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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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Jana.
    Bordeaux
    T OMEKS R EAKTION AUF Jendriks Geständnis war schlimmer gewesen als alles, was Jendrik sich je vorgestellt hatte. Entsetzt und völlig außer sich, hatte er Jendrik weinend beschimpft und ihm gedroht, ihn auf der Stelle zu töten, sollte der Freund es jemals wagen, ihn anzufassen oder auch nur noch einmal anzusprechen oder anzusehen. Dann war Tomek aus der Kammer geflohen und hatte in der Aufregung vergessen, seine Sachen mitzunehmen. Sein Schwert und ein Teil seiner Kleidung lagen immer noch auf dem Boden verstreut.
    Jendrik, der gehofft hatte, sich nach dem Geständnis besser zu fühlen, musste nun einsehen, dass das Gegenteil der Fall war. Er fühlte sich elender als je zuvor, was er vor ein paar Stunden nicht für möglich gehalten hätte.
    Sein Leben hatte nicht nur jeden Sinn verloren, er war auch seinen besten Freund los. Hätte sein Glaube es ihm nicht verboten, hätte Jendrik den Freitod gewählt. Was blieb ihm nun noch?
    Er konnte nicht zurück nach Prag gehen und so tun, als wäre nichts passiert. Einer Kirche, die Menschen töten ließ, wollte er nicht mehr dienen, und er wollte auch kein Leben ohne Tomek führen.
    Niedergeschlagen packte er seine Sachen zusammen, dann faltete er auch Tomeks Kleidung fein säuberlich und legte sie auf das Bett. Tomeks Schwert stellte er daneben. Jendrik verließ die Kammer, bezahlte für die letzte Nacht und sagte dem Wirt, dass sein Freund seine Sachen wahrscheinlich im Laufe des Tages abholen werde.
    »Wohin werdet Ihr nun reisen?«, fragte der Wirt mit den paar lateinischen Worten, die er noch aus der Klosterschule in Erinnerung hatte. Er war ein neugieriger Mensch und hatte einen Teil des Streits letzte Nacht mitbekommen. Da er aber die Sprache der Fremden nicht beherrschte, wusste er nicht, worum es gegangen war.
    »Zuerst muss ich noch ins Jesuitenkloster. Ich habe dort etwas zu erledigen«, erwiderte Jendrik. Er hatte keine Lust auf ein ausführliches Gespräch mit dem aufdringlichen Mann, der lediglich auf eine schmierige Geschichte hoffte, mit der er seine Gäste unterhalten konnte. Jendrik ließ ihn stehen und verließ die Herberge.
    Müde und niedergeschlagen ging er durch die Stadt und sah weder die wundervollen Fachwerkhäuser noch die bunten Läden. Ohne jemanden wahrzunehmen, lief er an geschäftigen Menschen vorbei, die durch die Straßen zogen, fröhlich miteinander plauderten und auch ihn freundlich grüßten. Das alles hatte nichts mehr mit ihm zu tun. Jendrik fühlte sich als Fremder in einer Welt, die voll mit glücklichen, erfüllten Menschen zu sein schien.
    Vor dem Jesuitenkloster blieb er stehen und klopfte an die kleine Seitentür in der Pforte. Er hatte keine Ahnung, was er hier sollte. Nach Jana und Doktor Pfeiffer fragen? Sie mit dem lächerlich kleinen Messer, das sich in seinem Reisesack befand, erstechen? Wozu? Damit der Mann mit dem entstellten Gesicht ein Manuskript bekam, das ihm vielleicht gar nicht zustand? Am besten war, er würde auf der Stelle umdrehen. Gerade, als er sich abwenden wollte, öffnete sich das kleine Fenster in der Tür, und ein Mönch fragte nach seinem Begehr.
    »Ich würde gerne den Abt sprechen«, sagte Jendrik müde und in der Erwartung, fortgeschickt zu werden oder eine genaue Erklärung abgeben zu müssen. Aber nichts dergleichen geschah. Die kleine Tür öffnete sich, und ein alter Mönch mit eingefallenen Wangen und kahlem Kopf ließ ihn eintreten. Ohne weitere Nachfrage führte er Jendrik über einen gepflasterten Hof, vorbei an einem wunderschönen Kräutergarten zum Haupteingang eines imposanten Gebäudes.
    Jendrik hatte kein Auge für seine Umgebung, dumpf trottete er hinter dem alten Pförtner her. Erst als sich die Tür zu den Räumen des Abts öffnete, begann er zu staunen. Nie zuvor hatte er einen derart prachtvoll ausgestatteten Raum gesehen. Reichtum und Luxus wurden hier offen zur Schau gestellt.
    Doch auf einmal roch Jendrik etwas, was er sein Leben lang mit einem grässlich entstellten Gesicht verbinden würde. An einem mächtigen Tisch, auf dem ein riesiger Kerzenleuchter stand, saßen zwei Männer. Einer davon hatte ihm den Rücken zugekehrt, aber Jendrik hätte ihn überall wiedererkannt, denn sein Anblick hatte sich tief in sein Gedächtnis gebrannt.
    Diesmal jedoch löste der Mann keine Angst in ihm aus. Ganz im Gegenteil, Jendrik fühlte sich so ruhig und furchtlos wie selten zuvor. Eine Gleichgültigkeit hatte von ihm Besitz ergriffen, die schlimmer war als jede Angst. Er

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