Das Spiel - Laymon, R: Spiel
er mitgetanzt?«
»Nein, bestimmt nicht. Vielleicht hat er uns heimlich beobachtet. Ich habe ihn noch nie zuvor gesehen.«
»Mann«, flüsterte Jane. »Er muss also den Brief dort angebracht haben.«
»Bei Gott, ich will ihn nie wieder sehen.«
Sie hatten die Standhope erreicht. »Wohin jetzt?«, fragte Jane.
»Nach rechts.«
Sehr gut. Nur weg von Braces Wohnung. Gott sei Dank.
»Wohnen Sie allein?«
»Nein, bei meiner Familie. Die müssen inzwischen völlig fertig mit den Nerven sein. Sie denken bestimmt, dass ich ermordet wurde. Wollen Sie wirklich nicht mit reinkommen? Hey – immerhin haben Sie mir das Leben gerettet. Meine Familie würde sich freuen, Sie kennenzulernen.«
»Besser nicht. Je weniger Leute mich sehen, umso … Passen Sie auf: Ich werde Sie anrufen, sobald Gras über die ganze Sache gewachsen ist.«
»Das wäre toll.«
»Vergessen Sie nicht: Ein Mann hat Sie gerettet.«
»Keine Sorge«, sagte Gail.
»Versprochen«, fügte Sandra hinzu.
»Erzählen Sie auch niemandem, welches Auto ich fahre. Denken Sie sich eine andere Marke aus – wie wäre es mit einem Jeep Cherokee?«
»Hört sich gut an. Welche Farbe?«
»Schwarz.«
»Alles klar.«
»Ein schwarzer Jeep Cherokee«, ertönte es von der Hinterbank.
»Kennen wir Ihren Namen? «, fragte Gail.
»Nein. Je weniger die Polizei weiß, umso weniger müssen Sie erfinden. Die Cops werden sicher wissen wollen, wie ich aussehe. Vielleicht sollten Sie eine genaue Beschreibung von mir abliefern – bis auf die Tatsache, dass ich kein Mann bin.«
Gail lachte leise. »Sehr gut. Machen Sie so etwas öfter?«
»Eigentlich nicht.« Jane fuhr langsam um die Kurve.
»Noch ein Stück weiter.«
»Ich weiß.« Sie parkte auf dem Gehweg und schaltete den Motor ab. »Aber es ist besser, wenn Sie hier aussteigen. «
»Aber es sind doch noch zwei Straßen, bis wir … ach, verstehe. Ist in Ordnung.«
»Ich würde Sie ja gerne nach Hause fahren, aber …«
»Nein, nein, das geht schon.« Gail sah Jane in die Augen. »Ich glaube … ich will, dass wir Freundinnen werden. Sie sind etwas ganz Besonderes – verflucht, jetzt denken Sie vielleicht, ich wäre eine Lesbe oder so …«
»Und wenn schon.«
»Also … kann ich Sie irgendwie erreichen?«
»Keine Sorge. Ich werde Sie anrufen. Schließlich kenne ich Ihren Namen und weiß, wo Sie arbeiten.«
»Also gut.«
»Okay.«
Gail berührte Janes Handgelenk. »Seien Sie vorsichtig.«
»Sie auch.« Jane wandte sich um. »Sandra, das gilt auch für Sie.«
»Kein Problem. Und vielen Dank noch mal, dass Sie uns gerettet haben.«
Gail stieg aus dem Auto und öffnete Sandra die Tür. »Vergessen Sie nicht, was wir besprochen haben«, sagte Jane, während Gail Sandra aus dem Auto half.
»Versprochen«, sagte Sandra. »Und nochmals vielen Dank.«
»Und schönen Gruß an Ihren Mann!«
Sandra lachte fast fröhlich.
Gail schloss die Tür hinter sich.
Jane beobachtete die beiden im Rückspiegel. In ihren Bettlaken sahen sie wie zu groß geratene Kinder in Halloween-Kostümen aus, die in der verkehrten Nacht unterwegs waren.
35
Als Jane die Standhope erreicht hatte, fuhr sie an der Royal-Gardens-Wohnanlage vorbei.
Sie würde ganz bestimmt nicht anhalten – nur mal kurz einen Blick rüberwerfen, um … um was? Um sich selbst zu quälen? Um Salz in ihre Wunden zu streuen? Sie hatte ihn verloren, gerade jetzt, wo sie jemanden brauchte – nicht irgendjemanden, Brace – und konnte nicht zu ihm.
Das will ich auch gar nicht. Der dreckige Hurensohn kann von mir aus zur Hölle fahren. Und seine kleine Teenieschlampe dazu.
Die Pistole drückte schmerzhaft gegen ihre rechte Hinterbacke. Sie verlagerte das Gewicht, zog die Waffe aus der Tasche und klemmte sie sich zwischen die Schenkel.
Ich könnte nachladen und ihnen einen Besuch abstatten. Sie beide ins Jenseits schicken. Einfach so. Zwei Tote mehr machen jetzt auch schon nichts mehr aus.
Bei diesem Gedanken wurde ihr fast schlecht. Ich will niemanden mehr erschießen! Das gerade war schon schlimm genug …
Sie musste irgendwie die Waffe loswerden. Nur so konnte sie sicher sein, sie nicht wieder zu benutzen. Außerdem riskierte sie eine Gefängnisstrafe, wenn die Mordwaffe in ihrem Besitz gefunden wurde. Das wusste sie aus dem Film Der Pate und einer ganzen Reihe ähnlicher Krimis. Die
Waffe war ein handfester Beweis – niemand durfte sie bei ihr finden.
Und wenn ich sie noch mal brauche?
Ich werde sie nicht mehr brauchen, versicherte sie sich.
Aber
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