Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Rangabzeichen wieder bei sich zu haben, vermittelte allen ein Gefühl der Sicherheit.
»Was hat euch ins Land der Uí Fidgente geführt?«, fragte Conrí, nachdem die Gäste wieder Platz genommen hatten.
»Die Nachrichten aus Cashel haben euch wohl noch nicht erreicht?«, fragte Fidelma.
»Wir haben gehört, dass ein Anschlag auf deinen Bruder verübt und der Oberste Brehon Áedo getötet wurde. Es hieß aber auch, König Colgú habe überlebt. Nachrichten verbreiten sich rasch heutzutage.«
Fidelma berichtete, was auf der Burg vorgefallen war, und Conrí folgte ihren Ausführungen mit wachsender Sorge. »Bruder Lennán war als Heilkundiger unter den Uí Fidgente durchaus bekannt.«
»Ich bin mit ihm in der Umgebung von Dún Eochair Mháigh aufgewachsen«, erklärte Socht. »Später haben sich unsere Wege getrennt.«
Conrí nickte gedankenverloren. »Die Nachricht, dass er bei Cnoc Áine erschlagen wurde, hat hier viele empört. Er war doch bloß als Klosterbruder und Arzt aufs Schlachtfeld geeilt, um den Verwundeten zu helfen. Wer sich seines Namens bedient hat, muss seine Geschichte gekannt haben. Vielleicht wollte er ihn nur rächen.«
»Um das herauszufinden, sind wir unterwegs«, bekräftigte Fidelma. »Wir haben auch mit seinem Vater Ledbán in Mungairit gesprochen, das hat uns aber nicht weitergebracht.«
»Ledbán?« Socht dachte nach. »Ja, sein Vater hieß so. Ich kann mich an ihn erinnern. Er war Stallmeister bei einem der Kleinadligen, und seine Frau starb an der Gelben Pest. Dann ist Ledbán also danach in die Abtei Mungairit eingetreten? Sicher zog es ihn zu seinem Sohn. Er muss jetzt schon sehr betagt sein.«
»Er ist tot«, sagte Eadulf knapp. »Er starb in der Nacht, kaum dass wir in der Abtei eingetroffen waren.«
»Nun ja, er war ja auch ganz schön alt«, meinte Socht. »Immerhin ein betrüblicher Zufall, dass er gerade starb, als ihr dort ankamt.«
»Wenn es denn ein Zufall war«, gab Fidelma zu bedenken. »Jedenfalls war er noch gut genug beisammen, um am Abend unserer Ankunft mit uns zu reden. In der Nacht ist er dann gestorben.« Sie wollte sich über die näheren Umstände nicht auslassen, solange sie sich ihrer Sache nicht sicher war. »Socht, weißt du vielleicht noch mehr über ihn und seinen Sohn Lennán?«
»Ich war damals sehr jung, weiß eigentlich nur, dass die Leute hier am Fluss die Familie recht gut kannten.«
»Wann ist Ledbáns Frau gestorben?«
»Das ist an die acht Jahre her. Die Gelbe Pest hat damals grausam gewütet.«
Conrí überlief es kalt bei der Erinnerung an die Zeit. »Die Gelbe Pest! Auch in unserem Clan sind etliche daran gestorben, wenn es hier auch nicht so schlimm war wie anderswo. Niemand blieb verschont, ganz gleich ob Könige, Bischöfe, Krieger oder Kuhhirten.«
»Ledbán …« Socht dachte angestrengt nach. »Mir fällt da noch was ein. Die Familie war nicht sehr glücklich. Er hasste den Mann seiner Tochter und ist deshalb wohl ins Kloster gegangen, wo er bis zum Ende seiner Tage bei seinem Sohn sein wollte.«
»Eine Tochter?« Fidelma horchte auf. »Ledbán hatte eine Tochter? Wie hieß sie, und was ist aus ihr geworden?«
Socht überlegte. »Ich glaube, sie hat einen Flussfischer geheiratet, der ist manchmal auch Fährmann gewesen und …«
»Bei Dún Eochair Mháigh hat sein Boot gelegen«, mischte sich Conrí ein. »Irgendwas Schlimmes ist da passiert. Ist ihmnicht seine Frau weggelaufen, und hat man ihn nicht später tot im Fluss gefunden?«
»Ich glaube, der Mann hieß Escmug«, rief Socht plötzlich aufgeregt.
»Er wurde tot im Fluss gefunden, sagst du? Das muss doch einen Grund gehabt haben.« Fidelma war bemüht, nicht zu zeigen, wie sehr diese Neuigkeiten sie berührten.
»Vielleicht ist er verunglückt und ertrunken. Jedenfalls war das etwa zur Zeit der Schlacht am Cnoc Áine. Damals hat es niemand gekümmert, wenn irgendwo eine Leiche gefunden wurde. Es hatte zu viele Tote gegeben, die eines unnatürlichen Todes gestorben waren.«
»Die Tochter von Ledbán, erinnerst du dich an ihren Namen?«, fragte Eadulf.
»Liamuin hieß sie wohl nicht?« Fidelma wartete, ob der Name jemandem etwas sagte, aber offensichtlich war er niemandem geläufig.
»Vielleicht gibt es in Dún Eochair Mháigh jemand, der sich daran erinnert«, meinte Conrí.
Fidelma schaute zu den Fenstern hoch und war plötzlich abgelenkt, denn es dunkelte merklich.
»Ich möchte noch mit Bruder Cronan sprechen, ehe es zu spät wird. Ich habe ein paar Fragen,
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