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Das sündige Viertel

Das sündige Viertel

Titel: Das sündige Viertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kuprin
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Mädchen betrifft, die wird, als Person ohne Aufenthaltsgenehmigung, sofort bei der Polizei in Gewahrsam genommen, wenn sie nicht selbst den Wunsch äußert, dorthin zurückgeschickt zu werden, wo sie hergeholt wurde. Habe die Ehre.«
    Lichonin stülpte sich energisch die Mütze auf und ging zur Tür. Doch plötzlich schoß ihm ein scharfsinniger Gedanke durch den Kopf, von dem ihm allerdings selbst übel wurde. Er verspürte Brechreiz, seine Hände wurden feucht und kalt, in den Zehen kribbelte es widerlich, und so trat er wieder an den Tisch und sagte wie beiläufig, doch mit gepreßter Stimme: »Pardon, Herr Revieraufseher. Ich habe das Wichtigste vergessen: Ein gemeinsamer Bekannter bat mich, Ihnen eine kleine Schuldsumme zurückzuzahlen.«
    »Hm. Ein Bekannter?« fragte Körbesch und riß die schönen blauen Augen auf. »Wer ist es denn?«
    »Bar … Barbarissow.«
    »Aha. Barbarissow? So, so, so! Ich erinnere mich.«
    »Also ja, wollen Sie die zehn Rubel nehmen?«
    Körbesch wiegte den Kopf, den Schein nahm er nicht.
    »Ein Lumpenhund ist er, Ihr … das heißt unser Barbarissow. Er schuldet mir nicht zehn Rubel, sondern einen Viertelhunderter. So ein Lump! Fünfundzwanzig Rubel, und noch ein bißchen Kleingeld dazu. Na ja, das Kleingeld will ich nicht rechnen. Zum Teufel damit! Das ist, wissen Sie, eine Billardschuld. Ich muß sagen, er spielt nicht ehrlich, der Gauner … Also, junger Mann, legen Sie noch fünfzehn zu.«
    »Sie sind ganz schön gerissen, Herr Revieraufseher«, sagte Lichonin und holte das Geld heraus.
    »Aber ich bitte Sie!« widersprach Körbesch, nun ganz gutmütig. »Frau und Kinder … Unser Gehalt, Sie wissen ja selbst, wieviel das ist … Bitte schön, junger Mann, hier ist der Ausweis. Quittieren Sie den Empfang. Alles Gute …«
     
    Sonderbar! Das Bewußtsein, den Ausweis endlich in der Tasche zu haben, beruhigte und beflügelte Lichonin sofort und tat seinen Nerven wohl.
    Na also! dachte er, während er durch die Straßen eilte, der Anfang ist gemacht, das Schwierigste ist geschafft. Jetzt halte dich wacker, Lichonin, laß den Mut nicht sinken! Was du getan hast, ist herrlich und erhaben. Und wenn ich auch das Opfer meines Handelns werden sollte – ganz egal! Es ist ja beschämend, gleich den Lohn zu erwarten, wenn man eine gute Tat begangen hat. Ich bin kein Zirkushündchen und kein dressiertes Kamel, auch nicht die Vorzugsschülerin eines Instituts für adlige Mädchen. Nur hätte ich gestern nicht vor diesen Aufklärungsaposteln den Mund aufreißen sollen. Das war dumm, taktlos und auf jeden Fall verfrüht. Aber alles im Leben ist reparabel. Wenn man das Schwierigste, das Schändlichste übersteht, dann kommt eine Zeit, da man sich daran erinnert, wie an Kleinigkeiten …
    Zu seiner Verwunderung war Ljubka nicht besonders erstaunt und freute sich gar nicht, als er ihr triumphierend den Ausweis zeigte. Sie war nur froh, Lichonin wiederzusehen. Dieses ursprüngliche, naive Seelchen schien schon sehr an seinem Beschützer zu hängen. Sie wollte ihm um den Hals fallen, doch er hielt sie zurück und fragte leise: »Ljubka, sag mir … hab keine Angst, die Wahrheit zu sagen, wie auch immer … Mir haben sie soeben dort, im Bordell, erzählt, du wärst krank … du hättest, du weißt schon, was man eine anstößige Krankheit nennt. Wenn du mir auch nur ein kleines bißchen vertraust, Liebes, dann sag mir, ob das stimmt oder nicht!«
    Sie errötete, schlug die Hände vors Gesicht, ließ sich aufs Sofa fallen und brach in Tränen aus.
    »Mein Liebster! Wassil Wassilitsch! Wassenka! Bei Gott! Nie im Leben, wirklich nicht! Ich war immer so vorsichtig. Ich hatte schreckliche Angst vor so was. Ich liebe Sie so sehr! Ich würde es Ihnen bestimmt sagen.« Sie ergriff seine Hand, preßte sie an ihr feuchtes Gesicht und fuhr in ihren Beteuerungen fort, komisch und rührend eindringlich wie ein zu Unrecht gescholtenes Kind.
    Und er glaubte ihr sofort aus tiefstem Herzen.
    »Ich glaube dir, mein Kind«, sagte er leise und strich ihr übers Haar. »Sei ruhig, weine nicht. Nur wollen wir nicht wieder unserer Schwäche nachgeben. Was geschehen ist, ist geschehen, aber wir tun es nicht wieder.«
    »Wie Sie wollen«, stammelte das Mädchen, seine Hände und den Stoff seiner Jackenärmel küssend. »Wenn ich Ihnen so gar nicht gefalle, dann natürlich nicht. Wie Sie wollen.«
    Am selben Abend indes wiederholte sich die Verführung, und sie wiederholte sich so lange, bis die Sündenfälle in Lichonin

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