Das Sühneopfer: Historischer Kriminalroman (Schwester Fidelma ermittelt) (German Edition)
Seither hat er sich stets loyal verhalten. Wir brauchen doch nur an die jüngste Verschwörung von Osraige zu denken.«
»Wiederum war auch Donndubháin als damaliger Thronfolger deines Bruders ihm lange treu ergeben, ehe er auf den Gedanken kam, selbst König zu werden.« Eadulf reizte es, den Advocatus Diaboli zu spielen.
»Das ist richtig.« Fidelma blieb ruhig. »Keine Angst, Eadulf. Ich mache mir nichts vor, Verrat kann es immer und überall geben. Aber ich kann bei unserem Vetter Finguine einfach kein Motiv sehen, dass er sich in eine Verschwörung mit hineinziehen lässt. Der einzig vorstellbare Beweggrund wäre Eifersucht, und Eifersucht liegt nicht in Finguines Charakter. Er ist glücklich und zufrieden damit, für meinen Bruder alle Regierungsgeschäfte regeln zu können. Es ist ihm ein Anliegen, dafür Sorge zu tragen, dass die Adligen ihren Tribut zahlen, dass die Stammesoberen ihren Verpflichtungen nachkommen, sich um die Straßen, die Herbergen und die Krankenhäuser kümmern. Er achtet darauf, dass niemand im Königreich Not leidet. Wenn überhaupt, dann erwachsen höchstens wegen seiner Redlichkeit bei anderen feindselige Gefühle gegen ihn.«
Sie schwiegen eine Weile, bis Eadulf meinte: »Wie auch immer, irgendetwas Unheimliches und Rätselhaftes braut sich hier zusammen.«
»Das empfinde ich auch so, und ich bleibe weiter auf der Suche nach Antworten auf die ungelösten Fragen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe ich nur das Gefühl, wir sollten uns so rasch wie möglich von Conrí und Socht trennen. Deshalb habe ich so getan, als würden wir erst ins Herrschaftsgebiet von Fidaig reiten, ehe wir nach Cashel zurückkehren.«
»Würde aber nicht gerade das Conrí und Cúana aufhorchen lassen, falls sie irgendwie mit drinhängen?«
»Sie würden eher aufhorchen, wenn wir sagten, wir hätten die Nachforschungen aufgegeben und würden direkt nach Cashel zurückreiten. Das würde sie vielleicht auf die Idee bringen, wir könnten Verdacht geschöpft haben. Lassen wir sie also im Glauben, dass wir ins bergige Gebiet der Luachra reiten, um dort weitere Nachforschungen anzustellen.«
»Und diesen Marban, den Müller, suchen wir auf jeden Fall auf?«
»So habe ich es mir gedacht, ja. Wie immer es kommt, wir müssen einen klaren Kopf behalten.«
An der Tür klopfte es leise. Überrascht tauschten Eadulf und Fidelma einen Blick, ehe Eadulf zur Tür ging und den Riegel zurückschob.
Es war Ciarnat. Das Mädchen drängte sich rasch an Eadulf vorbei, der vorsichtshalber nach beiden Seiten im Gang nach unliebsamen Horchern Ausschau hielt. Erst dann schloss er die Tür.
»Du willst noch mal mit mir sprechen?« Fidelma lächelte das Mädchen freundlich an und ermunterte sie mit einer Handbewegung, sich zu ihr auf die Bettkante zu setzen. »Komm, sag, was du auf dem Herzen hast.«
»Ich hätte dir nichts von Marban sagen sollen«, platzte es aus ihr heraus.
»Weshalb denn nicht? Ist er etwa nicht ein Verwandter von Escmug? Hast du mir nicht die Wahrheit gesagt?«
Das Mädchen zögerte. »Ich möchte nicht in Schwierigkeiten geraten, Lady.«
»Wenn du die Wahrheit gesprochen hast, ist doch alles in bester Ordnung.«
Ciarnat biss sich auf die Lippen.
»Einer der Diener hat mir von eurer Unterhaltung bei Tisch erzählt. Der Verwalter hat da behauptet, er wüsste nichts von Marban.«
»Kannst du dir denken, warum er das getan hat?«, fragte Eadulf.
»Ich weiß nicht. Cúana kennt Marban sehr wohl.« Das Mädchen war in Gewissensnöten. »Ich hätte das mit Marban für mich behalten sollen, denn jetzt sieht es so aus, als hätte ich nicht die Wahrheit gesagt.«
»Vielleicht war es der Verwalter, der nicht die Wahrheit gesagt hat«, versuchte Fidelma sie zu ermutigen.
Ciarnat blickte gequält drein.
»Du bist doch der Auffassung, dass Cúana gewusst hat, dass Marban mit Escmug verwandt ist, oder?«, fragte Fidelma sacht.
»Das weiß doch jeder.« Sie hatte sich wieder im Griff. »Ich meine nur …«
»Lass gut sein, ich weiß, was dir Angst macht. Sei unbesorgt«, sagte Fidelma heiter, »ich verliere kein Wort darüber zu ihm, dass du uns von Marban erzählt hast. Außerdem müssen wir es doch gar nicht von dir erfahren haben, wenn es hier alle wissen. Eigenartig ist nur, dass Cúana offensichtlich verhindern will, dass wir das herausfinden.«
Erleichtert wirkte Ciarnat nicht.
»Da du aber mit Aibell befreundet warst, kannst du uns vielleicht etwas über sie mitteilen«, forderte Fidelma sie
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