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Das Stockholm Oktavo

Das Stockholm Oktavo

Titel: Das Stockholm Oktavo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Engelmann
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war.

Kapitel 53

Die Iden des März
    Quellen: E. L., Küchenmagd von Gullenborg
    Die Küchenmagd ging die Schlüssel am Bund durch, zum Schutz stand ein stiller Hausdiener neben ihr. »Der Damenbetkreis hat Bescheid gesagt, dass Sie kommen würden, Diakon. Die Frauen meinten, ihre Gebete wären nach alldem nicht stark genug«, sagte sie.
    »Es ist die Pflicht der Geistlichkeit, dem Sünder beizustehen und dem Teufel die Stirn zu bieten. Ich danke Gott für diese Gelegenheit.«
    »Zuerst sollten Sie mir danken.« Die Küchenmagd streckte die Hand aus, steckte die Münzen ein und schob den Riegel zurück. »Verzeihen Sie, Diakon, aber der Geist der alten Köchin ist noch immer in der Unratkammer gefangen, deswegen werde ich nicht mit Ihnen hinuntergehen.«
    Kaum war ich durch die Tür gegangen, schloss die Magd auch schon wieder ab, ich hörte ihre Stimme gedämpft durch das Holz: »Klopfen Sie dreimal laut, wenn Sie wieder rauswollen. Der Diener wartet hier. Das Fräulein darf ohne Madames Erlaubnis nicht heraufkommen.« Ich hörte das Mädchen davonhuschen, als würde es fürchten, die dunklen Treppen hinabgesogen zu werden.
    »Fräulein Blom?«, rief ich leise. »Hier kommt die Erlösung.« Unten war es still. Das einzige Licht kam vom Herd, es warf lange, flackernde Schatten und Streifen auf die Kacheln. Ich fuhr zusammen, als ein Kopf hinter einer Ecke hervorlugte.
    »Gehen Sie, Pfarrer«, flüsterte Johanna. »Es ist zu spät für eine Rettung.«
    »Ich habe viel bezahlt für die Ehre, Sie zu retten«, sagte ich und ging auf sie zu.
    Johanna starrte mich an, als wäre ich eine Erscheinung, dann zog sie mich in die Küche und flüsterte mir ins Ohr: »Sprechen Sie leise, oben lauschen sie an der Tür.« In der Küche war es warm und dunkel, die weißen Wandfliesen warfen den Schein des offenen Herdfeuers und der Öllampe über dem langen Eichentisch zurück. »Wo ist die Uzanne?«, fragte sie.
    »Sie tröstet sich in Karls Bett. Oder tröstet ihn. An den Iden des März sind alle Herrscher auf der Hut«, sagte ich. Johannas Schultern entspannten sich bei dieser Nachricht. »Vor allem Gustav fürchtet diesen Tag – dabei sollte er doch Angst vor morgen haben.« Ich entledigte mich des Biretts und der Kasel, die Meister Fredrik mir geliehen hatte, und nahm den Schal von meinem Gesicht. »Ich jedenfalls habe Angst.«
    Graupeneintopf mit Rindfleisch verströmte einen deftigen, würzigen Geruch, Johanna ging zum Herd und rührte um. »Haben Sie Hunger, Herr Larsson?«
    Ich antwortete nicht, aber sie schöpfte für mich eine Schüssel voll und setzte sich auf den dreibeinigen Schemel am Herd. Ich nahm am Tisch Platz, wo ich sie besser sehen konnte.
    »Was ist der alten Köchin zugestoßen?«, fragte ich.
    »Sie war die Generalprobe für die Tragödie, die morgen Abend aufgeführt wird.«
    Ich blickte zur Tür der Unratkammer. »Und wie wird sich diese Tragödie abspielen?«
    Ein Kiefernscheit fiel krachend aus dem Herd, Johanna kickte ihn zurück ins Feuer. Im Luftzug flogen Funken vor der verrußten Kaminmauer auf. »Der erste Akt ist der Waffengang, dieser Teil wird leicht und lustig. Die Uzanne und Fräulein Plomgren werden als Männer verkleidet und maskiert sein, die jungen Damen kostümieren sich als verführerische Frauen. Die Uzanne und Anna Maria werden sich auf Gustav konzentrieren, und ihre Clique wird die königstreuen Männer umgarnen. Die Mädchen werden die Freiheit ausnutzen, die ihnen die Masken verleihen. Der zweite Akt ist düster. Sie haben die Lektion über Dominanz verpasst, aber ich weiß, dass Meister Fredrik es Ihnen erklärt hat. Die jungen Damen haben ihre Fächer mit parfümiertem Talk oder Aphrodisiaka aus der Löwenapotheke gefüllt, aber die Plomgren wird den grau-silbernen Fächer tragen, der hier in der Küche von Gullenborg präpariert wurde. Kassiopeia wird als Ersatz bereit sein, aber die Uzanne wird sich die Hände nicht schmutzig machen, wenn sie es vermeiden kann.« Johanna drehte sich auf ihrem Schemel um und sah mich an. »Ich werde keinen besonderen Fächer haben – nach dem Vorfall gestern Nacht mit der alten Köchin findet die Uzanne mich zu ungeschickt. Aber ich werde beim Finale dabei sein, als unmaskierte Maid, als Fastenopfer sozusagen. Wenn es danebengeht oder man den Verrat aufdeckt, wird die Uzanne auf mich zeigen und urplötzlich begreifen, dass ich den Kleinen Per vergiftet und die alte Köchin ermordet habe. Sie wird behaupten, nichts von meinen Schandtaten

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