Das Strandhaus
dalag.
»Brrr … mir ist kalt«, sagte Ashley mit klappernden Zähnen und schlang die Arme um ihre nackte Taille. Ihr Bikini wärmte nicht gerade. »Leih mir dein T-Shirt.«
Ross fror ebenfalls. »Machst du Witze? Es ist völlig durchweicht. Es würde dich nicht aufwärmen.«
»Vielleicht gibt es ein paar Handtücher hier«, schlug sie verzweifelt vor. »Oder einen Bademantel oder so was.«
»In einem Strandhaus, das seit dreißig Jahren leer steht?«
Sie zog ein angewidertes Gesicht. »Lass uns wenigstens mal nachschauen. Es ist einen Versuch wert.«
Ashley sprang auf und strebte zum Flur, ohne seine Antwort abzuwarten. Regen trommelte auf das Dach und spritzte gegen die Fenster. Das unablässige Rauschen der Meereswellen wetteiferte mit dem Prasseln des Regens.
Es gab keine Handtücher in dem kleinen Bad. Ashley hinterließ eine schmale Wasserspur, als sie nach nebenan in das Schlafzimmer eilte. Es war nur mit einem Doppelbett mit einer nackten Matratze und einer Frisierkommode möbliert. Hastig riss sie die Schubladen auf. Wieder nichts.
Mit einem genervten Seufzer eilte sie zu dem Wandschrank und schob die Tür auf. Es war dunkel im Innern. Sie spähte hinein. Er schien leer zu sein.
Sie trat hinein.
Wow, dachte sie. Sie steckte ihren Kopf hinaus und rief: »Hey, Ross. Komm her und sieh dir diesen Wandschrank an. Er ist riesig.«
»Nein, danke«, hörte sie ihn zurückrufen. »Schränke interessieren mich nicht besonders. Hast du irgendwelche Handtücher gefunden?«
»Nein«, erwiderte sie entmutigt.
Es ist so dunkel hier drin, dachte Ashley. Der Schrank scheint größer als das ganze Zimmer zu sein!
Fröstelnd wandte sie sich zum Gehen um, als ihr Fuß etwas berührte.
Etwas Weiches, das sich um ihren Knöchel wickelte.
Ashley schnappte erschrocken nach Luft und trat danach, aber es wollte nicht loslassen.
Und dann fing sie an zu schreien.
»Ashley, um Gottes willen, was ist? Wo bist du?«
Ross stürzte in den offenen Schrank. »Alles okay?«, fragte er alarmiert.
»Ja, entschuldige«, sagte sie mit immer noch zitternder Stimme. »Da war etwas auf dem Boden. Ich hab’s aufgehoben. Es ist …«
Sie legte eine Hand auf seine Brust und gab ihm einen sanften Schubs, dann folgte sie ihm aus dem dunklen Wandschrank hinaus.
In dem grauen Licht, das zum Schlafzimmerfenster hereinfiel, untersuchte sie ihren Fund genauer. Und riss überrascht die Augen auf.
»Es ist doch nur ein Tuch«, meinte Ross ungeduldig. »Was guckst du so verdattert?«
»Es gehört Lucy«, brachte sie schließlich hervor, immer noch erschrocken auf das grüne Seidentuch in ihrer Hand starrend. Sie ließ es durch ihre zitternden Finger gleiten. »Es ist das edle Tuch, das ich Lucy zu ihrem letzten Geburtstag geschenkt habe.«
»Wie ist es in den Schrank gekommen?«, wollte er wissen.
Ashley betrachtete das Tuch und blickte dann zu Ross auf. »Ich weiß es nicht.«
Hinter der hohen, perfekt geschnittenen Hecke erhob sich Brians Sommerhaus wie ein Schloss. Drei Stockwerke hoch ragte es über einem breiten, gepflegten Rasen auf, ein großes, rosa-graues Steingebäude mit weißen Läden an den schmalen, langen Fenstern.
Ashley lenkte den Wagen ihrer Eltern die scheinbar endlose Auffahrt hinauf, fuhr an einem Blumengarten von der Größe einer Wiese vorbei, und parkte vor der Garage, in der vier Autos Platz hatten.
»Ist das ein Haus oder ein Hotel?«, fragte Ross mit großen Augen, als sie über den mit Steinplatten belegten Weg zum Haus hinübergingen.
»Brian hat nicht geflunkert, als er sagte, er wäre reich«, meinte Ashley und betrachtete bewundernd eine fein ziselierte Skulptur, die von einem Meer leuchtend orangefarbener und gelber Tigerlilien eingerahmt war.
Sie blieben vor der Haustür stehen, die passend zu den Fensterläden weiß gestrichen war, mit einem polierten Messingklopfer in der Mitte.
Ashley suchte nach der Klingel. Da sie keine fand, griff sie schließlich nach dem Türklopfer.
Sie hatte ihn kaum angehoben, als die Tür bereits aufschwang. Eine Hausangestellte in gestärkter weißer Uniform starrte ihnen entgegen. Sie war eine dünne Frau mittleren Alters mit ausdrucksvollen dunklen Augen und kurzem, vollem Haar, das früher einmal schwarz gewesen sein musste, jetzt jedoch breite graue Strähnen aufwies. »Wollt ihr nicht hereinkommen?«, fragte sie kalt und winkte Ashley und Ross ins Haus.
»Brian erwartet euch«, sagte die Frau, während sie die beiden weiter unverwandt mit ihren dunklen
Weitere Kostenlose Bücher