Das Spiel - Laymon, R: Spiel
hatte.
Obwohl er wohl eher unter der Erde gelegen hatte.
Deckel und Seitenwände waren mit getrocknetem Schlamm bedeckt.
Klasse, dachte Jane. Hat er den vom Friedhof?
Oder will er nur, dass ich das denke?
Sie konnte nicht länger die Luft anhalten und stürzte zum Fenster. Ein warmer Windstoß schlug ihr entgegen. Glasscherben knirschten unter ihren Füßen.
Sie streckte den Kopf zum Fenster hinaus und atmete tief ein. Die Luft roch nach Sommernacht – mit einem leisen, ekelerregenden Unterton von verwesendem Fleisch. Die sanfte Brise strich angenehm kühl über ihre Haut.
Von hier aus hatte sie einen großartigen Ausblick auf den Friedhof.
Unwillkürlich hielt sie nach dem fremden Mann von letzter Nacht Ausschau.
Sie entdeckte ein paar menschliche Gestalten, von denen sich jedoch keine bewegte. Wahrscheinlich Statuen auf Grabmälern.
Oder der Mann, der sie regungslos beobachtete.
Es lief ihr kalt den Rücken herunter. Nackenhaare und Brustwarzen stellten sich auf.
Er beobachtet mich …
Jane wollte sich wegducken, zwang sich aber, stehen zu bleiben.
Er beobachtet mich. Na und? So lange er da unten bleibt…
Langsam ließ sie den Blick über den Parkplatz und das Haupttor wandern.
Der Lieferwagen war verschwunden, genauso wie der Hund, der auf dem Zaun aufgespießt war.
Sie drehte sich um.
Ich weiß, wo der Hund ist, dachte sie.
Genau da drin, jede Wette.
Mog will mich glauben machen, dass er den Sarg samt Leiche ausgegraben hat.
Er will wohl herausfinden, wie viel Mumm ich in den Knochen habe. Traut sie sich, den Sarg zu öffnen und mal nachzusehen, wie einer aussieht, der eine Weile unter der Erde gelegen hat? Ist sie dazu bereit? Für dreitausendzweihundert Mäuse?
»Aber sicher«, flüsterte sie.
Nur, dass sie in dem Sarg keine Leiche, sondern einen toten Rottweiler finden würde. Mog hatte ihn da reingestopft. Zusammen mit dem Brief.
Sie trat mit der Fußspitze gegen den Sargdeckel. Er verrutschte ein wenig.
Der Deckel war nicht zugenagelt.
Jane wollte die Waffen nicht aus der Hand legen, um den Sarg zu öffnen.
Nicht, wenn sie ihn auch auftreten konnte.
Sie verlagerte das Gewicht auf das linke Bein und holte mit dem rechten aus. Ihre Schuhsohle krachte gegen den Deckel und hob ihn hoch. Er rutschte vom Sarg und fiel polternd zu Boden.
Jane zuckte zusammen.
Sie starrte in den Sarg und konnte ihren Augen nicht trauen.
Kein stinkender Hundekadaver. Keine verweste Leiche.
Sie war fast etwas enttäuscht, aber auch erleichtert.
Der Sarg beinhaltete nichts Totes oder Gruseliges.
Der glänzende Satin und das Kissen sahen beinahe einladend aus.
Der Brief lag auf dem Kissen. Jane bemerkte einen flachen Karton in der Mitte des Sargs. Er hatte ungefähr die Größe eines Buches, war in Goldfolie eingewickelt und mit einem scharlachroten Geschenkband umschnürt.
»Jetzt bekomme ich auch noch Geschenke«, flüsterte sie.
Wegen des Gestanks hatte sie bis jetzt durch den Mund geatmet. Prüfend sog sie etwas Luft ein. Es war nicht mehr so schlimm wie vorher. Wahrscheinlich gewöhnte sie sich langsam daran. Der faulige Geruch drang auf jeden Fall nicht aus dem Sarg.
Wahrscheinlich eine tote Ratte oder so was.
Das Innere des Sarges sah jedenfalls so sauber aus, als würde es nach Parfüm duften.
Wie ein frisch gemachtes Bett.
Mogs Bett?
Ist er durchgeknallt genug, um in einem Sarg zu schlafen?
Das Satinlaken war faltenlos. Jane bezweifelte, dass überhaupt irgendwer jemals darin geschlafen hatte.
Mit einem Mal wurde sie nervös.
Mog war also irgendwie an einen alten Sarg gekommen. Vielleicht hatte er ihn wirklich auf dem Friedhof ausgegraben. Und dann völlig neu ausgepolstert.
Was hat er mit der Leiche gemacht?
Und warum das alles?
Sie wirbelte herum. Niemand hatte den Raum betreten.
Dann sicherte sie die Pistole und steckte sie in die Tasche. Mit dem Messer in der Hand beugte sie sich über den Sarg, hob den Umschlag auf und öffnete ihn mit der Klinge.
Ein weiterer Stoß Geldscheine und eine Nachricht.
Sie zählte zweiunddreißig Hundertdollarnoten.
»Mannomann«, flüsterte sie.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Ihre Kehle schnürte sich zusammen, und ihr Magen verkrampfte sich.
Sie war seltsamerweise zugleich erleichtert und verängstigt.
Das und die sechzehnhundert – macht fast fünftausend Dollar in einer Nacht.
Wie viel habe ich jetzt insgesamt?
Sie versuchte sich zu konzentrieren. Fehlanzeige.
Auf jeden Fall eine ganze Menge. Eine Riesensumme.
Aber vor
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