Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Ansicht darzulegen.«
Caol unterstützte die Aufforderung, und auch Beccan nickte zustimmend.
Eadulf beugte sich auf seinem Stuhl vor. »Seit meiner Partnerschaft mit Fidelma sind wir länger von Cashel fort als vor Ort gewesen, wie ihr alle wisst. Was mich angeht, so würde ich lieber ständig hier sein und sehen, wie unser Sohn Alchú heranwächst, wenigstens so lange, bis er ins erziehungsfähige Alter kommt, das ihr áilemain nennt. Herzlich gern würde ich sogar selbst der Lehrer des Jungen werden, doch das ist hier nicht der Brauch, wie mir bewusst ist.«
Brehon Aillín konnte nur schwer seine Verärgerung unterdrücken.»Das ist doch keine Antwort auf die Aufforderung des Thronfolgers.«
»Es war nur der Vorspann zu meiner Antwort, damit ihr versteht, dass ich nicht leichtfertig sage, was ich für notwendig halte«, erwiderte Eadulf und sah dem Oberrichter voll ins Gesicht.
»Sprich weiter!«, forderte Finguine ihn auf und tadelte den Brehon mit einem finsteren Blick.
»Wenn wir die Hintergründe für den Mordversuch an König Colgú und den Tod des Obersten Brehon aufdecken wollen, gebietet der nüchterne Verstand, die wenigen Anhaltspunkte, die wir haben, zu verfolgen. Fidelma hat den einzig logischen Weg deutlich gemacht. Wenn jemand etwas Besseres weiß, würde ich es gern hören.«
Unter den Versammelten herrschte Schweigen, dann räusperte sich Brehon Aillín. »Für mein Dafürhalten steckt in diesem Vorschlag eine ziemlich arrogante Anmaßung.«
Schon hob Fidelma den Kopf, ihre Augen funkelten angriffsbereit.
»Ich habe auf eine Frage geantwortet«, erklärte Eadulf in aller Ruhe, »was daran arrogant sein soll, verstehe ich nicht.«
»›Arrogant‹ ist vielleicht ein zu starker Ausdruck«, erwiderte Brehon Aillín, wobei ein schwaches Lächeln um seine Lippen spielte. »Dennoch steckt in deinem Vorschlag die Mutmaßung, dass nur du und Lady Fidelma geeignet wären, die Nachforschungen unter den Uí Fidgente anzustellen.«
Eadulf sah, wie sich Fidelmas Züge verhärteten, und beschwichtigend legte er ihr die Hand auf den Arm.
Auch Finguine hatte das wahrgenommen und griff sofort ein: »Du tust recht daran, Brehon Aillín, uns zu erinnern, dass es zuallererst dir zukommt, sich des Falles anzunehmen.«
Belustigt beobachtete Fidelma, wie der Schalk aus denblauen Augen ihres Vetters blitzte, während er sich das Haar, rot wie bei allen Eóghanacht, aus der Stirn strich.
»Als Oberster Brehon dürfte Aillín gewillt sein, selbst ins Land der Uí Fidgente zu reiten, um dort herauszubekommen, was hinter dem allem steckt«, verkündete Finguine.
Die Stimme des Thronfolgers klang völlig unverfänglich, wenngleich sich Fidelma sicher war, dass er inwendig über den verknöcherten alten Richter lachte. Und der wurde bei den Worten merklich blass.
»Es wäre mir eine Ehre, mich dieser Aufgabe zu widmen«, brachte er mühsam hervor. »Natürlich könnte ich das auf mich nehmen … aber da ich nun amtierender Oberster Brehon bin, nachdem Brehon Áedo auf so bedauerliche Weise zu Tode gekommen ist …« Er suchte nach den passenden Worten und fuhr dann mit festerer Stimme fort: »… erachte ich es als meine Pflicht, in Cashel zu bleiben und dir, Finguine, als Berater zur Seite zu stehen, bis der König wieder genesen ist. Glaubt ihr nicht, auch einem jüngeren dálaigh könnte es gelingen, weitere Beweise zusammenzutragen?«
»Sehr wahr«, verkündete Finguine. »Und da Fidelma die Nachforschungen bereits mit einigem Erfolg begonnen hat, schlage ich vor, dass sie weiterhin in dieser Richtung tätig bleibt.« Zu Fidelma gewandt, fügte er hinzu: »Ich sehe, du bist bereit dazu, und empfehle, dass unser Freund Eadulf dich dabei wie stets unterstützt.«
Fidelma verbeugte sich tief, damit Brehon Aillín nicht sah, wie vergnügt sie den Auftrag annahm. »Ich werde den Auftrag meines Vetters, des tánaiste, gewissenhaft erfüllen«, erklärte sie feierlich. »Außerdem bin ich sicher, dass Eadulf trotz seiner hier dargelegten Bedenken« – sie schaute den alten Richter bedeutungsvoll an – »mich gern begleiten wird.«
»Aber ihr könnt unmöglich allein ins Land der Uí Fidgentereiten«, protestierte Caol. Der Hauptmann der Elitekrieger von Cashel wandte sich an Finguine. »Sie müssen von einer Leibwache begleitet werden.«
Rasch hob Fidelma ablehnend die Hand. »Wenn wir durchs Land der Uí Fidgente mit einer Schar Leibwächter ziehen, beschwören wir nur Unheil herauf. Fürst Donennach und
Weitere Kostenlose Bücher