Das Süße Geheimnis Der Leidenschaft: Roman
Denk doch an Geoff! Bedenke doch, was das bei ihm anrichten wird!«
Er ließ sie nicht los, sondern zog sie noch enger an sich, bis sie wieder Auge in Auge voreinander standen. »Ich denke an Geoff«, sagte er und betonte dabei jedes Wort. »Der Junge ist ein gottverdammtes emotionales Wrack, und das hat er seiner Mutter zu verdanken.«
»Wie kannst du es wagen zu behaupten, es wäre meine Schuld!«, erwiderte sie empört. »Und wohin gedenkst du ihn eigentlich zu bringen?«
»Nach Schottland«, beschied er sie knapp. »Wo seine Familie sich um ihn kümmern kann - sein Fleisch und Blut, Maddie. Glaubst du denn, du bist die einzige Frau mit einem Kind, das die Gabe hat?«
Sie sah ihn verständnislos an. »Die was?«
»Das zweite Gesicht«, stieß er hervor. »Die Gabe. Die Fähigkeit zu sehen, was geschehen wird. Nenn es, wie du willst.«
Sie versuchte, zurückzuweichen. »Oh, du - du bist wirklich wahnsinnig«, flüsterte sie. »Du kannst unmöglich glauben, was du da sagst. Um Gottes willen, Merrick, wir leben im neunzehnten Jahrhundert, nicht im Mittelalter.«
»Maddie, der Junge kann hellsehen, und jeder Narr kann das erkennen«, erklärte er ruhig. »Also - sei um zehn Uhr fertig, und wir drei können in relativem Frieden abreisen. Du kannst dich aber auch weiterhin so aufführen wie jetzt, aber dann wird um elf der Friedensrichter hier sein. Was willst du?«
Sie riss sich los. »Ich hoffe, du schmorst in der Hölle!«
Merrick zuckte mit den Schultern und füllte sein Glas ein weiteres Mal nach. »Dann also um zehn«, sagte er und ging zur Tür, das Brandyglas in der Hand. »Ich sehe dich morgen.«
Madeleine stand nur da und blinzelte. »Du bist ein Schwein«, sagte sie. »Und du ... du stiehlt gerade mein Glas! Das war ein Hochzeitsgeschenk!«
Er hob das Glas zu einem letzten Abschiedsgruß. »Nun, dann also auf dein Wohl, Maddie!«, sagte er und es hörte sich fast unbekümmert an. »Es ist an der Zeit, dass ich mich daran gewöhne, meinst du nicht auch?«
Er ist betrunken gewesen. Madeleine saß auf der Bettkante, als die Morgendämmerung den Himmel zu erhellen begann, ihn zu einer seltsamen Mischung aus Blau und Rosa verwandelte. Er ist betrunken gewesen und heute Morgen, wenn er mit schlimmem Kopfweh und brennenden Magenschmerzen aufwacht, wird er anders über diesen Unsinn denken. Ohne Zweifel würde er beschämt sein. Vielleicht würde er sich nicht einmal mehr daran erinnern. Er konnte sich unmöglich wünschen, ein Kind aufgebürdet zu bekommen.
Überhaupt - nach Schottland zu wollen! Nun, Merrick MacLachlan hatte gewiss nicht vor, das zu tun. Sie und Eliza hatten zusammengesessen bis - nun, mehr oder weniger bis eben, um diese Möglichkeit zu diskutieren. Es war Eliza gewesen, die den Nagel auf den Kopf getroffen hatte: Ein Perfektionist wie Merrick würde ebenso wenig seine Geschäfte unerledigt zurücklassen wie er auf den Mond fliegen würde. Er liebte das Geld und die Macht, die es ihm einbrachte, viel zu sehr.
Und deshalb hatte sie nicht gepackt. Deshalb hatte sie Geoff nichts gesagt. Hatte nichts getan, sich nicht einmal angekleidet. Stattdessen hatte Madeleine stocksteif auf der Kante ihres Bettes gesessen und auf die Geräusche des Hauses gelauscht, während es langsam zum Leben erwacht war. Sie hörte die Hintertür quietschen, als die Asche hinaus- und neue Kohlen hereingetragen wurden. Vorhänge wurden aufgezogen und Fenster geöffnet. Mülleimer klapperten und ein Straßenhändler zog vorbei, sein Karren rumpelte über das Kopfsteinpflaster. Bald drang unüberhörbar der Klang der Schritte Mr. Frosts an ihr Ohr, der in dem Zimmer über ihr hin und her ging. Er würde Geoff wecken und zusammen würden sie zum Frühstück herunterkommen.
Es war ein normaler Tag. Ein ganz normaler Tag. Und Merrick MacLachlan würde nicht kommen und ihr Leben noch einmal ruinieren.
Dann bemerkte sie, dass sie wieder weinte, und dachte, dass es vielleicht doch möglich wäre. Dass Merrick tun würde, was er gesagt hatte. Er würde es tun. Und dann war da das Gefühl der Scham über das, was sie gestern Abend getan hatten. Oh, mochte Gott ihr beistehen! Warum hatte sie nicht ihren Stolz heruntergeschluckt und sofort einen Anwalt aufgesucht? Oder hätte ihr das die schlechten Nachrichten nur früher beschert? Sie schaute auf ihre Hände, die in ihrem Schoß ruhten. Ihre Finger waren bläulich verfärbt, so fest hielt sie sie ineinander verschränkt.
Jetzt kam Eliza herein und runzelte die Stirn.
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