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Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Titel: Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Ryan
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Opfer? Wenn ich mir ein paar Kriegswunden aufmale, haben vielleicht ein paar Leute Mitleid mit mir. Ach was, ich werde einfach als ich selbst gehen, nicht mehr und nicht weniger.
    Bei der Suche nach den richtigen Farben überkommt mich eine gewisse Ruhe. Das ist ein Gebiet, auf dem ich mich auskenne. Ich entscheide mich für einen anthrazitgrauen Lidschatten sowie Wimperntusche und Eyeliner in Schwarz. Etwas Puder für einen gleichmäßigen Teint und zum Abschluss eine Schicht Lipgloss. In einer der Schubladen finde ich eine dieser Bürsten, mit denen man die Haare angeblich durch eine Art Ionisierungsprozess glätten kann. Die Fernsehwerbung dafür habe ich immer ziemlich skeptisch betrachtet, aber nach ein paar Strichen sind meine Haare tatsächlich ganz seidig.
    Ich betrachte mein Spiegelbild. Es ist seltsam, am Ende meines Schaffensprozesses mein eigenes Gesicht zu sehen und nicht das eines anderen. Das kleine bisschen Make-up hat Wunder gewirkt und kaschiert perfekt die Spuren dessen, was ich heute Abend schon durchgemacht habe. Zufrieden lehne ich mich zurück. Plötzlich verschwindet mein Bild und der Spiegel wird zu einem schwarzen Bildschirm. Wow! Dann erscheint ein weibliches Gesicht, bei dessen Anblick mir die Bloody-Mary-Beschwörung einfällt, bei der angeblich der Geist einer Frau im Spiegel erscheint. Doch diese Frau ist kein Geist, sondern eindeutig menschlich. Sie ist etwa zehn Jahre älter als ich, hat dunkle Haare, blaue Augen und trägt ein zerknittertes T-Shirt. Sie kommt mir vage bekannt vor, bis mir klar wird, dass das daran liegt, dass ich selbst irgendwann so aussehen könnte.
    » Hey, Vee « , sagt sie. » Ich bin Gayle. «
    Mir fällt ein, dass man in den Shows letzten Monat nie irgendjemanden von Risk gesehen hat, es waren immer nur Stimmen und dunkle Gestalten im Hintergrund. Ob das Publikum Gayle sehen kann? Ist sie eine der Verantwortlichen? Ich kann es kaum erwarten, Tommy zu erzählen, dass es bei Risk echte, identifizierbare Menschen gibt und nicht bloß ein anonymer Geschäftsmann mit einem Konto auf den Caymans dahintersteckt.
    Ich streiche mein Shirt glatt. » Hi. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit einer realen Person sprechen würde. «
    Gayle fährt sich mit einer mädchenhaften Geste durchs Haar. » Wir dachten, das macht das Interview ein wenig leichter. «
    Seit wann ist Risk daran interessiert, irgendetwas leichter zu machen? Ich sehe mich um. » Wo sind die Kameras? Ich werde doch gefilmt, oder? «
    Sie lächelt, wobei sie hübsche Grübchen zeigt. » Die sitzt im Bildschirm. Ich glaube, eine ist da, wo du mein rechtes Auge siehst. Und ja, deine Beobachter sehen dich auch. «
    Ich blinzle. Tatsächlich, in dem Bereich um ihr Auge scheint das Bild etwas auszupixeln. Na toll, dann haben also Tausende von Leuten gerade zugesehen, wie ich beim Schminken Grimassen gezogen habe.
    Gayle schlägt die Beine übereinander. » Und, wie findest du das Spiel bisher? «
    Wo soll ich anfangen? Vielleicht damit, dass es zu Beginn unglaublich spannend war, nur um dann ein paar Stunden später mein Leben zu ruinieren?
    » Es ist schwieriger, als ich erwartet habe, aber auf eine ganz andere Art, als ich dachte. «
    » Meinst du die Challenge mit Sydney? «
    Da kommen wir wohl gleich zur Sache. » Ja. «
    » Möchtest du ihr etwas sagen? «
    Mein Herz schlägt schneller. » Schaut sie denn noch zu? « , frage ich und erwarte allen Ernstes, dass diese Risk -Mitarbeiterin die Antwort kennt.
    » Ich weiß nicht, ob Sydney unter den Zuschauern ist. Aber wenn sie es wäre? «
    Ich betrachte den Frisiertisch, während ich überlege, was ich sagen soll, dann sehe ich Gayle direkt ins rechte Auge. » Ich würde ihr sagen, dass es mir leidtut, dass ich sie so überfallen habe, und dass wir dringend in Ruhe reden müssen, wenn das hier vorbei ist. Übrigens, Sie haben ihr Gesicht in der Sendung doch sicher verfremdet, oder? Sie hat schließlich keine Einverständniserklärung unterschrieben. «
    Wobei das eigentlich keine Rolle spielt, weil garantiert jeder, auf den es ankommt, genau weiß, mit wem ich mich gestritten habe.
    Gayle bleibt vollkommen gelassen. » Wir wollen unsere kostbare Zeit doch nicht mit langweiligen technischen Details verschwenden, oder? «
    Ehrlich gesagt gibt es da durchaus ein paar technische Details, die ich sehr gerne besprechen würde, zum Beispiel wann Risk damit aufhört, meine Anrufe zu blockieren, und wie sie überhaupt herausgefunden haben, dass ich sauer auf Sydney

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