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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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    „Der gnädige Herr empfängt Sie jetzt“, hüstelte der Diener vom oberen Absatz einer geschwungenen Treppe herab.
    Lischka erhob sich und stieg zu dem Diener hinauf, der ihn durch einen schmalen Gang mit im pompeijanischen Stil bemalten Wänden führte und ihm die Tür zu einem kleinen Salon öffnete.
    Direktor Kinsky stand am Fenster und blickte auf die abendliche Straße hinunter. Das Licht einer Gaslaterne tauchte seinen Kopf in einen buttrig gelben Schimmer, was ihm einen irgendwie poetischen, kontemplativen Ausdruck verlieh.
    Kinsky fuhr herum, als Lischka eintrat, und starrte den Inspektor an, als hätte er vergessen, dass er selbst ihm Einlass gewährt hatte. Er trug einen weiten Hausmantel aus violetter Seide. Um den Hals hatte er ein rotes Tuch geschlungen, und seine Füße steckten in übergroßen Pantoffeln.
    „Was wollen Sie?“, kam es als Begrüßung.
    „Mich erst mal setzen“, sagte Lischka und ging langsam und aufmerksam um sich blickend auf einen ausladenden Sessel zu. „Sie und ich, wir haben nämlich eine Menge zu besprechen, Herr Direktor .“
    Der Diener zog sich zurück und schloss leise die Tür.
    Der Direktor setzte sich nicht, sondern ging vor den Fenstern auf und ab wie ein eingesperrtes Tier. Der Salon war mit grüner Seidentapete ausgekleidet. Auf kleinen Sockeln standen bunt glasierte Porzellantiere.
    Der Inspektor fragte sich, warum Kinsky so aufgeregt war. Er lehnte sich in seinem seidengepolsterten Sessel zurück und schlug das Bein über.
    „Nun, Dr. Kinsky, Sie sehen, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir etwas ausführlicher sprechen müssen. Und so leid es mir auch tut, im Moment laufen viele Fäden bei Ihnen zusammen. Zu viele Fäden.“
    „Ach, verhaften Sie mich jetzt wegen diesen unsäglichen Morden, oder was?“
    Lischka machte ein überraschtes Gesicht. „Sollten wir das denn? Haben Sie etwas damit zu tun?“
    Kinsky setzte sich jetzt doch in einen der Sessel. Er quoll ein wenig über die Lehnen hinaus. Mit empört aufgerissenem Mund starrte er sein Gegenüber an. Die Farbe seiner Zähne erinnerte Lischka an alte, verwaschene Kernseife, und das Haar stand ihm wirr vom Kopf ab wie eine Wolke aus Draht. Er sah aus, als wäre er gerade eben aus dem Bett gekrochen.
    „Also, Herr Kinsky, ich schlage vor, Sie beantworten mir nun folgende Frage: In was für einer Beziehung stehen Sie zu den von Schattenbachs?“
    „Zu wem?“, blaffte Kinsky, doch dann sah er offenbar ein, dass seine angebliche Ahnungslosigkeit unglaubwürdig war. „Frau Luise von Schattenbach ist Stammgast im Museum.“
    „Ich meinte eigentlich eher, in was für einer privaten Beziehung Sie zu den beiden stehen“, präzisierte Lischka.
    Kinsky wand sich etwas und winkte dann betont gleichgültig ab. „Ach, Sie wissen doch, wie das ist! Man sieht sich hin und wieder mal auf einem Empfang oder auf einem Ball. Ich kenne eigentlich nur die Dame, weil sie wie gesagt …“
    „Wie lange kennen Sie Hofrat Viktor von Schattenbach schon? Wann wurde er Ihnen vorgestellt?“, unterbrach Lischka ihn.
    „Das weiß ich nicht mehr genau, es ist schon so lange her! Was sollen diese Fragen überhaupt?“
    „Wollen Sie sie lieber auf dem Kommissariat beantworten?“
    „Vor ein paar Jahren; ich glaube, es war so um 1901.“
    „Und wie kam es dazu?“
    „Nun, er war eben auch einmal Gast im Kunsthistorischen Museum – ist das so außergewöhnlich?“
    „Erzählen Sie mir etwas über Otto Grimminger.“
    Kinsky zuckte zusammen und blickte zu einer zweiten Tür auf der anderen Seite des Salons, als würde er sich von dort Hilfe erhoffen.
    „Herr Inspektor, ich verstehe, dass Sie sich um das Wohl Ihrer Stadt sorgen, aber ich kann keine weiteren Fragen beantworten, bevor ich nicht weiß, worum es geht. Otto Grimminger hat nichts mit den Morden zu tun, ebenso wenig ich oder das Ehepaar von Schattenbach.“
    „Aber nein!“, winkte Lischka lächelnd ab. „Es geht hier gar nicht um die Morde. Haben Sie das etwa gedacht?“
    „Was soll das Ganze dann?“, schrie Kinsky jetzt und warf wieder einen besorgten Blick zu der Tür. Lischka wusste plötzlich, dass hinter dieser Tür jemand war. Jemand, der nicht mit Kinsky zusammen gesehen werden sollte. Vielleicht sogar eine der Personen, die gerade Gegenstand der Befragung waren.
    Lischka lächelte in sich hinein. „Herr Direktor. Ich würde Sie gern zu dem Vorwurf befragen, dass im Kunsthistorischen Museum Gemälde gefälscht werden.“
    Kinsky

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