Das Spiel - Laymon, R: Spiel
nicht mehr sehen. Sie nahm nur an, dass er irgendwo da unten war.
Genau wie Mog.
Sie traute sich nicht, ihre Position zu verändern, um nach einem von den beiden Ausschau zu halten.
Obwohl ihre Aufmerksamkeit davon in Anspruch genommen
wurde, nicht herunterzufallen, hatte sie den Umschlag nicht vergessen.
Jetzt sah sie sich genauer um.
Crazy Horse war zu weit nach vorne gebeugt, um ihr einen Blick auf die Mähne des Hengstes zu gewähren. Sie würde noch höher klettern und sich über die Schultern des Häuptlings beugen müssen. Nur dann würde sie den Kopf des Pferdes und die Vorderseite des Häuptlings sehen können. Und vielleicht den Brief.
Aber das wollte sie nicht.
Ich werde doch wohl nicht um den ganzen Kerl herumklettern müssen …
Sie untersuchte den rechten Arm mit der Lanze. Kein Brief.
Sein linker Arm mit der geballten Faust war außerhalb ihres Sichtfeldes.
Vielleicht sollte ich erst mal seinen Kopf in Augenschein nehmen.
Sie presste sich noch stärker gegen den Häuptling, drehte sich und streckte die linke Hand aus.
Sie tastete die Oberseite des Kopfes ab.
Nichts.
Ich will aber doch schwer hoffen, dass der Umschlag hier irgendwo ist!
In der Mitte von Crazy Horses flatternder Haarmähne ertastete Janes Hand Papier. Sie befühlte es mit den Fingerspitzen. Es war ein gefalteter Umschlag, der an den Ecken mit Klebeband an der Bronze befestigt war.
Sie riss ihn ab.
Obwohl ihr ganzer Körper vor Anstrengung zitterte, nahm sie sich einen Augenblick Zeit und betrachtete ihren Fund.
Es war wirklich ein Umschlag. Das Mondlicht verlieh ihm eine schmutziggraue Farbe, und das Klebeband funkelte silbern. Zu Janes Befriedigung war er ziemlich dick.
Mitten auf dem Umschlag stand ein Wort: JANE.
»Ich hab ihn«, rief sie hinunter.
»Sehr gut!«
»Ich werfe ihn jetzt runter. Bereit?«
»Seien Sie vorsichtig.«
Sie warf den Umschlag über ihre rechte Schulter in die Dunkelheit der Nacht.
6
Jane war schweißgebadet. Als sie das Podest wieder erreicht hatte, schmerzte jeder Muskel in ihrem Körper. Sie ließ sich herab, und Brace umfasste ihre Beine.
Langsam glitt sie durch seine Arme.
Ihr Rock schob sich hoch, und sie spürte seine Hände auf ihren nackten Beinen.
Sie wehrte sich nicht. Brace musste ihr schließlich hinunterhelfen, und da war das nun einmal unvermeidlich. Vielleicht versuchte er auch, sie ein bisschen zu befummeln. Jane war es im Moment egal. Sie war erschöpft, klitschnass und zitterte noch immer von den Anstrengungen der gefährlichen Kletterpartie. Sie war ganz oben gewesen, und beinahe wäre sie heruntergefallen. Jetzt, da sie fast wieder festen Boden unter den Füßen hatte, war es ihr völlig gleichgültig, wo sich Braces Hände befanden – auch wenn es ihre Oberschenkel waren.
Dann ließ er plötzlich los. Mit einem unterdrückten Aufschrei fiel Jane ein paar Zentimeter, bis sie etwas zwischen ihren Beinen spürte. Brace hatte sie nun wieder fest umklammert und presste ihr Hinterteil gegen seine Brust.
Er ging in die Knie, und sobald Janes Füße den Boden berührten, ließ er sie los. Als er die rechte Hand wegnahm, spürte Jane das leichte Schnalzen eines Gummizuges. Er hatte seine Finger in ihrem Höschen gehabt. Sie mussten hineingerutscht sein, als er versucht hatte, sie zu halten.
Möglicherweise unabsichtlich.
Vielleicht hat er es nicht mal gemerkt.
Natürlich hat er es gemerkt. Bist du bescheuert?
»Entschuldigen Sie«, flüsterte er.
Tu einfach so, als wäre nichts gewesen.
Jane wandte sich um. Sie fasste Brace um die Hüften und lehnte ihre Stirn gegen seinen Brustkorb, zu erschöpft, um zu reden. Das war die perfekte Entschuldigung, den Vorfall nicht weiter zu erwähnen.
Sie schnappte nach Luft und entschied sich, so zu tun, als hätte sie nichts bemerkt.
»Wie geht es Ihrem Kopf?«, fragte Brace.
»Tut weh.«
»Ist Ihnen schwindlig?«
»Nein. So schlimm war es auch wieder nicht. Nur … ich wäre fast heruntergefallen.«
»Zum Glück konnten Sie sich festhalten.«
»Ja.«
Seine Hände streichelten sanft über ihren Rücken. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er das angenehm fand – schließlich war ihre Bluse völlig durchnässt. Trotzdem fühlte sich die Berührung gut an. Tröstend und beruhigend.
»Wollen wir abhauen?«, fragte er nach einer Weile.
Sie nickte. »Haben Sie den Brief?«
»Natürlich.« Er nahm sie bei der Hand und führte sie auf dem gewundenen Pfad zum Gittertor. Er öffnete einen der Torflügel einen
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