Bereiche sein: die Großen und die Kleinen Arkana. Die Kleinen Arkana bestanden aus sechsundfünfzig Karten, die in vier Farben eingeteilt waren – entsprechend den Farben in einem gewöhnlichen Kartenspiel: Stäbe (Kreuz), Kelche (Herz), Münzen (Karo) und Schwerter (Pik). Jede Farbe bzw. jeder Hof hatte einen eigenen König, eine Königin, einen Ritter und einen Buben. Die zweiundzwanzig Trumpfkarten der Großen Arkana beschrieben den Weg durch das Leben. Am Anfang stand der Narr, dem die Null zugewiesen war, und am Ende die Welt, mit der Zahl einundzwanzig. Der Narr war offensichtlich der Vorläufer des Jokers.
    Der Rest des Buches beschäftigte sich damit, wie man sich das Kartenlegen selbst beibringen konnte, wie man sich mithilfe der Karten die Zukunft weissagen konnte, wie es der Verfasser nannte. Cat hielt nicht viel von Weissagungen, aber sie betrachtete lange die Illustrationen in der Mitte des Buches, auf denen verschiedene Tarotkarten zu sehen waren. Außerdem waren unterschiedliche
Motive, die die Karten im Lauf der Jahrhunderte geschmückt hatten, abgebildet. Überrascht las Cat, dass den Karten ganz unterschiedliche Symbole und Namen zugewiesen wurden. In einigen Spielen sah die Hohepriesterin wie eine Päpstin aus, die Ewigkeit wurde die Welt genannt, die Zeit verwandelte sich in einen Einsiedler und der Ruhm in das Gericht. Cat suchte nach Abbildungen der Gemälde aus der Galerie, fand aber nur Illustrationen, die ihnen entfernt ähnelten.
    Mit gemischten Gefühlen blätterte sie durch die

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