Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)

Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)

Titel: Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
kopfschüttelnd.
    »Eine Satteltasche aus Leder, mehr nicht, mein Freund. Gute Qualität und sauber genäht, das ist aber auch alles.«
    Doch der junge Krieger grunzte zufrieden und zeigte auf eine der Klappen, die er hochgeschlagen hatte.
    »In das Leder ist ein Zeichen eingebrannt, man macht das mit einer heißen Nadel, es sieht aus wie …« Er hielt die Tasche den anderen näher hin.
    »Wie was?«
    Fidelma nahm ihm die Tasche aus der Hand und schaute genauer hin. »Eine sich um ein Schwert ringelnde Schlange. Das ist doch das Zeichen der …«
    »… der Gebieter der Uí Fidgente«, beendete Gormán ihren Satz mit Nachdruck.
    Fidelma drehte sich zu Aibell um, die immer noch mit Essen beschäftigt war.
    »Wann hast du Dún Eochair Mháigh verlassen?«
    »Hab ich doch gesagt, als ich das Alter der Wahl erreicht hatte. Vor vier Jahren.«
    »Das heißt, du bist jetzt achtzehn. Wo hast du dich all die Jahre aufgehalten?«
    Aibell rang deutlich mit sich, ob sie antworten sollte oder nicht, entschied sich jedoch dafür, als sie Fidelmas drohenden Gesichtsausdruck sah.
    »Ich war lange im Land der Luachra.«
    »Und was hast du dort gemacht?«
    »Ich habe im Haushalt von Fidaig gedient.«
    »Fidaig? Im Haus des Stammesführers der Luachra?«, fragte Fidelma erstaunt.
    »Ich habe dort in der Küche gearbeitet.«
    »Und weshalb bist du von dort fort?«
    »Wenn du es denn wissen musst, ich bin fortgelaufen«, erwiderte das Mädchen trotzig. »Man hatte mich ihm als Leibeigene verkauft, und ich bin weggerannt.«
    Fidelma zog die Augenbrauen zusammen. »Du hast vorher gesagt, du wärest in der Nähe vom Hauptort der Uí Fidgente geboren und aufgewachsen. Wer war dein Vater?«
    »Er war Fischer, ein iascaire , am Fluss Mháigh.«
    »Welchem Stand gehörte er an?«, forschte Fidelma weiter.
    Aibell gab sich zynisch. »Er war ein saer-céile , ein freier Pächter. Er hatte seine Hütte, einen Streifen Land und Fischereirechte vom Stammesführer der Uí Fidgente gepachtet.«
    »Was hast du dann damit gemeint, als du sagtest, man hätte dich an die Luachra verkauft? Weshalb sollte ein freier Mann der Uí Fidgente zulassen, dass man seine Tochter an einen benachbarten Stamm verkauft?«
    »Mein Vater erklärte mich zu einer daer-fudir und verkaufte mich.«
    Fidelma konnte es nicht fassen. Ein daer-fudir war das am niedrigsten stehende Mitglied der Gesellschaft; meist waren es Verbrecher, die sich geweigert hatten, ihre Strafen oder Wiedergutmachung zu zahlen, es konnten auch Gefangene aus einer Schlacht sein, es waren also Sklaven, oft aus fremden Landen, Menschen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten und nicht imstande waren, sich aus dem Sumpf zu ziehen. Trotzdem war ihr Schicksal nicht ganz hoffnungslos, denn das Gesetz gewährte ihnen eine Chance: Wenn sie Fleiß und Beharrlichkeit an den Tag legten, konnten sie sich hocharbeiten und aus ihrem ehrlosen Status befreien, unter Umständen sogar ein freies Mitglied im Clan werden.
    »Wie konnte es so weit kommen, dass du eine daer-fudir wurdest?«
    »Mein Vater verkaufte mich, um seine Schulden zu bezahlen.«
    »So etwas ist gesetzeswidrig!«, empörte sich Fidelma.
    »Mein Vater war ein Scheusal.«
    »Wie hieß dein Vater?«
    »Escmug.«
    »Ein passender Name für einen Fischer«, brummte Gormán. Der Name bedeutete nämlich »Aal«.
    »Er war ein Scheusal«, wiederholte das Mädchen, sah Fidelma fest in die Augen und erklärte: »Anfangs war ich nicht böse, dass ich ihm auf diese Weise entkommen konnte. Wenn du wirklich so klug bist, wie du dich gibst, dann weißt du auch, was ich damit meine, wenn ich sage, er war wie Oenghus Tuirbech aus den Geschichten, die man sich an Winterabenden am Feuer erzählt.«
    Eadulf bemerkte, dass es Gormán ebenso wenig sagte wie ihm, denn auch der junge Krieger schaute verdutzt drein. Fidelma aber schien entsetzt über das, was sie zu hören bekam. »Dann hast du Schlimmes erlebt, Aibell«, sagte sie mitfühlend. »Langsam verstehe ich, warum du so verbittert bist.«
    »Niemals!«, schrie sie heraus. »Niemals wird mich jemand wirklich verstehen können. Niemals wirst du verstehen, was ich durchgemacht habe. Aber darauf lasse ich mich nicht noch einmal ein. Wenn du mich zurückschicken willst, wehre ich mich mit Händen und Füßen.«
    »Niemand wird dich zurückschicken. Wenn du schon das Alter der Wahl erreicht hattest, als man dich als Leibeigene verkaufte, hat dein Vater gegen das Gesetz verstoßen und ebenso Fidaig, indem er dich kaufte.

Weitere Kostenlose Bücher