Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
passen!«, rief Jana. »Damit Ihr allein das Geheimnis des Reisetagebuchs lösen könnt.«
Nun grinste Pfeiffer, und die Grübchen in seinen Wangen waren tiefer denn je. »So weit wie im Moment waren wir noch nie von der Lösung weg, gleichzeitig habe ich nicht den blassesten Schimmer, wie wir weiter vorgehen sollen, um dem Rätsel endgültig auf die Spur zu kommen.«
Sie waren nur noch einige Meilen vom Meer entfernt. Es war eine laue Nacht, doch von weitem trug der Wind das Rauschen der brechenden Wellen zu ihnen herauf. Janas Lippen schmeckten nach Salz, und zum Fischgeruch gesellte sich nun der von Seetang.
»In Bordeaux sind nur neue Fragen aufgetaucht«, sagte Pfeiffer nachdenklich. »Warum will uns jemand glauben machen, dass es einen dritten Teil des Reisetagebuchs gibt, wenn dieser gar nicht existiert? Und wenn es ihn doch gibt, wo ist er dann, wenn nicht in Bordeaux? Wo befindet sich der letzte Teil der Landkarte, und was will die Karte uns sagen?«
Janas Seufzen wurde vom Wind geschluckt, sie konnte keine der Fragen des Arztes beantworten.
»Was habt Ihr eigentlich so lange in der Bibliothek gemacht, wenn das Buch dort gar nicht zu finden war?«, fragte sie.
»Ich habe den Reisebericht eines Engländers namens Raleigh gelesen. Er wurde von Königin Elizabeth in die Neue Welt geschickt, um einen sagenumwobenen Schatz zu finden.«
»Und, hat er ihn gefunden?«, fragte Jana.
Pfeiffer schüttelte den Kopf. »Leider nein.«
»Wir sind also nicht die Einzigen, die erfolglos herumstreifen und nichts finden.«
»Was ist los mit Euch?«, fragte Pfeiffer. »Wo sind Euer Optimismus, Eure Kraft, Euer Mut und Eure Freude am Abenteuer geblieben?«
Jana sah ihn überrascht an. Glaubte er wirklich, dass sie über all diese Eigenschaften verfügte?
»Lasst mich kurz überlegen, ob mir nicht doch noch etwas einfällt«, meinte sie verlegen. Sie war rot geworden, aber das konnte der Arzt nicht sehen.
Eine Weile ritten sie schweigend nebeneinander her. Nach einer schier endlos langen Pause fragte Jana: »Mit wem habt Ihr eigentlich die merkwürdige Schrift gestaltet, für die Kaiser Rudolf so viel Geld bezahlt hat?«
»Mit meinem besten und einzigen Freund Ferdinand Schratter«, antwortete Pfeiffer vorsichtig.
»Er war Euer Lehrer. Richtig?«
»Lehrer und Freund. Warum fragt Ihr?«
»Was macht dieser Freund jetzt?«
»Als ich das letzte Mal von ihm gehört habe, unterrichtete er in Lissabon. Ich nehme an, dass er immer noch dort ist. Ich habe den Kontakt zu ihm verloren.« Jana spürte, dass der Arzt noch immer nicht über seine Vergangenheit reden wollte. Das war nichts Neues und hielt sie nicht davon ab, weiterzufragen.
»Ich nehme an, dass der Mann sehr klug ist.«
»Ich bin mir nicht sicher, worauf Ihr hinauswollt«, sagte Pfeiffer zurückhaltend. Seiner Stimme war deutlich zu entnehmen, dass er auf der Hut war.
»Habt Ihr denn nie den Wunsch gehabt, Euren besten Freund wiederzusehen?«
»Jana, was sollen all diese Fragen? Kommt zur Sache und sagt, was für eine Idee Ihr verfolgt.«
»Zum einen frage ich mich, warum Ihr den Kontakt zu einem Freund abgebrochen habt, der Euch offensichtlich sehr, sehr nahegestanden hat. Zum anderen denke ich, dass dieser Mann sehr klug sein und sich im Entziffern rätselhafter Schriftzeichen auskennen muss, sonst hätte er nicht diese phantastischen Pergamentseiten gestalten können.«
Jana erwartete keine Antwort von Pfeiffer, umso überraschter war sie, als der Arzt doch zu sprechen begann. Er sah dabei allerdings zum Meer, und das machte es Jana schwer, ihn zu verstehen.
»Ferdinand hat mir Halt gegeben, als ich meinen Vater verloren hatte. Und er hat Wien gerade dann verlassen, als ich angefangen habe, ihn zu mögen.«
Er überließ es Jana, sich den Rest selbst zusammenzureimen, denn er hatte eben mehr verraten, als er wollte. Eine weitere Pause entstand.
Schließlich fragte Jana: »Seid Ihr denn im Streit auseinandergegangen?«
»Nein, ganz gewiss nicht.«
»Das bedeutet, dieser Ferdinand Schratter würde uns beim Lösen des Rätsels helfen, wenn wir ihn darum bitten.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Pfeiffer vorsichtig zu.
»Wir haben genug Geld, um unsere Reise noch weiter fortzusetzen.«
»Geld haben wir, aber immer noch kein Ziel.«
»Hört Ihr mir denn nicht zu?«, fragte Jana empört. »Natürlich haben wir ein Ziel: Lissabon. Wir werden Euren Freund und Lehrer suchen und darauf hoffen, dass drei Köpfe mehr herausfinden als zwei.«
Pfeiffer hielt
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