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Das Spiel - Laymon, R: Spiel

Das Spiel - Laymon, R: Spiel

Titel: Das Spiel - Laymon, R: Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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jetzt?
    Egal.
    Ohne eine Aufgabe von Mog spielte das keine Rolle. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte.
    Da sie sich nicht entscheiden konnte, ging sie einfach
drauflos. Es reichte völlig aus, dass sie an der frischen Luft war und etwas Bewegung bekam, Kalorien verbrannte und die süße, geheimnisvolle Nachtluft schnuppern konnte.
    Die meisten Häuser entlang der Straße waren dunkel, und die vorbeifahrenden Autos konnte sie an den Fingern einer Hand abzählen. Jane vermutete, dass die meisten Leute im Bett lagen und schliefen – oder es zumindest versuchten. Sie hörte das Summen von Klimaanlagen und nur gelegentlich Musik oder Stimmen.
    Überall um sie herum schliefen fremde Leute.
    Wenn sie jemand zufällig beobachtete, fragte er sich womöglich, wer sie war und wo sie hinwollte. Manche würden sie wohl für verrückt halten, weil sie zu dieser Uhrzeit allein unterwegs war. Oder denken, dass sie etwas Verbotenes im Schilde führte. Es war auch möglich, dass sie für ihre Freiheit beneidet wurde.
    Sie wären vielleicht auch gerne auf der Straße und trauten sich nur nicht, ihre Häuser zu verlassen.
    Da sitzen sie, beobachten mich und wundern sich.
    Sie sind nicht so frei wie ich.
    Das ist wunderbar, dachte sie. Warum gehe ich eigentlich nicht jede Nacht spazieren?
    Mog hat mich auf diese Idee gebracht.
    Früher hätte sie sich das nicht getraut – früher, als sie noch vernünftig war und vor allem und jedem Angst hatte.
    Was ich alles verpasst habe!
    Dann hörte sie Schritte hinter sich.
    Scheiße, jemand will mich überfallen! Das habe ich nun von meinem tollen neuen Hobby.
    Die Schritte kamen rasch näher. Jemand lief ihr hinterher.
    Nur ein Jogger?

    Sie wollte sich umdrehen. Vielleicht war es Brace.
    Klar. Es war wohl eher Rale oder irgendein anderer Messer schwingender Irrer.
    Jane wirbelte herum. Der Mann war nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt. Er trug nichts außer Shorts und Laufschuhe. Wahrscheinlich war er wirklich nur ein Jogger. »Hi«, keuchte er.
    »Hi«, sagte sie und ging einen Schritt zur Seite, um ihn vorbeizulassen.
    Nur, dass er gar nicht vorbei wollte. Er blieb stehen und musterte sie. »Warme Nacht, oder?« Er stemmte die Hände in die Hüften, senkte den Kopf und schnappte nach Luft. »Sie sind die Bibliothekarin, stimmt’s?«, sagte er, während er die Beine ausschüttelte.
    Toll. Er hat mich erkannt.
    »Genau«, sagte sie.
    »Dachte ich mir. Wohnen Sie hier in der Gegend?«
    Trotz seiner freundlichen Stimme traute ihm Jane nicht über den Weg. »Nicht weit von hier. Und Sie?«
    »Auf der Plymouth. Übrigens – ich bin Scott.«
    »Jane.«
    »Ich habe Sie schon mal in der Bibliothek gesehen.«
    Er kam ihr irgendwie bekannt vor, aber es gab wohl genug Männer in der Stadt, die ähnlich aussahen: Er war durchschnittlich groß, schlank, hatte kurzgeschnittenes Haar und ein scheinbar liebenswürdiges Allerweltsgesicht.
    »Sie sehen eigentlich gar nicht wie eine Bibliothekarin aus«, sagte er.
    »Na ja, also …«
    »Aber das hören Sie wohl öfter, habe ich recht?«
    »Manchmal schon.«
    »Wo wollen Sie denn hin?«

    Jane zuckte mit den Schultern.
    »Darf ich Sie ein Stück begleiten?«
    »Ich jogge nicht. Ich gehe nur spazieren«, sagte sie.
    »Kein Problem. Dann gehen wir eben.«
    Wieder zuckte sie mit den Schultern. Sie wollte eigentlich nicht, dass er sie begleitete. Sie wollte ihre Ruhe haben. Aber irgendwie konnte sie sein Angebot nicht ablehnen. »Also gut«, sagte sie. »Sie dürfen mich ein Stückchen begleiten. «
    »Sie geben die Geschwindigkeit vor«, sagte er, während er neben ihr herging.
    »Danke.«
    »Machen Sie das öfter?«
    »Was?«
    »Spazieren gehen. Mitten in der Nacht.«
    Super, dachte sie.
    Wollte er sich jetzt regelmäßig mit ihr zum Abendspaziergang treffen? Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
    »Nein«, sagte sie. »Normalerweise schlafe ich um diese Zeit.«
    »Ich nicht. Ich bin ein richtiger Nachtfalke.«
    Er meint wohl »Nachteule«, dachte sie, wollte ihn aber nicht verbessern.
    »Müssen Sie morgen nicht zur Arbeit?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Aha. Was machen Sie denn so?«
    »Ausschlafen.«
    »Aha.« Offenbar kein gutes Thema. Wenn er nicht über seine Arbeit sprechen will – auch gut.
    »Dann sind Sie also ein Bankräuber«, sagte sie gegen alle Vorsätze.
    Scheiße.

    Er lachte.
    Sein Lachen klang nach »Baby, ich habe deinen kläglichen Versuch, einen Witz zu machen, bemerkt, finde das aber leider überhaupt nicht lustig.

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