Das Spiel - Laymon, R: Spiel
verdammter Hurensohn wie Ken wäre dazu fähig.
Traci war vielleicht scharf, aber sie hatte den Charakter eines Wiesels und den Verstand eines Insekts.
»Nicht zu vergessen das Tattoo auf ihrem Arsch«, murmelte Jane.
Es war ein Schmetterling gewesen.
Jane versuchte zu lachen, aber sie musste sich an Kens wirres schwarzes Haar zwischen dem Schmetterling und der Matratze seines Betts erinnern.
Wieso schmerzte diese Erinnerung noch immer so sehr? Es war lächerlich. Absolut lächerlich. Sie konnte sich glücklich schätzen, diesen verfluchten Hurensohn endlich los zu sein. Was wäre wohl passiert, wenn sie ihn nicht mit Traci erwischt hätte? Hätte sie ihn dann geheiratet? Gott bewahre!
Ich sollte Traci jeden Tag dankbar sein, dass sie mich vor ihm bewahrt hat.
Und in ein paar Jahren bedanke ich mich bei irgendeinem anderen Miststück, dass es mich vor Brace bewahrt hat.
Sie sah auf die Uhr.
Elf Uhr Zweiunddreißig.
Mit trockenem Mund und klopfendem Herzen versuchte sie noch einmal, Brace zu erreichen. Dieses Mal zählte sie mit, wie oft es klingelte. Nach dem zwanzigsten Mal legte sie auf. Wahrscheinlich nervte sie schon seine Nachbarn.
Sie starrte das Telefon wütend an. »Wo zum Teufel bist du?«
Ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Sie eilte ins Schlafzimmer und tauschte ihre Shorts gegen eine alte, etwas enge Kordhose. Sie hatte keine andere Wahl. Die Jeans, die sie gestern Nacht getragen hatte, lag noch zum Einweichen in der Seifenlauge.
Dazu wählte sie ein dickes, langärmliges Hemd.
Als wäre es Winter.
Ich werde vor Hitze umkommen, aber zumindest bin ich gut geschützt.
»Apropos Schutz«, sagte sie.
Sie holte die Pistole aus der Schublade ihres Nachtkästchens und steckte sie in die rechte Hosentasche. Das Schnappmesser ließ sie in die linke gleiten.
»Auf ins Gefecht«, sagte sie, als sie den Flur betrat.
Sie hing sich ihre Handtasche um und entschied sich, die Taschenlampe nicht mitzunehmen.
Die hatte ihr gestern schon genug Ärger bereitet.
Außerdem ging sie ständig kaputt.
Heute Morgen hatte sie schon wieder eine neue Birne besorgen müssen und bei der Gelegenheit gleich eine eigene Lampe gekauft.
Die neue Taschenlampe war eine kleinere Ausgabe von Braces Modell und passte mühelos in ihre Hosentasche.
Als sie am Telefon vorbeiging, blieb sie stehen.
Sollte sie es noch einmal versuchen?
Sinnlos, er war sowieso nicht zu Hause.
Ich gehe in dieses unheimliche alte Haus, und Brace hat keine Ahnung, wo ich bin. Wenn mir irgendetwas passiert, weiß er nicht einmal, wo er mich suchen soll.
Sollte sie bei ihm vorbeifahren und ihm eine Nachricht hinterlassen? Sie könnte sie unter seiner Tür durchschieben. Seine Adresse stand ja auf der Visitenkarte.
Und wenn er doch zu Hause ist? Vielleicht in Begleitung?
Sie sah noch einmal auf die Uhr und entschied sich, nicht bei Brace vorbeizufahren. Sie faltete Mogs Nachricht und steckte sie in die Hemdtasche. Dann verließ sie das Haus.
19
Jane parkte gegenüber dem alten Haus und schaltete die Scheinwerfer ab. Sie konnte immer noch nicht so recht glauben, dass sie dort wirklich reingehen wollte.
Im Mondlicht wirkte es grau, uralt und tot.
Als sie es zum ersten Mal gesehen hatte, war es ihr irgendwie bekannt vorgekommen. Sie hatte angenommen, dass sie es an das Haus der Bates-Familie in Psycho erinnerte. Später wurde ihr klar, dass die Erinnerung aus einem Roman stammte, den sie als Teenager gelesen hatte. Sie konnte sich weder an den Namen des Buches noch an seinen Verfasser erinnern. Aber das Haus würde sie nie vergessen.
Es war ein Haus an der Westküste gewesen, irgendwo nördlich von San Francisco. Ein verfallenes, düsteres Gebäude im viktorianischen Stil, mit vielen Giebeln und einem Türmchen, der an den Hut einer Hexe erinnerte. Genau wie das Haus vor ihr. Im Roman war es keine verlassene Ruine, sondern ein Wachsfigurenkabinett gewesen. Dort wurden grausige Figuren von Männern, Frauen und Kindern ausgestellt, die angeblich von einem Monster zerfleischt worden waren. Tagsüber war es ungefährlich, das Kabinett zu besuchen. Aber diejenigen, die es wagten, sich nachts einzuschleichen, ereilte ein grässliches Schicksal.
Aber das war nur ein Buch. Hier gab es ganz bestimmt keine Monster.
Und schlimmer als auf dem Friedhof konnte es kaum noch kommen.
Oh doch. Es konnte noch viel schlimmer kommen.
Jane ließ den Blick zum Friedhof wandern. Der Ort war gruselig – man war ja schließlich von Toten umgeben. Aber zumindest
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