Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
zu erreichen.«
»Wenn ihr aber in Mungairit keinen Erfolg habt, was dann?«
»Dann reiten wir in Richtung Südwest am Fluss An Mháigh entlang bis Dún Eochair Mháigh. Dort werden wir uns erkundigen, was man über das Mädchen Aibell und ihre Mutter Liamuin weiß. Von Mungairit brauchen wir nicht mal einenTag bis dahin. Sollten unsere Nachforschungen das erfordern, reiten wir noch einen weiteren Tag hindurch ins Gebiet der Luachra. Von den Luachra benötigen wir zwei, höchstens drei Tage für den Rückweg nach Cashel. Natürlich hängt alles davon ab, wie lange wir uns an jedem Ort aufhalten müssen. Wir werden also mindestens eine Woche fort sein.«
Finguine überdachte die Zeitspanne. »Dass ich darüber glücklich bin, kann ich nicht sagen, doch wenn es sich nicht anders machen lässt …«
»Es muss sein, nur so können wir in Erfahrung bringen, ob uns weitere Gefahren drohen«, entgegnete Fidelma selbstbewusst.
Finguine nickte kurz und fragte in die Runde: »Ist jeder damit einverstanden?«
Einer nach dem anderen gab seine Zustimmung, wenngleich Caol seine Enttäuschung noch nicht überwunden hatte, nicht das Schutzgeleit geben zu dürfen.
Draußen vor der Ratskammer entschuldigte sich Fidelma bei Eadulf.
»Wofür denn?«
»Wir müssen uns wieder für eine Weile von Klein-Alchú trennen.«
Eadulf schaute sie aufmunternd an. »In diesem Falle ist es leider nötig. Wollen hoffen, dass wir nicht lange fortbleiben müssen. Der Junge ist ein aufgewecktes Bürschchen, wir müssen uns mehr um ihn kümmern. Er kann schon zählen und spricht ganz ordentlich. Er schnappt sogar Brocken von meiner Sprache auf, auch wenn Muirgen etwas dagegen hat.«
Fidelma lachte vergnügt. »Darauf müssen wir nichts geben. Entscheidend ist, was wir für richtig halten. Es wird Zeit, dass der Junge anfängt, Sprachen zu lernen. Wir sollten mitBruder Conchobhar darüber reden. Er ist der Ansicht, je früher Kinder Sprachen lernen, umso leichter fällt es ihnen.«
»Mich hat überrascht zu hören, wie gut er zählen kann und wie groß sein Wortschatz ist. Mir war richtig peinlich, wie er den dicken Ordan eingeschätzt hat, dabei stimmte es genau. Er kann sich gut ausdrücken, kennt den Unterschied zwischen Wörtern, die Zeitvorstellungen bezeichnen wie gestern oder nächste Woche oder Gefühle wie Freude oder Enttäuschung .«
Fidelma spöttelte. »Der Junge lässt nur erkennen, dass er ein ganz normales Kind ist.«
»Er kann sogar mit Zahlen die Menge von Dingen angeben«, ereiferte sich Eadulf.
»Wie eben jedes durchschnittliche Kind in seinem Alter.«
Eadulf merkte, dass er wie ein stolzer und prahlerischer Vater klang, und schwieg.
»Suchen wir Bruder Conchobhar auf«, schlug Fidelma vor. »Wir könnten ihn bitten, sich ein wenig mit Alchú zu beschäftigen, während wir fort sind. Muirgen versorgt und umsorgt ihn mit aller Liebe, doch inzwischen nimmt er Neues so rasch auf, dass ein bisschen Unterstützung dabei nützlich wäre. Was für sie, die in Gabhlán im Schatten der Berge des Sliabh Mis aufwuchs, gut war, reicht nicht aus für einen … Eóghanacht.« Beinahe hätte sie gesagt »für einen Prinzen der Eóghanacht«, vermied es aber, um Eadulf nicht zu verletzen, und der tat, als hätte er den Versprecher nicht bemerkt.
Sie gingen über den Hof mit dem Kopfsteinpflaster zu der kleinen Apotheke. Durchs Fenster war schwaches Licht zu sehen. Fidelma klopfte an die dunkle Eichentür und drückte auf die Klinke. Sofort umfing sie und Eadulf der durchdringende Geruch von getrockneten Kräutern und Blüten, der ihnen einen Moment den Atem nahm, so betäubend war dasGemisch der Düfte. Sie brauchten ein paar Minuten, um sich daran zu gewöhnen.
Aus der Düsternis des hinteren Raums erschien Bruder Conchobhar mit einer Lampe in der Hand. Er lächelte die Gäste freundlich an, setzte die Leuchte ab und entzündete eine zusätzliche Lichtquelle. »Der Zustand deines Bruders hat sich noch nicht verbessert, Fidelma«, berichtete er sofort. »Ich bin erst vor kurzem bei ihm gewesen. Ich erwarte nicht, dass sich an seinem Befinden bis morgen etwas ändert, weder zum Guten noch zum Schlechten. Das Herz ist stark, und die Blutungen haben aufgehört. Ist ja auch nicht das erste Mal, dass der König so schwer verwundet wurde.«
Erstaunt runzelte Fidelma die Brauen. »Ich kann mich nicht entsinnen, dass er schon einmal schwer verwundet war.«
»Du warst damals in der Abtei Der Lachs aus den Drei Quellen, Lady, wie ich mich
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