Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
gestern von dort erhalten habe, war alles andere als aufschlussreich.«
Pfeiffer zuckte unmerklich zusammen. Jana war sich nicht sicher, ob der Abt die Unruhe des Arztes bemerkt hatte.
Der Klostervorsteher fuhr fort: »Es heißt, dass sowohl der Abt als auch der Bibliothekar an einer merkwürdigen Krankheit verstorben seien. Außerdem habe es einen spektakulären Diebstahl gegeben, ein wertvolles Buch ist offenbar verschwunden. Ich frag mich, ob die beiden Vorfälle zusammenhängen.«
Nun fuhr sich Pfeiffer mit dem Handrücken über die Stirn, Jana bekam den Eindruck, dass er stark schwitzte. Er verdrehte die Augen und sagte mit brüchiger Stimme: »Es tut mir sehr leid, aber mir ist … etwas … übel.« Mit beiden Händen griff er sich an den Bauch.
»Ich hoffe, es liegt nicht an Louises Suppe. Sie ist eine hervorragende Köchin«, sagte der Abt schnell.
Pfeiffer schüttelte den Kopf: »Nein, ganz gewiss nicht. Es … ist bloß, mir ist so heiß und … schwindelig.«
»Wollt Ihr kurz an die frische Luft gehen?«, fragte der Abt besorgt.
»Würdet … Ihr … mich … für einen Moment entschuldigen?« Schwankend stand Pfeiffer auf, und Jana sprang auf und stürzte zu ihm. Sie schob ihm den Arm unter die Achseln und versuchte, ihn zu stützen.
»Ich … brauche … dringend … frische Luft«, japste Pfeiffer.
Der Abt erhob sich ebenfalls. »Soll ich Bruder Philippe von unserer Krankenstation rufen?«
Pfeiffer winkte ab und wischte sich erneut mit dem Handrücken über die Stirn. Jana fächerte ihm Luft mit einer Serviette zu.
»Soll ich wirklich keine Hilfe holen?«
Mit gepresster Stimme erwiderte Pfeiffer: »Vielen Dank, … aber es … reicht schon, wenn ich mich … einen Moment lang ausruhen kann. Es tut mir furchtbar leid wegen des guten Essens.«
Der Abt winkte ab: »Ich bitte Euch, das macht doch nichts. Geht nur und ruht Euch aus.«
»Bitte entschuldigt uns«, sagte Jana rasch und führte den blassen Arzt aus dem Raum. »Ich werde Doktor Pfeiffer ins Gästehaus begleiten.«
»Nur zu, und scheut Euch bitte nicht davor, Hilfe aus der Krankenstation zu holen, falls es schlimmer wird«, erwiderte der Abt. Schon zum zweiten Mal hatte Jana den Eindruck, dass seine freundlichen Worte nicht zum Ausdruck in seinen Augen passten. Er machte auch keine Anstalten, Jana mit dem kranken Pfeiffer zu helfen, sondern setzte sich wieder und lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. Aus den Augenwinkeln sah Jana, wie er sich aus einer zweiten Karaffe, die ebenfalls auf dem Tisch stand, Wein in ein frisches Glas einschenkte und trank.
Kaum waren sie aus dem Raum und die Tür hinter ihnen geschlossen, schimpfte sie leise: »Wie konntet Ihr nur den Wein trinken! Wenn doch die Suppe schon vergiftet war. Habt Ihr denn den gefleckten Schierling nicht gerochen?«
Pfeiffer richtete sich aus seiner gekrümmten Haltung wieder auf und grinste Jana schelmisch an. Seine Augen funkelten vor Vergnügen.
»Meint Ihr nicht auch, dass ich einen großartigen Schauspieler abgeben würde?«
»Ihr habt den Wein gar nicht getrunken?«, sagte Jana erleichtert und gleichzeitig verärgert. Sie hatte sich eben wirkliche Sorgen um ihn gemacht.
»Natürlich habe ich davon getrunken. Ihr hättet das auch tun sollen, denn er war vorzüglich. Nur die Suppe war mit Schierling vergiftet.«
»Ihr habt es auch bemerkt?«
Pfeiffer verzog den Mund. »Ich bin Arzt.«
»Und ich bin Apothekerin.«
Pfeiffer grinste. »Ich weiß, und Ihr seid eine wirklich gute Apothekerin. Ich muss zugeben, dass ich den Schierling nicht rechtzeitig bemerkt hätte. Aber seid unbesorgt. Der Wein war nicht vergiftet.«
»Wie kommt Ihr auf die Idee, dass ich mich um Euch sorgen würde?«
Pfeiffer zog die Augenbrauen finster zusammen. »Es war bloß so ein Gedanke. Vergesst ihn wieder.«
Während sie die Treppe hinunterliefen, sagte Jana nichts, erst als sie die Tür erreicht hatten, meinte sie schließlich: »Natürlich habe ich mir Sorgen gemacht.«
»Ich weiß, danke.«
Sie traten ins Freie, wo warme Sommerluft und der süßlich-herbe Duft blühender Lavendelstöcke sie empfingen.
»Ich glaube, dass der Abt sehr wohl von unserem Aufenthalt in Dijon wusste und den Auftrag bekommen hat, uns zu beseitigen«, sagte Pfeiffer.
»Ob Sebastian und seine Mutter auch in Gefahr sind?«
»Das ist durchaus möglich.«
»Ist es nicht merkwürdig, dass Sebastian nicht bei den Mönchen, sondern bei seiner Mutter essen sollte?«
Pfeiffer starrte sie an. »Los,
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