Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
fort sind, könntest du dich mit ihm hinsetzen und ihm manches beibringen, dabei würde er auch sprachlich rasch dazulernen. Er kann schon in meiner Muttersprache zählen«, verkündete Eadulf voller Stolz.
Bruder Conchobhar lächelte verständnisvoll. »Leider kenne ich von deiner Sprache herzlich wenig, Freund Eadulf. Aber du kannst beruhigt sein, ein bisschen Latein und Griechisch werde ich ihm beibringen und natürlich viel von meiner Muttersprache.«
»Das wäre ungemein hilfreich, weil …«
»… weil der Junge jetzt alles, was neu ist, so rasch aufnimmt«, ergänzte Conchobhar. »Von Muirgen kann er vielerlei lernen, doch eine Schriftgelehrte ist sie nicht. Nun ist die Zeit heran, dass ihm Wissen vermittelt wird, wozu sie keinen Zugang hat.«
»Genau so ist es.« Eadulf fühlte sich ein bisschen schuldig, Muirgen so beiseitezuschieben. In Alchús ersten Kinderjahren war sie ihnen eine unentbehrliche Stütze gewesen, besonders damals, als Fidelma in eine sonderbare Depression fiel und ihr Zustand ihm Angst machte.
»Keine Sorge, liebe Freunde. Übrigens habe ich neulich von deiner Hohen Schule etwas Besonderes erworben, Eadulf. Ich wollte es dir schon zeigen, bevor … bevor …« Er hob eine Schulter und ließ sie fallen.
»Und was ist das?«, fragte Fidelma eifrig.
»Etwas, das uns hilft, Kinder zu unterrichten. Ein Buch, von dem in Tuaim Drecain eine Abschrift angefertigt wurde. Es wird Cenn Fáelad zugeschrieben, der einst der bedeutendste Lehrer an der Schule war. Doch mir wurde erzählt, dass Longarad von der Abtei Magh Thuathat das ganze Buch entworfen hat. Der Band hat den Titel Auraicept na nÉces – die Schülerfibel. Dort wird etwas über Grammatik vermittelt, über Vers und Reim und was die Zeichen des alten Alphabets bedeuten, das wir nach Ogham, dem Gott der Gelehrsamkeit, benennen. Natürlich wird in der Fibel das neue Alphabet verwendet. Kinder können sich die Buchstaben leichter merken, weil jeder wie ein Baum heißt.«
Eadulf runzelte die Stirn. »So richtig verstehe ich das nicht.«
»Dabei ist es ganz einfach. A steht für ailm – die Tanne; B ist beith - die Birke; C heißt coll - der Haselnussstrauch, und so weiter.«
»Ah, ja. Auch bei uns lehrt man so die Jüngsten. A ist der Apfel; B steht für Baum und C für Caesar.«
»Die Methode ist einleuchtend«, äußerte sich Fidelma. »Nur sollte niemand auf den Gedanken kommen, mehr hineinzugeheimnissen, als wofür sie gedacht ist, nämlich Kindern beim Erlernen der Buchstaben zu helfen.«
Bruder Conchobhar lachte amüsiert. »Das müssen wir wohl nicht befürchten.« Er nahm einen in Leder gebundenen Band mit Pergamentseiten aus dem Regal und hielt ihn Eadulf hin. »Ich stelle das Buch in die Bibliothek, da ist es jederzeit greifbar, du gewinnst einen Eindruck von dem, was ich deinem Sohn beizubringen gedenke.«
»Großartig! Da können wir beruhigt sein, dass der Junge etwas bei dir lernt. Du wirst sehen, er ist ein kluges Kerlchen, und sein Verstand ist so scharf wie der seiner Mutter.«
Fidelma knuffte Eadulf in die Seite, das Kompliment gefiel ihr. »Jetzt müssen wir nur noch Gormán suchen und ihm Bescheid geben, was wir morgen vorhaben.«
Sie ging als Erste hinaus. Kaum war auch Eadulf an der Tür, zupfte ihn der Apotheker am Ärmel und drückte ihm etwas Rundes, Metallisches in die Hand. »Ich weiß, Fidelma hat sich vom Kloster losgesagt«, flüsterte der Alte. »Sie glaubt, sie braucht Kirche und Abtei nicht länger, kommt ohne jede Hilfe von dort aus. Es kann aber auch mal anders sein, und erst recht in dem Land, in das ihr jetzt zieht. Das hier ist das silberne Siegel von Ségdae von Imleach, der als Oberster Abt in ganz Muman anerkannt wird. Er hat es mir vor einiger Zeit gegeben. Wem immer du es vorweist, jeder Geistliche im Königreich wird daran sehen, dass du unter seinem Schutz stehst.« Dann hob er die Stimme und wünschte Eadulf: »Viel Glück auf allen Wegen!«
Fidelma schien nichts bemerkt zu haben. Sie gingen über den von großen Fackeln erleuchteten Burghof. Wache haltende Krieger schritten hin und her, ihre Schatten huschten über die Mauern. In den Stallungen war Gormán dabei, das Zaumzeug zu prüfen. Als sie hereinkamen, begrüßte er sie mit einem breiten Grinsen. Er war sichtlich gutgelaunt.
»Caol hat mir schon gesagt, was bevorsteht. Wir werden zusammen losreiten. Ich glaube, es missfällt ihm, dass er hierbleiben muss.«
»Ich vermute, es bedrückt ihn, dass er den König nicht vor dem
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