Das Spiel
unterbricht er mich. »Es überrascht mich, daß Pasternak versucht, Ihren Namen herauszuhalten.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Ach bitte, Harris. Selbst jemand, der nicht spielt, würde dagegen wetten.«
Seine Anspielung trifft mich wie eine Kanonenkugel in die Brust. Er weiß nicht nur von Matthew. Er weiß auch von dem Spiel, und er will, daß ich es auch weiß.
Ich starre ihn kalt an. »Pasternak ist im Konferenzraum?«
»Da vorn«, sagt er und deutet den Flur entlang wie ein vornehmer Oberkellner. »Nach Ihnen ...«
Ich gehe voraus, und er klebt mir an den Hacken.
»Es klingt so, als kennen Sie beide sich schon lange«, sagt er.
»Wer? Pasternak und ich oder Matthew und ich?«
»Beide«, erwidert er und rückt ein Schwarzweißfoto vom Obersten Gerichtshof gerade. Er stellt zwar Fragen, aber die Antworten interessieren ihn nicht sonderlich.
Ich werfe einen Blick über die Schulter und mustere ihn von Kopf bis Fuß. Windjacke ... graue Hose ... schokoladenbraune Kalbslederschuhe. Auf dem kleinen Zinnschild steht Ferragamo. Ich drehe mich wieder um. Elegante Schuhe, vor allem, wenn man seinen Gehaltsscheck von der Regierung bezieht.
»Hier.« Er deutet auf eine Tür zu meiner Rechten. Sie ist aus Milchglas, wie die neben dem Aufzug. Ich sehe nur verschwommen den Umriß von Pasternak, der in seinem Lieblingsledersessel in der Mitte des langen Konferenztisches sitzt. Pasternaks erste Lektion. Es ist besser, in der Mitte zu sitzen als am Kopfende des Tisches. Wenn man etwas erreichen will, muß man den Mitspielern näher sein.
Ich drehe den Türknopf. Natürlich hat Pasternak diesen Konferenzraum gewählt. Er ist der größte. Erst als die Tür aufschwingt, fällt mir auf, daß die Lichter gelöscht sind. Pasternak sitzt im Halbdunkel der letzten Sonnenstrahlen, die durch das große Panoramafenster in den Raum dringen.
Die Tür fällt hinter mir ins Schloß, und ein leises elektrisches Summen ertönt, als hätte jemand ein Transistorradio angeschaltet. Ich drehe mich um und sehe gerade noch, wie der Mann mich anspringt. In seiner Hand hält er ein Kästchen, das wie ein schwarzer Ziegelstein aussieht. Ich zucke im letzten Moment zurück und reiße schützend den Arm hoch. Der Kasten prallt gegen meinen Unterarm, und ich spüre ein scharfes Brennen auf der Haut. Hat mich der Mistkerl etwa gestochen?
Er erwartet, daß ich zurückweiche. Stattdessen halte ich den Kasten fest und ziehe ihn an mich heran. Er verliert das Gleichgewicht und stolpert gegen mich. Ich ramme ihm die Faust genau auf das Auge. Sein Kopf fliegt zurück, und er torkelt gegen die Milchglastür. Das schwarze Kästchen fliegt ihm aus der Hand und platzt auf dem Boden auseinander. Batterien rollen über den Teppich, doch der Mann selbst geht nicht so leicht zu Boden. Er betupft mit den Fingerspitzen sein Auge und grinst anerkennend, als würde ihm die ganze Sache Spaß machen. Sein Gesicht läßt darauf schließen, daß er schon mehr Schläge eingesteckt hat. Er leckt sich den Mundwinkel. Die Botschaft ist klar: Wenn ich nachhaltigere Wirkung erzielen will, muß ich mich mehr anstrengen.
»Wer hat dir gezeigt, wie man boxt?« Er sammelt die Bruchstücke des schwarzen Kästchens ein und schiebt sie in die Tasche. »Dein Dad oder dein Onkel?«
Er will mir klarmachen, daß er mich kennt ... und an meine Gefühle appellieren. Da hat er keine Chance. Ich habe mehr als ein Dutzend Jahre auf dem Capitol Hill zugebracht. Wenn es um mentales Boxen geht, nehme ich es mit einem ganzen Kongreß voller Muhammed Alis auf. Allerdings habe ich nicht vor, einen echten Boxkampf mit ihm zu riskieren.
Er richtet sich wieder auf, und ich sehe mich hilfesuchend um. »Buddy!« rufe ich Pasternak zu. Er sitzt zurückgelehnt am Konferenztisch und rührt sich nicht. Ein Arm baumelt über der Stuhllehne, und seine Augen sind weit geöffnet ... Tränen verschleiern meinen Blick. Mit zwei Schritten bin ich bei ihm, bleibe dann jedoch wie angewurzelt stehen und hebe die Hände. Nichts anfassen!
»Du bist wirklich ein cleveres Kerlchen!« ruft Tränensack.
Ich höre das Rascheln seiner blaugelben FBI-Jacke hinter mir, als er langsam auf mich zukommt. FBI? Von wegen! Ich drehe mich um und sehe sein überhebliches Grinsen. Er glaubt wohl, er hätte mir den einzigen Fluchtweg versperrt. Ich wirbele herum und laufe zu dem Panoramafenster. Dahinter liegt ein Innenhof. Und eine Tür, die hineinführt.
Ich laufe im Zickzack zu der Glastür am hinteren Ende des
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