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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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schwankend
gemacht, doch nun, da es darauf ankam, da sie sich zwischen ihrer
Pflicht und seiner Geschichte entscheiden musste, vermochte sie
ihm einfach nicht zu glauben. Sie misstraute den
US/UN-Behörden, Softwareimplantate lehnte sie aus Prinzip
ab, und das ganze Uhrmacher-Gerücht war dermaßen
apokalyptisch, dass sie sich kaum vorzustellen vermochte, dass es
zu ihren Lebzeiten wahr werden könnte. Sie war sich bewusst,
dass die Menschen am Vorabend der Apokalypse das gleiche
Gefühl hätten, dass so gut wie jeder, der sich mit
einer äußeren Bedrohung seiner Alltagsexistenz –
wie Krieg, Revolution, Völkermord, Säuberungen,
Naturkatastrophen – konfrontiert sah, ihr Eintreffen in der
festen Überzeugung, dergleichen könne einfach nicht
passieren oder jedenfalls nicht an seinem Wohnort oder nicht ihm,
tatenlos abwarten würde. Sie wusste allerdings auch, dass
dem Ereignis eine endlose Kette von Fehlalarmen,
trügerischen Vorzeichen und falschen Propheten vorausgehen
würde. Diese Dinge waren mit ein Grund dafür, weshalb
das Ereignis stets wie ein Dieb in der Nacht oder (um den
Vergleich um ein paar tausend Jahre upzudaten) wie ein
Geheimpolizist in den frühen Morgenstunden daherkam.
    Abgesehen von blindem Glauben (eine Option, die sie so schnell
verwarf, dass es das Missfallen ihres Pastors erregt hätte)
war es am besten, sich an die verfügbaren Hinweise zu halten
und die vorliegenden Daten möglichst ökonomisch zu
interpretieren. Alles deutete auf eine terroristische Offensive
hin; und die Erklärung, dass sie in eine raffinierte
Verschwörung irgendeiner Faktion der globalen
Sicherheitskräfte verwickelt worden war, schien ihr
wahrscheinlicher als die Annahme, eine künstliche
Intelligenz sei auf den Plan getreten.
    Eine terroristische Offensive… daran war nicht zu
rütteln, und Beulah City war gut darauf vorbereitet: die
Krieger waren mobilisiert, die Luftabwehr in Alarmbereitschaft
versetzt, die elektronischen Abwehrmaßnahmen
durchleuchteten die Netzwerke wie Radarstrahlen. Ein besonders
erfreulicher Nebeneffekt von Donovans Rückzug bestand darin,
dass es ihr zum dritten Mal in zehn Jahren gelungen war, die
Routinen des Schwarzen Plans der ANR aus der Hardware von Beulah
City zu entfernen. Dieser Erfolg wog die peinliche Tatsache auf,
dass die Rebellen ungestraft davongekommen waren.
    Sollte Bleibtreu-Fèvre sich ruhig wegen AIs Sorgen
machen. Sie konnte bloß hoffen, dass sie niemals vor einer
Untersuchungskommission für den kürzlich erfolgten
Aufstand und die Störungen des königlichen Friedens und
so weiter würde erscheinen und Rechenschaft über ihre
Auslandskonten ablegen müssen.
     
    Jordan zuckte zusammen, als kühle Finger über seine
Ohren und Augen streiften und ihm Brille und Kopfhörer
abnahmen. Das Blut stieg ihm zu Kopf, als Cat über seine
Schulter langte und ihm die Datenhandschuhe abstreifte.
    »Was ist los?«
    »Hey«, sagte sie. »Immer mit der Ruhe. Es
ist geschafft.«
    Sie sprang zurück, als er auf dem Stuhl
herumwirbelte.
    »Was ist geschafft?« Er bedauerte seinen gereizten
Ton. Der Medienraum war menschenleer, die Luft dick vernebelt von
Zigarettenqualm. Cats Silhouette hob sich vom hellen
Türquader ab, ihr Gesicht lag im Schatten. Er fühlte
sich verwirrt und desorientiert, als sei er soeben aus einem
Traum erwacht, und er hatte einen klebrigen Mund.
    »Alles, was geschafft werden konnte«, antwortete
Cat. »Du warst stundenlang online, seit die Abstürze
aufgehört haben.«
    Jordan blickte auf das Uhrenicon: 24.03.
    »So spät ist es?«
    »Ja«, sagte Cat. »Du warst abgetaucht. Ganz
versunken.«
    »Oh.« Jordan schüttelte den Kopf und erhob
sich. »Ich muss bloß noch ein paar
Dinge…«
    »Nein«, widersprach Cat entschieden. »Komm
mit. Es gibt nichts mehr zu tun. Es ist geschafft, mehr kannst du
nicht erreichen. Überlass den Rest der Göttin.«
Ihrem Tonfall war zu entnehmen, dass sie lächelte.
    Sie wandte sich ab, und er folgte ihr in den
Gemeinschaftsraum. Niemand war da, nicht einmal die Kinder.
    »Wo sind die alle hin?«
    »Schlafen entweder den Schlaf der Gerechten oder haben
Dienst«, antwortete Catherin aus der Ecke. Sie langte in
eine der Taschen, die sie hier abgelegt hatte, und zog eine
Flasche Glenmorangie hervor.
    »Wo hast du den her? Der stammt doch aus einer
kontrollierten Zone, die unter das Embargo fällt.«
    »Stell keine Fragen«, sagte Catherin, blickte in
einen

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